1000 Tore, MrBeast und Portugal Was wir zur Zukunft von Ronaldo wissen - und was nicht
03.09.2024, 16:02 Uhr
Hat Spaß: Cristiano Ronaldo
(Foto: IMAGO/SPORTPIXPRESS)
Cristiano Ronaldo und seine Portugiesen sind mit der Fußball-EM nicht zufrieden. Spekulationen, dass der Superstar zurücktreten könne, tritt dieser nun selbst mit den Gold überhäuften Füßen. Er macht weiter, immer weiter. Und hat noch eine gigantische Marke als nächstes Lebensziel ausgerufen.
Es läuft gut bei Cristiano Ronaldo. Der Start in die neue Saison in Saudi-Arabien ist geglückt. Zumindest für ihn persönlich. In vier Spielen hat er vier Tore geschossen und zwei vorbereitet. Ronaldo macht also Ronaldo-Dinge. Doch das alleine reicht nicht (mehr), um Spiele und Titel zu gewinnen. Der ist nämlich schon futsch. Im Finale des Saudi-Cups gab es eine 1:4-Lasche gegen das Monsterteam Al-Hilal. Auch ohne Neymar war das Starensemble mit einem Marktwert knapp 250 Millionen Euro nicht zu bremsen.
Ronaldo traf zwar auch hier, aber sein Team war einfach zu schwach. Al-Hilal, nur mal zur Einordnung, würde sich in der Marktwert-Tabelle in der Bundesliga auf Platz sieben einordnen, ganz knapp hinter Eintracht Frankfurt. Ein vierfach schwerer VfL Bochum. Nun, um Al-Hilal geht es aber gar nicht. Sorry. Obwohl! Wenn Sie wollen, schreibe ich Ihnen das demnächst auch mal auf. Aber jetzt nicht. Das ist hier nämlich nicht das Thema.
Ronaldo ist das Thema. Immer. Denn Ronaldo macht weiter, immer weiter. Das düstere Wort Karriereende hat er zwar schon mal irgendwo gehört, sich aber nicht näher mit der Bedeutung befasst. Als Mann von 39 Jahren könnte man das durchaus tun, der dunkle Horizont ist näher als die Sonne im Zenit. Die Welt von Ronaldo funktioniert anders, als es die astrologische Forschung seit Kopernikus lehrt. Ronaldo umkreist nicht die Sonne, sondern die Sonne umkreist Ronaldo. In Ronaldos Welt ist alles anders, alles von ihm auf ihn abgestimmt. Statt der üblichen sieben bis neun Stunden bevorzugt er mehrere 90 Minuten lange Schlafphasen - statt zwei bis drei großen Mahlzeiten nimmt er sechs kleinere, proteinreiche Snacks zu sich.
Und so erstrahlt der Weltfußballer außer Dienst noch immer in bester körperlicher Verfassung im hellsten Licht. Dass der Spot nun nicht mehr über Europa leuchtet, sondern in Saudi-Arabien? Vollkommen wumpe.
Quotenangriff auf MrBeast?
Wo Ronaldo ist, ist die schillernde Welt. Aber weil die Bilder aus der Saudi-League eben nicht überall hinstrahlen, nicht wie einst in der Champions League, hat sich der pfiffige Fußball-Entrepreneur einen neuen Gigantenkanal geschaffen, auf dem er sendet. Nein, er hat nicht einfach irgendeine neue Liga aus dem alten Socken gezogen und sie in ein schönes Abendgewand gekleidet. Das machen eher zukunftssuchende Typen wie Toni Kroos oder Mats Hummels.
Ronaldo hat sich die Plattform YouTube unterworfen. Seit zwei Wochen ist er dort mit einem eigenen Kanal unterwegs, erstellt Ranglisten seiner Tore sowie seiner Klamotten und macht Spökes mit seiner Frau Georgina. Knapp 56 Millionen Abonnenten hat er bereits eingesammelt und sich damit direkt mal in die Top 50 der reichweitenstärksten Kanäle weltweit katapultiert. Und man kann sich gut vorstellen, dass ihm das nicht reicht, dass er Weltyoutuber MrBeast angreifen will (über 300 Millionen Abonnenten) und wird. Wo Ronaldo ist, ist oben. Ganz oben. Das weiß auch Lionel Messi. Aber die GOAT-Frage, die Frage nach dem größten Fußballer aller Zeiten, hat CR7 noch nicht auf YouTube beantwortet.
Aktuell ist das nur das zweitwichtigste Feld, auf dem Ronaldo dribbelt. Das wichtigste bleibt der grüne Rasen. Den will er nicht verlassen. Zwar hatte er nach der Fußball-EM angekündigt, dass er zum letzten Mal bei einer kontinentalen Meisterschaft für sein Land aufgelaufen ist, aber diese ultimative Ansage darf mittlerweile wieder als einkassiert gelten. Für die anstehenden Spiele in der Nations League ist er wie selbstverständlich in den Kader von Portugal berufen worden. Es sei ihm "nie in den Sinn gekommen", dass seine Zeit zu Ende sein könnte, sagte er nach seiner Nominierung und verriet: "Wenn ich kein Mehrwert mehr bin, werde ich der Erste sein, der geht." Womöglich wird er also nie aufhören. Die Spekulationen um einen Rückzug nach reichlich Kritik an seinen EM-Leistungen prallen knallhart an ihm ab. "Es hat mich noch mehr motiviert weiterzumachen, ehrlich gesagt."
