
Luis Rubiales, der Präsident des spanischen Fußball-Verbandes, glaubt, er kann sich alles erlauben. Auch andere Männer an seiner Seite haben diese Meinung. Doch nun schlagen die Weltmeisterinnen zurück. Sie zeigen, wer wirklich die Macht hat.
Schallender kann eine verbale Ohrfeige nicht sein: Mit ihrem kollektiven Boykott des Nationalteams zeigen die spanischen Fußballerinnen, wer - im übertragenen Sinne - der Herr im Hause ist. Sie haben gerade erst den Titel bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland abgeräumt und nun zeigen sie, dass sie auch abseits des Platzes gemeinsam kämpfen. Gegen die Männer des spanischen Fußballverbands, die offensichtlich gedacht haben, sich alles erlauben zu können.
Präsident Luis Rubiales glaubt, er könne einfach so Spielerin Jennifer Hermoso auf den Mund küssen und sich damit einen sexuellen Übergriff erlauben. Er stilisiert sich nach harscher Kritik zum Opfer einer "sozialen Hinrichtung" und kassiert dafür sogar Applaus von einigen bei der Generalversammlung des Verbands anwesenden Männern. Unter anderem von Männer-Nationaltrainer Luis de la Fuente. Er hatte vorher auch geglaubt, dass er Frauen-Nationaltrainer Jorge Vilda vorbehaltlos unterstützen und im Amt bestätigen kann, obwohl 15 Spielerinnen im September 2022 seinetwegen aus dem Nationalteam zurückgetreten waren.
Die anderen Spielerinnen hatten dies für den Erfolg bei der WM geschluckt. Sie hatten sich ganz offenbar zusammengerissen und sich so weit es geht von Vilda und seinem Funktionsteam ferngehalten. Das war immer wieder nach Abpfiff ersichtlich, die Spielerinnen feierten für sich, abseits der Trainer. Auch den WM-Pokal nach dem größtmöglichen Triumph am vergangenen Sonntag.
Sie hatten sich lange zurückgehalten, sie haben sich auf den Sport konzentriert, sie wussten, dass es um den Erfolg geht. Sie haben ein sehr reifes Verhalten gezeigt und waren damit sogar einigen Spielerinnen wie etwa Maria "Mapi" Leon scheinbar in den Rücken gefallen, die ihren Boykott auch während der WM aufrechterhielt und lieber auf das Turnier verzichtet hatte als sich mit Vilda und Co. abzugeben. Doch nun sind sie wieder vereint, gemeinsam kämpfen sie gegen ihren eigenen Verband. Mapi gehört zu den 81 Spielerinnen, die das Statement der Spielerinnengewerkschaft Futpro unterzeichnet haben.
Nun ist die Zeit gekommen, zu zeigen, wer die relevanten Personen im Fußball sind. Nicht die Funktionäre, es sind die Spielerinnen. Sie stehen nun Seite an Seite, schlucken nicht länger Demütigung nach Demütigung. Sie dulden nicht länger, dass Unwahrheiten über sie erzählt werden. Sie stützen Hermoso, die nicht nur gegen ihren Willen geküsst wurde, sondern der hinterher auch noch vom Verband erfundene Zitate in den Mund gelegt wurden, die den Skandal herunterspielen sollten.
Die Funktionäre um Rubiales haben den Spielerinnen bereits die Schlagzeilen geklaut. Statt über die tollen Leistungen des Teams zu sprechen, waren die Männer im Fokus. Die Fußballerinnen hatten gewonnen, aber die Aufregung um Rubiales und Vilda war größer. Mit ihrem Boykott holen sich die Frauen ihre Hoheit zurück. Und das absolut zurecht.
Quelle: ntv.de