Wenn Deutschland weiter verliert DFB-Team stolpert auf mächtig steinige WM-Quali zu
23.03.2024, 13:17 Uhr
Stolpergefahr: Deutschland spielt in den nächsten Monaten auch um eine gute Ausgangsposition für die WM 2026.
(Foto: picture alliance / GES/Markus Gilliar)
Deutschlands Testspiele in Frankreich und gegen die Niederlande dienen selbstredend der EM-Vorbereitung. Aber auch der Weg zur WM 2026 könnte steinig werden, wenn es weiter Niederlagen hagelt. Das liegt an der Weltrangliste.
"Fußball ist ein einfaches Spiel. 22 Männer jagen 90 Minuten lang einem Ball nach und am Ende gewinnen immer die Deutschen." Dieses Zitat von Englands Fußballlegende Gary Lineker hat seine Halbwertszeit lange überschritten. Deutschland gewinnt kaum noch und Fußball ist längst kein einfaches Spiel mehr. Vor allem dann nicht, wenn es um die komplizierten Qualifikations- und Setzlisten-Regularien für die großen Turniere geht. Das zeigt das Beispiel der deutschen Nationalmannschaft vor dem Länderspiel-Doppelpack am Abend (21 Uhr/ZDF und im Liveticker auf ntv.de) und Dienstag.
Klar ist, das DFB-Team steht vor den zwei herausfordernden Testspielen in Frankreich und gegen die Niederlande stark unter Druck. Nach dem mauen Start unter Bundestrainer Julian Nagelsmann inklusive zweier peinlicher Pleiten gegen die Türkei und in Österreich, geht es für den DFB darum, die Stimmung rechtzeitig zur Heim-EM zu drehen. Trikot-Diskussionen und Aufreger um Adidas, Nike und TikTok tun ihr Übriges. Und es ist auch nicht klar, ob es mit Nagelsmann über das Turnier hinaus weitergeht. Dabei wird ein Thema völlig außer Acht gelassen.
WM 2026 mit 16 Teams aus Europa
Deutschland spielt in den nächsten Tagen auch um eine gute Ausgangslage für die WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko. Und zwar dann, wenn die Setzliste für die Quali-Auslosung auf Basis der Fifa-Weltrangliste erstellt wird. So lief es bei den letzten vier Weltmeisterschaften. In diesem Szenario könnte es für die deutsche Mannschaft gefährlich werden.
Derzeit ist das Team von Bundestrainer Nagelsmann in der Weltrangliste nur auf Rang 16 platziert, aber immerhin noch die neuntbeste Nation aus Europa. Doch nach den jüngsten Niederlagen geht der Trend für die deutsche Mannschaft in die falsche Richtung, mit den Top-Gegnern Frankreich und Niederlande droht weiteres Ungemach. Zusätzliches Problem: Testspiele haben für die Berechnung der Weltrangliste weniger Gewicht als Pflichtspiele. Als Gastgeber für die EM bestreitet Deutschland aber seit der WM Ende 2022 in Katar nur noch Freundschaftsspiele. Und hat von elf Partien auch nur drei gewonnen.
Kommen in den nächsten Spielen schlechte Ergebnisse hinzu, rutscht Deutschland in der Weltrangliste weiter ab. Die Schweiz (drei Plätze hinter Deutschland), Dänemark (fünf Plätze zurück) und die Ukraine (sechs Plätze hinter Deutschland) könnten das DFB-Team überholen, wenn neben Testspielen auch die EM in den Sand gesetzt wird. Die Schweiz und Dänemark können bei der Europameisterschaft Boden gutmachen, die Ukraine muss in den Playoffs "nur" noch Island schlagen, um zum vierten Mal in Folge bei der EM dabei zu sein. Direkt hinter der Ukraine rangiert zudem Österreich, das unter Trainer Ralf Rangnick eine gute Entwicklung genommen und sich ebenfalls für die Endrunde qualifiziert hat.
Quali-Gruppe mit Frankreich oder Spanien?
