Tenhagens Tipps Sind Dividenden die neuen Zinsen?
08.04.2015, 09:57 Uhr
An der Börse gibt es nichts umsonst.
(Foto: imago/Westend61)
Im aktuellen Zinstief gelten Aktien mit hoher Dividenrendite als neues Festgeld. Ob die gezielten Beteiligungen an Unternehmensgewinnen tatsächlich als Alternative taugen, verrät Finanztip-Chefredakteur Tenhagen.
n-tv.de: Wie hoch ist der Dividenden-Anteil an der Gesamtrendite von Aktien?
Hermann-Josef Tenhagen: Wenn man sich die vergangenen 25 Jahre anschaut, dann macht der Dividenden-Anteil in Deutschland schnell die Hälfte von der Gesamtrendite einer Aktie aus. Von daher sind Dividenden eine gute Einrichtung, da sie den Anleger an den Gewinnen, die das Unternehmen erzielt, unmittelbar beteiligt. Besonders deutlich sieht man den Unterschied, wenn man einen Aktienindex nur als Kursindex oder inklusive der wiederangelegten Dividenden als Performance-Index betrachtet. Das gilt auch international.
Sollten Anleger gezielt in dividendenstarke Aktien/Fonds investieren?
Eigentlich ist es so, dass eine Firma, die kontinuierlich Gewinne macht, auch Dividenden zahlt. Deshalb ist es grundsätzlich eine gute Idee, an solch einer Firma beteiligt zu sein. Ob der entsprechende Titel sich dann auch tatsächlich in der Zukunft weiter positiv entwickelt und eine hohe Rendite erzielt, ist allerdings nicht vorhersehbar.
Worauf ist bei der Titelauswahl zu achten?
Wer sich damit intensiv beschäftigen möchte, sollte darauf achten, dass zumindest in den letzten fünf Jahren immer eine Dividende gezahlt wurde. Einer Untersuchung der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz hat zudem gezeigt, dass Unternehmen eine besonders gute Wertentwicklung vorweisen konnten, die in den zurückliegenden drei Jahren zwischen einem und zwei Dritteln ihres Gewinnes ausgeschüttet haben.
Vor allem aber sollten Anleger der Meinung sein, dass das Geschäftsmodell ungeachtet von einer etwaigen Dividendenrendite zukunftsfähig ist. In Einzeltitel zu investieren ist so oder so etwas für Fortgeschrittene. Börsenneulinge und Bequeme fahren mit einem Fonds besser. In diesem Fall muss es auch gar kein spezieller Dividendenfonds sein. Ein weltweit anlegender ETF reicht hier völlig aus. Gegebenenfalls kann ein entsprechender Dividendenfonds noch als Beimischung zum Aktienanteil genutzt werden. Seine Aktienquote komplett über Dividendentitel zu bedienen, hat seine Tücken, da diese nicht in jeder Marktphase gleich gut laufen.
Wer zum Tag der Hauptversammlung (HV) Aktien eines entsprechenden Unternehmens hält, hat Anspruch auf die volle Dividendenzahlung. Ergibt es vor diesem Hintergrund Sinn, kurz vor der HV Aktien zu kaufen?
Nein, das ist nicht sinnvoll. Letztendlich wissen das ja alle und nachdem die Dividende ausgezahlt wurde, fällt der Aktienkurs auch häufig, da die Information, dass es die Dividende gibt, schon eingepreist war. Lassen Sie sich mit entsprechenden Erzählungen nicht veralbern.
Sind Dividenden die neuen Zinsen?
Nein. Dividenden sind eben keine Zinsen, sondern Ausdruck eines erfolgreichen Geschäftsjahres eines Unternehmens. Sie sind mitnichten über Jahre im Voraus festgelegt und der Anleger kann sich darauf in Zukunft nicht verlassen. Dafür sind sie dann aber auch manchmal ein bisschen höher. Wer Planungssicherheit und Rendite haben möchte, investiert in eine breit streuende Aktienanlage und in Festgeld. Mit dem derzeit von der Finanzindustrie benutzten Mantra davon, dass Dividenden die neuen Zinsen seien, werden Sparer oft in teure Produkte gelockt, die nicht immer mit dem Risikoprofil des Einzelnen übereinstimmen. Aber an der Börse gibt es nichts umsonst.
Mit Hermann-Josef Tenhagen sprach Axel Witte
Quelle: ntv.de, awi