Bondscoch wirft Bergwijn raus
Eine Nominierung trotz Saudi-Gegenwart ist indes keine Selbstverständlichkeit. Diese Erfahrung macht gerade der Niederländer Steven Bergwijn. Der wird von Bondscoach Ronald Koeman amtlich in den Senkel gestellt. "Die sportlichen Ambitionen scheinen bei dem Wechsel nicht die Hauptrolle gespielt zu haben", bellte Koeman. Das "Thema Nationalmannschaft hat sich damit für ihn im Prinzip erledigt." Bergwijn war für rund 21 Millionen Euro von Ajax Amsterdam zu Al-Ittihad nach Saudi-Arabien gewechselt. Bei Ajax hatte er zuletzt keinen Stammplatz mehr. "Ich finde, wenn du 26 bist, muss deine wichtigste Ambition die sportliche sein, nicht die finanzielle", so der Bondscoach weiter. "Er hätte auch bei Ajax bleiben können, das ist doch auch nicht so schlecht, oder? Man muss die Entscheidung akzeptieren, persönlich werde ich das aber nicht tun." In Portugal dagegen ticken die Uhren anders. Gut, Ronaldo ist auch eine Überlegende, Bergwijn, sorry, (noch) nicht und wohl auch nie mehr. Und der Niederländer hat auch, soweit wir wissen, keine eigene, drei Meter große Bronze-Statue.
In diesem Sommer hatte Ronaldo, gekommen aus dem Wüstensand, die Weltbühne mal wieder gegrüßt. In den Stadien wurde er auf ikonische Weise abgefeiert, wie man das ja nur noch von den verrückten Swifties beim Anblick ihrer Supersuper-Legende Taylor kennt. Ronaldo genoss den wieder aufgeflammten Fame in seiner alten Heimat Europa, er genoss ihn zwischen Dortmund, Leipzig und Gelsenkirchen, wo die Engländer ihren Hass auf abgerockte Arbeiterstädte ausließen und Taylor Swift der Metropole eine neue Kurzzeitidentität als Swiftkirchen gab! Doch so er die Liebe genoss, so sehr wunderten sich neutrale Beobachter über das patzige Gehabe des Spielers. Der sich immer noch als Zentrum für alles sieht und zunehmend erkennen muss, dass seine Mitspieler nicht immer der gleichen Meinung sind. Aber, Hand aufs Herz, was haben die denn schon geleistet?
"Alle meine Tore gibt es auf Video"
Ohne Treffer des Superstars auf dem Ritt in den Sonnenuntergang war Portugal bereits im EM-Viertelfinale ausgeschieden. "Wenn die Zeit gekommen ist, werde ich gehen. Diese Entscheidung wird mir nicht schwer fallen", erklärte Ronaldo nun zu seinen Zukunftsgedanken. Als Vorbild nannte er seinen Ex-Teamkollegen Pepe. Der Verteidiger sei "durch die Vordertür gegangen", als er Anfang August im Alter von 41 Jahren seinen Rücktritt verkündet hatte. Aber gut, das sind noch zwei Jahre und mindestens eine WM für den Weltrekordmann, der mit 130 Toren mehr Treffer für ein Nationalteam erzielt hat als jeder andere Spieler zuvor. Aber Ronaldo tanzt diesen Tanz in seiner Welt. Als er vergangene Woche bei der Auslosung der Champions League auftauchte und dort für seine glorreichen Leistungen in diesem Wettbewerb geehrt wurde, wirkte das wie ein Gast aus einem Land vor unserer Zeit. Nun taucht er am Donnerstag in der Nations League gegen Kroatien wieder auf. Ronaldo und die Fußball-Welt haben offenbar einen ewig unzertrennlichen Deal. Und wenn auch nur noch in Teilzeit.
An zunehmender Appetitlosigkeit im Sturmzentrum mangelt es Ronaldo indes nicht. Ein Tor fehlt ihm noch, dann steht er bei 900, 1000 sollen es aber insgesamt schon noch werden. Das sagte er in einem Interview mit dem ehemaligen englischen Nationalspieler Rio Ferdinand, das er auf seinem Kanal bei YouTube veröffentlichte. "Falls ich mich nicht verletzte, ist das für mich das Wichtigste." Er geht davon aus, dass seine bisherige Ausbeute für seine Klubs und die Nationalmannschaft unerreicht sind. Die internationalen Fußball-Zahlenmeister sind sich indes uneins. Das Guinness Buch der Rekorde etwa setzt die brasilianische Legende Pelé mit 1279 Treffern in 1363 Spielen auf Platz eins. Der Weltverband FIFA führt keine offizielle Liste.
Ronaldo pfeift auf solche Angaben. Er sieht sich als die wahre Nummer eins, denn er habe Beweise für die Anzahl seiner Treffer. "Alle meine Tore gibt es auf Video", sagte er. Ja, er "respektiere all die anderen" wie Pelé oder den 1969 verstorbenen Artur Friedenreich, der sogar 1329 Treffer erzielt haben soll. Aber was andere sagen oder behaupteten, "interessiert mich nicht". Natürlich nicht. Ronaldo macht einfach immer weiter und erschafft sich eine Welt, in der es nur einen Giganten gibt: ihn selbst.
Quelle: ntv.de