Fußball

Aber wo soll er spielen? Die außerordentliche DFB-Rolle von Leroy Sané

War in Frankfurt nur in zivil im Einsatz: Leroy Sané.

War in Frankfurt nur in zivil im Einsatz: Leroy Sané.

(Foto: picture alliance/dpa)

Bayern-Star Leroy Sané verpasst die ersten beiden Länderspiele im EM-Jahr. Eigentlich zählt er damit zu den Verlierern im DFB-Team. Doch Bundestrainer Julian Nagelsmann sieht das anders. Aber auf ihn kommt ein Aufstellungsrätsel zu.

Es ist gar nicht so einfach: War Leroy Sané vielleicht sogar ein Gewinner der beiden Länderspiele der deutschen Fußball-Nationalmannschaft? Klar, das größte Gegenargument ist offensichtlich: Er durfte gar nicht mithelfen, als seine neu zusammengestellten Kollegen den tief versunkenen DFB-Karren aus dem Morast zogen. Der Bayern-Star war nach seiner Tätlichkeit im Österreich-Spiel im vergangenen November gesperrt. Und jetzt damit keine Sekunde auf dem Platz. Nun, das stimmt nur so halb: Schließlich ist er ja nach Frankfurt für das Spiel gegen die Niederlande nachgereist und war auch auf dem Feld - nur trug er kein pinkes Trikot, sondern einen grün-gelben Cardigan.

Auch sonst lässt sich der berechtigte Schluss zu, für Sané waren es zwei verlorene Spiele. Während das DFB-Team tatsächlich eine Euphoriewelle entfacht hatte, konnte er, wie gesagt, einfach nur zusehen. Und gegen Frankreich (2:0) und die Niederlande (2:1) waren es andere, die für große Erleichterung bei allen Beteiligten zum Auftakt des EM-Jahres sorgten: Allen voran die beiden "Zauberer" Florian Wirtz und Jamal Musiala waren das, im Trio mit Kapitän İlkay Gündoğan.

Und dennoch: Bundestrainer Julian Nagelsmann ließ am späten Dienstagabend, während er schockverliebt von seinem Team sprach, im Keller des Deutsche Bank Parks aufhorchen. Denn auf den 28-Jährigen werde er beim Heimturnier "keinesfalls verzichten", sagte er. Obwohl dieser die Last von drei fehlenden Spielen mit sich herumtrage. Das macht es bemerkenswert: Nagelsmann hat seinen EM-Kader quasi schon festgezurrt und nur zwei DFB-Stars, die jetzt nicht dabei waren, wird eine außerordentliche Rolle zuteil: Ex-Kapitän Manuel Neuer - und eben Leroy Sané. Sie werden Teil des Aufgebots beim Heimturnier sein.

Löw sah das anders als Nagelsmann

Bei Neuer, der mit einer Muskelverletzung abreiste, ist das schnell erklärt. Nach seinem Beinbruch, der doch schwerer war, als lange gemutmaßt wurde, kehrte er in alter Neuer-Form zurück. Was für die DFB-Elf gute Nachrichten sind, wird für Marc-André ter Stegen zum Problem: Der Weltklassetorwart fährt nur als Nummer zwei zur Heim-EM. Dagegen ist die Lage bei Sané etwas komplizierter. Er ist der einzige Feldspieler mit einer EM-Garantie, ohne bei den Testspielen dabeigewesen zu sein. Dabei hatte Nagelsmann bereits angekündigt, in seinem Kader für den Sommer nicht mehr viel zu tauschen. "Vielleicht ein, zwei und die Verletzten."

Der Bundestrainer hatte den DFB-Kader radikal umgekrempelt und ein klares System eingeführt. Das bedeutet: 13 Stammkräfte, dahinter lauern zehn "Herausforderer". Könnte Sané da einer derjenigen sein, die von der Bank aus Druck auf die erste Elf ausüben sollen? Ex-Ex-Ex-Bundestrainer Joachim Löw traute Sané das einst nicht zu. Bei der WM 2018 nahm er ihn deshalb überraschend nicht mit. Auch bei der Corona-EM 2021 gab er ihm keinen Stammplatz.

Anders als Löw hat Sané mittlerweile jedoch keine dauerhafte Zuschauerrolle. Das zeigen auch die Worte des Jetzt-Bundestrainers. Auch Sané werde sich eingliedern müssen, doch Nagelsmann hat keinerlei Zweifel daran, dass das gelingt. Er spricht davon, dass Sané außergewöhnlich gut sei, sogar mit herausragenden Qualitäten. Anders als bei seinen Kollegen blieb ihm beim kriselnden FC Bayern zuletzt die ermüdende Suche nach seiner Form die meiste Zeit erspart. Auch wenn sein letzter Treffer mittlerweile etwas zurückliegt (9. Spieltag gegen Darmstadt), sorgte er regelmäßig mit seinem Tempo und seinem Abschluss für Gefahr.

"Warum nicht?", fragt der Bundestrainer

Die Sache mit Sané und dem DFB-Team ist dann aber doch nicht so ganz einfach. Denn im Nagelmann'schen System gibt es nur drei Positionen für vier Leute, mit Startelfpotenzial. Und aktuell sind sie schon stark besetzt: Gegen Frankreich und die Niederlande wirbelten dort die beiden vom Bundestrainer getauften "Zauberer" Wirtz und Musiala. In der Mitte war Kapitän Gündoğan deren magischer Gehilfe und stopfte alle Löcher, die sich aufgetan hatten.

Doch 76 Tage vor dem EM-Start ist dort noch nichts in Beton gegossen. Auf den Pressekonferenzen der vergangenen Tage entstand zudem ein Eindruck: Nagelsmann sieht auch Sané als Stammspieler. Es ist das letzte Puzzle in der Aufstellung des DFB-Teams. Der Bundestrainer deutete an, dass auch Wirtz, Musiala und Sané gleichzeitig auf dem Feld stehen könnte. Damit fiele aber Kapitän Gündoğan heraus.

Konkurrenz schadet nie, aber wäre das eine denkbare Möglichkeit? "Warum nicht?", fragte Nagelsmann zuletzt. Keiner der Beteiligten habe gesagt, dass das nicht funktionieren würde. Aber der Kapitän hat doch eigentlich einen Stammplatz? Auch das schränkte der Bundestrainer ein. Er brauche den Kapitän nicht unbedingt als Ansprechpartner auf dem Feld, dieser sei vor allem für die Spieler da. Damit könnte es also auch passieren, dass Gündoğan seinen Platz auf der Bank findet. Alles hängt dann auch von den Gegnern ab.

Und dennoch wird es für Sané nicht einfach, sich nach seinen drei Spielen Sperre frühestens gegen Griechenland (7. Juni, 20.45 Uhr/RTL und im ntv.de-Liveticker), im letzten Test vor der EM, in das Team einzufinden. Jetzt steht erst mal mit dem FC Bayern der einst so große Klassiker gegen Borussia Dortmund in der Bundesliga an (18.30 Uhr/Sky und im legendären ntv.de-Liveticker), dann gibt es noch ein Essen mit dem Bundestrainer in München, da soll es auch um Sanés Rolle gehen.

Quelle: ntv.de

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