Fußball

Wieder Auftritt bei "Waldi" DFB-Sportdirektor Rudi Völler stolpert ins Populisten-Portal

Rudi Völler.

Rudi Völler.

(Foto: picture alliance / GES/Marvin Ibo Güngör)

Die Krise der deutschen Fußball-Nationalmannschaft verschärft sich nach dem 0:2 gegen Österreich noch einmal. Rund sieben Monate vor der Heim-EM hinterfragt Bundestrainer Nagelsmann alles. Auch abseits des Platzes sieht es finster aus. Wie nicht zuletzt ein Auftritt von DFB-Sportdirektor Völler zeigt.

Ziemlich genau ein Jahr nach dem verhunzten WM-Auftakt gegen Japan in Katar erforscht der DFB mit seinem Aushängeschild der Nationalmannschaft weiter die Untiefen der größten sportlichen Krise des Verbandes. Auf das 1:2 (1:0) in Doha folgte erst das WM-Aus und darauf ein turbulentes Jahr 2023 mit drei Bundestrainern und nur drei Siegen.

Der desolate Zustand der DFB-Elf spiegelt sich ebenso im Handeln des Verbandes abseits des Platzes wider. Dort duckt sich der DFB mit seinem Präsidenten Bernd Neuendorf bei wichtigen Fragen rund um die vom allmächtigen FIFA-Präsident Gianni Infantino durchorchestrierten Entscheidungen zur WM-Vergabe 2034 weg.

Dort, abseits des Platzes, macht der DFB die sportliche Krise auch an den äußeren Umständen fest. Bundestrainer Julian Nagelsmann sieht seine Mannschaft am Ende des Jahres in einer "Opferrolle", in die auch eine "kritische Medienlandschaft" die DFB-Elf ein "bisschen hereindrücken will", wie der 36-Jährige nach dem erschreckend schlechten Spiel gegen die Österreicher (0:2) in Wien erklärt.

Der, der der Mannschaft Halt durch ein einfaches System versprochen hat, beklagt sich nun auch über die Umstände, die er in der Tat nicht zu verantworten hat. Die Spieler des DFB sind nur noch auf einigen Positionen in der internationalen Klasse zu verorten, das Selbstbewusstsein der Nationalmannschaft ist am Boden, die Außenverteidiger haben das Land verlassen. Es gibt kaum noch welche, sagt Nagelsmann.

Rudi Völler zeigt sich im Populisten-Portal

Zudem zeigt sich im Vorfeld des Debakels im Ernst-Happel-Stadion Sportdirektor Rudi Völler bei seinem Duzfreund Waldemar Hartmann. Welch schönes Revival. Beide verbindet seit den "tiefsten Tiefpunkt"-Tagen auf Island eine gemeinsame Geschichte. Das Video des Interviews in Reykjavik im September 2003 ist ein viel gesuchter Klassiker der Länderspiele-Geschichte.

Völler, Bundestrainer bis zum Sommer 2004, ist seit Anfang 2023 nach der hastigen Analyse der Katar-Katastrophe zurück beim DFB. Vornehmlich als Sportdirektor und zwischendurch auch einmal als Interims-Bundestrainer. Hartmann ist 20 Jahre nach Island seit Anfang der Saison 2023/2024 mit seinem Format "Waldis Dritte Halbzeit" beim rechten Populismus-Portal Nius zu sehen. Sonderlich aufgefallen ist er damit bislang nicht.

Der Auftritt Völlers, aufgezeichnet am Tag nach dem 2:3 gegen die Türkei, rundet das miserable Bild des deutschen Fußballs in diesen Novembertagen ab. Zwar stieg der Sportdirektor in seinem Gespräch mit Hartmann nicht in irgendwelche Populismus-Debatten ein, doch allein sein Erscheinen nutzte das unter anderem von Julian Reichelt aus dem Boden gestampfte Portal zu krawalliger Hetze. Ob Völler, der in offizieller DFB-Kleidung erschien, wusste, wo er auftrat, ist nicht bekannt. Das Interview selbst soll, so ist zu hören, nicht konkret mit dem DFB abgestimmt gewesen sein.

"Intoleranz" und "Defizite in der Integrationspolitik"

"Rudi Völler sagt, was alle denken: 'Unsere deutschen Farben sollten einfach wieder im Vordergrund stehen'", überschrieb die selbst ernannte "Stimme der Mehrheit" ihren Kommentar. Sie nutzen Völlers im besten Fall als Patzer zu beschreibendes Interview gnadenlos aus. Dank der gütigen Mithilfe des DFB-Sportdirektors bedienten sie damit das seit der Pleite im Derby gegen die Türkei vorherrschende Narrativ jener Populisten, die in den Pfiffen der türkischen Fans gegen das DFB-Team wie der Generalsekretär der FDP, Bijan Djir-Sarai, "Versäumnisse und Defizite in der Integrationspolitik" ausgemacht hatten.

Auch BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hatte den zu großen Teilen aus Deutschland angereisten Fans der türkischen Nationalmannschaft aufgrund der lauten Pfiffe gegen den türkischstämmigen DFB-Kapitän İlkay Gündoğan "Intoleranz" vorgeworfen. Während bei Dijr-Sarai nicht bekannt ist, wie oft er ein Fußballstadion besucht, dürfte sich diese Frage bei Watzke nicht stellen. Er kennt die Leidenschaft der Fans und sollte vom Unmut der Zuschauer nicht überrascht sein. Alles, was am Samstag im Finalstadion der EM passierte, war komplett im Rahmen eines hitzigen Fußballspiels, eines Derbys.

Gündoğan fasst ungewollt Gesamtlage zusammen

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Bei dem 0:2 in Wien saßen Völler und Watzke nun Seite an Seite im Ernst-Happel-Stadion. Sie hörten die Pfiffe der österreichischen Fans während der Nationalhymne Deutschlands. Die waren bei der Niederlage gegen die Türkei von den Anhängern der türkischen Mannschaft nicht zu hören. Später sangen die österreichischen Fans: "Der DFB ist so im Arsch". Selten war ein Spottgesang passender. Völler und Watzke waren Zeuge eines Debakels, das in den kommenden Monaten bleiern über den Vorbereitungen für die Europameisterschaft im kommenden Jahr hängen wird.

Ausgerichtet wird das Turnier von einem Verband und in einem Land, in dem alle Parteien alles dafür tun, sich bestmöglich vom großen Leitbild der EM 2024, "United by Football. Vereint im Herzen Europas", zu distanzieren. Am Ende des Jahres 2023 ist die Stimmung in Deutschland mal wieder auf dem "tiefsten Tiefpunkt". DFB-Kapitän Gündoğan sagte mit Blick auf die sportliche Situation: "Schlechter kann es gerade nicht sein. Vielleicht ist das der einzige positive Aspekt." Das lässt sich ohne Weiteres auf die Gesamtlage beziehen.

Quelle: ntv.de

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