Fällt Deutschland in den nächsten Monaten hinter die genannten Teams zurück, droht Lostopf zwei bei der Quali-Auslosung für die erste WM mit 48 Mannschaften. Gemäß der Setzlisten-Regelung aus den vergangenen vier Turnieren landen die besten 12 Uefa-Nationen der Weltrangliste in Topf eins, die Teams auf den Rängen 13 bis 24 im zweiten Topf usw.
Deutschland könnte demnach im schlechtesten Fall in einer WM-Quali-Gruppe mit Frankreich, England, Spanien oder Italien spielen. Weil sich nur die Gruppensieger der zwölf Quali-Gruppen direkt für das Turnier in Nordamerika qualifizieren, müsste Deutschland im Falle von Platz zwei in die Playoffs. Hier spielen die zwölf Gruppenzweiten der Quali-Gruppen zusammen mit den vier besten Gruppensiegern der Nations League 2024/25 um die letzten vier Startplätze, die Europa für die WM zustehen. Es wäre ein langer, steiniger und äußerst risikoreicher Weg für das DFB-Team.
Bislang musste Deutschland nur ein einziges Mal den Umweg über die Playoffs nehmen. Ende 2001 qualifizierte sich das von Teamchef Rudi Völler trainierte Team über den Umweg Ukraine (1:1 auswärts, 4:1 zuhause) auf den letzten Drücker für die WM in Japan und Südkorea, wo man überraschend Vizeweltmeister wurde. Damals war Deutschland trotz Topf 1 in einer Quali-Gruppe mit den damals ebenfalls schwächelnden Engländern gelandet, die anschließend als Topf-2-Team trotzdem vor dem DFB-Team die Gruppe gewannen.
Auch England drohen Setzlisten-Probleme
Eine Qualifikationsgruppe zusammen mit England, obwohl Deutschland in Lostopf 1 landet, wäre unterdessen auch diesmal möglich. Bei der Ziehung, die voraussichtlich Ende dieses Jahres stattfinden wird, könnte selbst England als Nummer drei der Weltrangliste in Topf 2 rutschen. Und zwar dann, wenn die FIFA der UEFA erlaubt, die Setzliste für die Qualifikation nach ihrem eigenen System zu sortieren.
Das Vorgehen ist so: Der europäische Fußballverband schickt seinen Wunsch, auf Basis welcher Grundlage es die Setzliste erstellen will, an die FIFA, teilte ein Sprecher des Weltverbands gegenüber ntv.de mit. Die FIFA entscheide dann final darüber. Noch sei die UEFA aber nicht an die FIFA herangetreten. In jedem Fall sei es "unwahrscheinlich", dass die FIFA den UEFA-Vorschlag ablehnt.
Die UEFA könnte der FIFA den Vorschlag machen, die Ergebnisse der Nations League 2024 als Grundlage für die Setzliste zu nehmen. Die Ligaphase der Nations League endet im November, die Auslosung für den europäischen Teil der WM-Qualifikation soll nach FIFA-Angaben im Dezember stattfinden.
Schlägt die UEFA dieses Setzlisten-Prinzip vor und die FIFA hat nichts einzuwenden, wäre England kurioserweise gänzlich ohne Chance im Rennen um einen Platz im begehrten ersten Lostopf. Die "Three Lions" haben die letzte Ausgabe der Nations League vor zwei Jahren komplett in den Sand gesetzt, müssen deshalb nach dem Abstieg bei der diesjährigen Auflage des Turniers in der B-Liga ran. Gemäß dem UEFA-Prinzip für die Setzliste würden in diesem Szenario aber die 12 besten Teams der A-Liga in Lostopf eins rutschen.
Der europäische Fußballverband teilte ntv.de lediglich mit, dass die Formalitäten "zu gegebener Zeit von der FIFA genehmigt und bekanntgegeben werden". Deutschland müsste in diesem Szenario in der Nations-League-Gruppe mit den Niederlanden, Ungarn und Bosnien-Herzegowina nur nicht Tabellenletzter werden, um einen Platz in Topf eins zu sichern. Das derzeit bärenstarke England wäre in Liga B machtlos. Fußball ist ein kompliziertes Spiel.
Quelle: ntv.de