Bundestrainer-Debatte bricht los Jetzt beginnt bereits das Gezerre um Jürgen Klopp
27.01.2024, 09:29 Uhr
Jürgen Klopp nimmt Abschied vom FC Liverpool. Am Ende der Saison hört er auf, er fühlt sich nicht mehr in der Lage, die nötige Kraft für sein Amt aufzubringen. Er werde mindestens ein Jahr nicht mehr arbeiten. Vielleicht länger. Die Diskussionen um seine Zukunft toben trotzdem schon.
Jürgen Klopp weiß nicht einmal, ob er jemals wieder auf die Trainerbank zurückkehren möchte. Hätte man an diesem Freitag eine abschließende Antwort erhalten wollen, er hätte nein gesagt. Er schränkte indes direkt ein: "Aber ich weiß ja nicht, wie sich das anfühlt." Die ganz großen Überschriften waren damit abgewischt.
Erstmal will sich der Trainer des FC Liverpool nach dieser Saison eine lange Auszeit nehmen. Ein Jahr, versprach er, werde er dem Fußball den Rücken zu kehren. Er brauche ab Sommer Zeit für sich, für ein "normales Leben", diese tiefe Sehnsucht spürt er in sich. Er brauche Zeit, um seine Akkus aufzuladen. Sie hat er in den vergangenen Jahren an der Anfield Road heruntergerockt. Ohne Rücksicht auf sich selbst. Mit großem Erfolg. Sportlich und menschlich. Jürgen Norbert Klopp ist eine Legende. Er hat den emotionalen Reds nicht nur großen Fußball gegeben, sondern auch Titel geschenkt. Was für eine große Ära! Wieder einmal.
Und die nächste ist bereits vorgesehen. Jürgen Klopp soll Bundestrainer werden. Seit Jahren ist das der große Traum von vielen Menschen, die es mit der Nationalmannschaft gut meinen. Die sich danach sehnen, dass aus dieser von Graugänsen und Misserfolgen gepeinigten Elf endlich wieder etwas Großes wird. Es muss ja nicht direkt mehr der Straßenfeger werden, der diese Mannschaft einmal war. Die Zeiten des Straßenfegers sind eh vorbei, erst recht ohne Thomas Gottschalk, der sich zuletzt von "Wetten dass...?" verabschiedet hatte.
Und wie gut will das denn bitte im Sommer matchen? Das ist neudeutsch (oder denglisch oder so) und bedeutet: Wie super passt das denn alles zusammen? Der Vertrag des amtierenden Bundestrainers Julian Nagelsmann läuft, Stand jetzt, nach der Heim-Europameisterschaft aus. Nicht auszuschließen, dass er bei einem erfolgreichen Turnier (dafür gibt es derzeit eher wenig Hoffnung) verlängert werden würde. Allerdings zieht es den jungen Coach wieder zurück zur alltäglichen Arbeit bei einem Verein. Also: Klopp macht Schluss beim FC Liverpool und die Nationalmannschaft sucht einen neuen Mann. Na, bitte!
DFB-Vize ebnet schonmal den Weg
Und der DFB bringt sich mal vorsichtig in Stellung. "Dass Jürgen Klopp ein genialer Trainer ist, da brauchen wir, glaube ich, nicht drüber zu reden. Dass er auch ein Kandidat als Bundestrainer sein könnte, da brauchen wir auch nicht drüber zu reden", sagte DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann. "Aber ich wünsche mir jetzt erstmal eine gute Europameisterschaft mit einem idealerweise tollen Ausgang für Deutschland gegen jede Chance. Wir haben keine Chance, also nutzen wir sie." Und dann? Alles offen.
Klopp ist ein Mann, der Wort hält. Das hat er bisher immer getan. Deswegen muss jeder, der davon träumt, ab August Heavy-Metal-Fußball im Trikot mit dem Adler zu sehen, erstmal abrücken. Ungeachtet dessen, brechen in den Medien und sozialen Netzwerken die Diskussionen los. Besonders fair ist das nicht, schließlich will Klopp ja wirklich mal Ruhe haben, die Normalität genießen, wenn das bei seiner Popularität überhaupt möglich ist, und Kraft tanken. Das ist ein höchst menschliches Anliegen. Und verlangt den respektvollsten Umgang damit.
Aber was kommt danach? Was kommt im Sommer 2025? Ja, klar. Die Bundestrainerfrage. Sie wird so lange mit Klopp in Verbindung gebracht werden, bis der Trainer das nächste Machtwort gesprochen hat. Bis er entweder eine neue Aufgabe angekommen hat oder klarstellt, dass seine Karriere an der Seitenlinie endgültig beendet ist. Nicht nur für den 56-Jährigen selbst wird das eine zehrende Zeit, auch für den DFB. Klopp ist der Schatten-Bundestrainer. Und jeder im Amt, erst Nagelsmann (und dann?), wird das wissen, spüren. Zu sehr strahlt der Typ Klopp mit seinem Charisma, seinem Witz und auch seiner Borstigkeit. Und zu sehr strahlt sein sportliches Denkmal. Die Vollgas-Herangehensweise ist eine Attraktion. Oft gepaart mit spektakulären Schlussphasen oder gar Aufholjagden. Klopps Idee von Fußball verspricht Spektakel und Drama. Klopps Idee von Fußball verdichtet all das in 90 Minuten, weshalb die Menschen dieses Spiel so lieben. Und den Trainer gleich mit.
Hamann schlägt Interimslösung vor
In Liverpool geht er als Legende. Komme in dieser Saison was wolle. Womöglich sogar noch ein weiterer großer Titel. In der Meisterschaft stehen die Reds auf Platz eins. Schon jetzt ist er der fünfte Beatle. Wie aber könnte sein Weg zur Nationalmannschaft nun aussehen, wenn es überhaupt einen gibt? Deutschlands Chefanalyst vom Dienst, Dietmar Hamann, sieht die Dinge so: "Vielleicht kann der DFB, wenn Julian Nagelsmann nach der EM aufhört, für ein Jahr einen Interimstrainer einstellen, auch wenn es nicht optimal wäre. Aber wenn du Jürgen Klopp kriegen kannst, musst du gegebenenfalls ein Jahr auf ihn warten, damit er 2025 ein Jahr vor der WM die Nationalmannschaft übernehmen kann." Wer könnte das sein? Rudi Völler wäre die naheliegendste Lösung. Auch wenn er ja eigentlich nicht mehr will. Aber für die große Sehnsucht ist schon manch anderer noch eine Extrameile gelaufen.
Aber nicht nur für die Nationalmannschaft ist und bleibt Klopp ein Schattentrainer. Auch über Borussia Dortmund wird sein Name schweben, sollte die Mannschaft in der Rückrunde wieder zum klappernden Riesen werden. Zu kühn sollten die Träume allerdings nicht werden. Auch in München werden sie Kraft des Namens spüren, sollte es mit Thomas Tuchel ruckeln. Uli Hoeneß hatte einst ja verraten, wie sehr er es gemocht hätte, Klopp beim FC Bayern zu sehen. Aber jetzt ist erstmal Pause. Und das soll unbedingt so bleiben.
Quelle: ntv.de, tno