Fußball

Kritiker wüten laut, aber … "Fassungslosem" Hoeneß verschlägt es bei DFB-Elf die Sprache

Was läuft bei der DFB-Elf schief? Es gibt viele Ideen.

Was läuft bei der DFB-Elf schief? Es gibt viele Ideen.

(Foto: picture alliance/dpa)

Die DFB-Elf ist in der ewigen Krise. Die seit 2018 laufende Ursachenforschung hat noch kein Ergebnis hervorgebracht. Was ist also los? Hat Bundestrainer Nagelsmann die Kabine verloren oder muss einfach nur härter trainiert werden? Inmitten all der Fragen verschlägt es ausgerechnet Uli Hoeneß die Sprache.

Nach der das desolate Länderspieljahr abrundenden Woche mit zwei schmerzhaften Niederlagen gegen die Türkei (2:3) und Österreich (0:2) rätselt Deutschland weiterhin über den Zustand der Nationalmannschaft. Die war einst das Aushängeschild des Landes und befindet sich seit der Zeit nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft 2014 in einer sich ständig beschleunigenden Abwärtsspirale. Die Krise scheint endlos.

Auf Weltmeister-Trainer Joachim Löw folgte 2021 der mit dem FC Bayern so erfolgreiche Hansi Flick. Doch auch er konnte den Fall nicht stoppen. Nach der WM-Katastrophe in Katar, die genau vor einem Jahr mit dem 1:2 (1:0) gegen Japan ihren Auftakt fand, bekam Flick noch neun Monate.

Doch eine neuerliche Niederlage gegen Japan, diesmal in Wolfsburg und deutlicher (1:4), beendete seine Amtszeit nach nur zwei Jahren. Ein kurzes Intermezzo von Rudi Völler später trat mit Julian Nagelsmann der nächste Retter des deutschen Fußballs in Erscheinung. Nach nur vier Spielen erscheint eine erfolgreiche Heim-Europameisterschaft nahezu ausgeschlossen. Dabei ist das doch das große Ziel des DFB mit seinem Präsidenten Bernd Neuendorf, der erst nach der Pleite gegen die Türkei das Finale in Berlin als EM-Ziel ausgerufen hatte.

"Der Lack ist ab"

Warum der Absturz so hart ist, darüber rätseln die 80 Millionen Bundestrainer des Landes. So ist das eben in einer Fußball-Nation. Eine Antwort auf das Rätsel gibt es noch nicht. Doch verschiedene Gruppen formulieren verschiedene Ansätze. Einige Verwegene stellen die Frage, ob Julian Nagelsmann bereits die Kabine verloren hat, wie es im Frühjahr beim FC Bayern München der Fall gewesen sein soll. Richtige Argumente dafür bringen die Verwegenen jedoch nicht auf den Tisch.

Andere weniger verwegene kritisieren die Taktik und den Hochmut des neuen Bundestrainers. Der zeigte sich in den vergangenen Tagen und somit nur wenige Wochen nach seinem Amtsantritt ziemlich dünnhäutig. Er war zudem von seinem Ausgangsplan des einfachen Fußballs abgekehrt, so dass ihn zum Beispiel die "Süddeutsche Zeitung" in dieser Woche fragte: "Darf eine Viererkette nicht einfach mal eine Viererkette sein?"

Wieder andere machen platt die "fehlenden deutschen Tugenden" der Nationalspieler für die Krise verantwortlich, während Ex-Nationalspieler Holger Badstuber die modernen Zeiten kritisierte und schon näher an die heranrückte, von denen gleich noch zu sprechen sein wird. "Der Lack ist endgültig ab, es glänzt nichts mehr. Wir haben in Fußball-Deutschland eine Generation von Spielern geschaffen, die es sich beim DFB bequem machen", schrieb Badstuber in seiner Kolumne auf web.de: "Länderspiele sind nur noch eine Zahl auf der eigenen Visitenkarte und offenbar nichts mehr, wofür es sich zu zerreißen lohnt."

Ist Füllkrug einfach zu schlecht?

