Note vom Vorgesetzten Gibt es Anspruch auf Zwischenzeugnis?
07.09.2020, 19:30 Uhr
Besteht ein begründeter Anlass, können Arbeitnehmer aber Anspruch auf ein Zwischenzeugnis haben.
(Foto: dpa)
Eine Beurteilung vom Arbeitgeber zeigt Beschäftigten, wo sie stehen. Kann man einfach beim Vorgesetzten anklopfen und um ein Zwischenzeugnis bitten?
Vielen Beschäftigten ist klar, dass sie Anspruch auf ein Endzeugnis von ihrem Arbeitgeber haben. Aber wie sieht es mit Zwischenzeugnis aus? Im Gesetz ist ein solcher Anspruch zwar nicht ausdrücklich geregelt.
"Besteht ein begründeter Anlass, können Arbeitnehmer aber Anspruch auf ein Zwischenzeugnis haben", sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Köln.
In der Regel liegt ein solcher Anlass vor, wenn sich etwas am Arbeitsverhältnis ändert, erklärt die Fachanwältin. In Frage kommen zum Beispiel ein Vorgesetztenwechsel, ein Tätigkeitswechsel oder eine Beförderung - und theoretisch auch die Bewerbung auf einen neuen Job. Eine detaillierte Aufschlüsselung, in welchen Fällen genau sich ein Anspruch ergibt, gibt es allerdings nicht. Schließlich ist auch das Zwischenzeugnis im Allgemeinen kein ausdrückliches Thema im Gesetz. Es gilt: Im Zweifelsfall müssen Mitarbeiter erläutern können, warum die Beurteilung erwünscht ist.
Negatives muss bewiesen werden
Zudem kann auch der Inhalt des Zeugnisses knifflig sein. Im Grunde unterscheidet sich der Inhalt nicht von einem Endzeugnis. Grundsätzlich muss der Arbeitgeber die Leistungen, Tätigkeiten und das Verhalten des Arbeitnehmers so beschreiben, wie es tatsächlich war. Eine durchschnittliche Bewertung hat dabei laut Rechtsprechung die Note "befriedigend" - in der verklausulierten Zeugnissprache zum Beispiel mit Formulierungen wie "zur vollen Zufriedenheit" ausgedrückt.
Hat der Arbeitnehmer sehr schlecht gearbeitet, kann der Arbeitgeber von diesem Durchschnitt auch abweichen - mit Formulierungen wie "stets bemüht" oder "im Großen und Ganzen zufriedenstellende Erledigung der Arbeit". Er muss es dann im Streitfall aber auch beweisen können.
Grundsätzlich gilt laut Bundesarbeitsgericht, dass ein Arbeitszeugnis wahr, wohlwollend und vollständig sein muss. Doch Arbeitgeber verwenden gerne Formulierungen, um auch Negatives über Mitarbeiter zum Ausdruck zu bringen. Diese sollten die Codes entschlüsseln können.
Zur Person: Nathalie Oberthür ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und Mitglied im Geschäftsführenden Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Quelle: ntv.de, awi/dpa