Neben denen vornehmlich politisch motivierten Analysten in den Medien und sozialen Medien, die den vermeintlichen Zerfall des Landes für den Absturz der DFB-Elf verantwortlich machen, gesellte sich jetzt, zwei Tage nach der Schmach von Wien, eine weitere Gruppe. Sie fragt: Hat nicht Julian Nagelsmann die Kabine verloren, sondern hat Deutschland einfach eine komplette Spieler-Generation verloren? Bedeutet der Fußball also im Leben der Heranwachsenden weniger, bringt er damit auch weniger Talente hervor?

Angeführt wird diese Gruppe von zwei Bundesliga-Legenden, die ihre aktive Laufbahn an der Seitenlinie bereits beendet haben. "Im Augenblick, das muss ich so klar sagen, sind wir nicht konkurrenzfähig", schrieb der 70-jährige Felix Magath, einer der beiden Anführer dieser neuen Bewegung, im "Hamburger Abendblatt" und unterstrich damit seine am Vortag bei Sky geäußerte Kritik am DFB.

Dort sagte Magath: "Es fehlt überall. Wir können jetzt irgendwo anfangen - völlig egal, wo. Der eine sagt Verteidiger, der andere Stürmer. Der Dritte spricht den Innenverteidiger an und der Letzte beschwert sich, dass wir keinen Sechser haben. Und jeder hat irgendwo ein bisschen recht." Der Meistertrainer hatte sich im September als Bundestrainer ins Spiel gebracht.

Neben Magath reihte sich Schalke-Legende Huub Stevens ein. Der 69-jährige Niederländer hat weite Teile seiner nunmehr beendeten Trainer-Karriere in der Bundesliga verbracht. Jetzt hat er das Problem des deutschen Fußballs identifiziert: die Qualität der Spieler. "Bei allem Respekt: Natürlich hat ein Niclas Füllkrug Qualität. Aber wenn er schon in der Nationalmannschaft spielen muss - ich weiß nicht. Hat man in Deutschland keine besseren?", fragte er verwundert im Gespräch mit der dpa und griff sich dabei den DFB-Top-Torjäger des Jahres heraus.

"Mehr üben!"

Bereits direkt im Anschluss an die Niederlage in Österreich hatte sogar der Bundestrainer ähnliche Andeutungen gemacht. Diese Andeutungen bezog er nicht auf Füllkrug, sondern hängte sie an der von vielen Seiten hinterfragten Entscheidung für den Linksverteidiger Kai Havertz auf. Deutschland habe halt keine echten defensiven Außenverteidiger, sagte er und sprach grundsätzlich über die mangelnde Defensivfähigkeit der Nationalelf.

Das aber wollte wiederum Welt- und Europameister Jürgen Kohler nicht gelten lassen. "Es ist zu wenig, zu sagen, wir haben keine Verteidigungsmonster. Dann müssen wir das eben üben! Verteidigen ist leichter zu lernen als Kreativität - und es ist ein entscheidender Faktor, um erfolgreich zu sein", sagte er im "Kicker" und empfahl Nagelsmann einen Spieler, der einfach mal dazwischenhaut, einen wie Pascal Groß.

Uli Hoeneß ist überfragt

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Der 32-jährige Profi von Brighton & Hove Albion war nach seinem starken Debüt auf der US-Tour im Oktober in den letzten beiden Spielen auf der Bank geblieben. Dabei sei er einer, "der die Drecksarbeit übernimmt", befand Kohler und öffnete die Tür für einen möglichen Erfolg bei der EM. Er sagte über Groß: "Er rennt wie ein Teufel, ist unauffällig, aber entscheidend. Diese Spieler brauchst du, denn nach vorne sind wir gut. Deshalb sehe ich für die EM nicht schwarz."

Bis zu den nächsten Länderspielen im März, in denen es, so ist es aktuell wohl geplant, gegen Frankreich und die Niederlande gehen soll, bleibt für das Schwarzsehen jedoch noch viel Zeit. Die Nationalelf wird das desolate Jahr 2023 mit in das EM-Jahr 2024 schleppen und das Land wird das denken, was Uli Hoeneß bereits am Mittwoch im "Kicker" formulierte. "Ich bin fassungslos über diese Entwicklung und wüsste nicht, an welchen Schrauben man drehen muss, um dieses Chaos kurzfristig zu beseitigen", sagte der Ehrenpräsident des FC Bayern. Er war damit wohl ehrlicher als all die, die jetzt in das Rätselraten um den Absturz mit ihren Empfehlungen einsteigen.

Quelle: ntv.de, sue

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