Viel hängt von Quali-Gruppe G ab Lewandowski darf noch bangen, Haaland hofft nur noch
16.10.2023, 15:20 Uhr
Das Starterfeld der Fußball-Europameisterschaft 2024 in Deutschland nimmt langsam Formen an: Neben dem gastgebenden DFB-Team werden sicher Vize-Weltmeister Frankreich, Portugal, Schottland, Belgien, Spanien und die Türkei im kommenden Jahr um den Titel kämpfen. Superstar Erling Haaland wird mit seinen Norwegern bei dem Turnier dagegen fehlen. Es sei denn, die Teams in Gruppe G helfen kräftig mit! Auch ein paar andere ganz große Namen zittern dieser Tage mächtig zumindest um die Qualifikation. Ein Überblick vom Abgrund.
Gruppe A:
In der Gruppe A wurden am vergangenen Wochenende Fakten geschaffen: Durch das 1:0 Spaniens in Schottland steht fest, dass beide Teams im kommenden Juni nach Deutschland reisen werden. Für Superstar Erling Haaland hat das Ergebnis dagegen bittere Konsequenzen: Nach der WM in Katar verpassen seine Norweger wohl erneut die Qualifikation für ein großes Turnier, Rekord-Torjäger Haaland muss damit mindestens bis zur WM 2026 auf seinen ersten Auftritt bei einer Welt- oder Europameisterschaft warten. Es sei denn ... aber dazu später mehr in Gruppe G!
Gruppe B:
"Oranje-Panik nach Niederlage gegen Mbappé", titelte "De Telegraaf" nach der 1:2-Niederlage der Niederlande gegen Vizeweltmeister Frankreich am vergangenen Freitag. In der Tat wird es für den bislang letzten (und zwar 1988) in Deutschland gekürten Europameister verdammt eng, zumindest mit der direkten Qualifikation: Verliert Oranje am Montagabend (20.45 Uhr) beim Gruppen-Zweiten Griechenland mit mehr als drei Toren Unterschied, muss das Team von Bondscoach Ronald Koeman den komplizierten Weg über die Playoffs im März antreten.
Bei einer knappen Niederlage müsste man die verbleibenden eigenen Spiele gewinnen - und darauf hoffen, dass die Griechen Frankreich nicht mindestens einen Punkt abluchsen. "Griechenland hat sicher Blut geleckt. Es wird eine hitzige Atmosphäre. Wir wissen, was auf uns zukommt", sagte Koeman vor der Partie in Athen. Bei einem Remis hätte man die Qualifikation für Deutschland selbst in der Hand. Frankreich ist nach sechs Siegen aus sechs Spielen bereits sicher qualifiziert.
Gruppe C:
Fünf Spiele, 13 Punkte: England steuert in der komplizierten Gruppe C recht souverän der Qualifikation entgegen. Aber sicher ist das EM-Ticket noch lange nicht: Eine Niederlage am Dienstagabend gegen Titelverteidiger Italien (20.45 Uhr) würde den Vize-Europameister noch einmal in arge Bedrängnis bringen. Dann würde man punktgleich mit Italien und möglicherweise auch mit der Ukraine in die entscheidende Phase gehen. Die Ukraine hat allerdings ein Spiel mehr absolviert und müsste zunächst im Parallelspiel den Gruppenletzten Malta schlagen.
Am letzten Spieltag in der Gruppe empfängt die Ukraine in Leverkusen Italien. Es dürfte ein echtes Endspiel um einen Platz bei der EM sein. Durch die Qualifikation Schottlands ist die Ukraine mindestens für die Playoffs qualifiziert, auch die Italiener haben mindestens die Playoffs sicher.
Gruppe D:
Die Türkei ist durch, Wales und Kroatien liefern sich einen engen Kampf: In der Gruppe D bleibt es bis zum Schluss spannend. Durch das 2:1 schloss Wales am vergangenen Sonntag nach Punkten zu den Kroaten auf und verdrängte sie aufgrund des gewonnenen direkten Vergleichs vom Qualifikationsplatz. Wer sich qualifiziert, entscheidet sich im November: Wales muss nach Armenien (das wenigstens rechnerisch auch noch im Rennen ist) und empfängt die Türkei, die Kroaten müssen zu Schlusslicht Lettland reisen und empfangen dann im letzten Spiel Armenien.
Als Sieger ihrer Nations-League-Gruppe haben die Kroaten in jedem Falle einen Platz in den Playoffs sicher. Da aber drohen - siehe oben - komplizierte Aufgaben. Im schlimmsten Falle Italien und die Niederlande.
Gruppe E:
144 Länderspiele hat Robert Lewandowski, einer der größten Torjäger unserer Zeit, für Polen bestritten, dabei erzielte er 81 Treffer - doch nur sieben davon bei einer Welt- oder Europameisterschaft. Es ist alles andere als ausgeschlossen, dass es dabei bleibt. Denn nach dem jüngsten und arg enttäuschenden 1:1 zu Hause gegen Moldau ist die Chance Polens auf die direkte Qualifikation nur noch theoretisch, es droht der Weg in die Playoffs. Lewandowski hatte bei den letzten Spielen verletzt gefehlt.
Albanien muss aus zwei Spielen nur noch einen Punkt holen, Tschechien muss entweder gegen Polen oder Moldau gewinnen - dann könnte Robert Lewandowski mit Erling Haaland das Duo der enttäuschten Super-Torjäger bilden. Wenn in Gruppe G nicht ... Na, Sie werden schon sehen.
Gruppe F:
Mit Domenico Tedesco wird neben Julian Nagelsmann mindestens ein weiterer deutscher Trainer seine ganz persönliche Heim-EM erleben. Tedesco ist mit Belgien bereits sicher qualifiziert. Ralf Rangnick dürfte Nagelsmann und Tedesco zum Trio ergänzen: Rangnicks Österreicher sind mit einem Sieg im Spiel bei Außenseiter Aserbaidschan am Montagabend (18 Uhr) oder im November in Estland sicher in Deutschland dabei. Selbst, wenn Verfolger Schweden alle drei ausstehenden Spiele gewinnt.
Gruppe G:
Ungarn wird sich nach 2021 erneut für die Europameisterschaft qualifizieren. Die Magyaren, die damals das DFB-Team im Gruppenfinale an den Rand des Kollaps gebracht hatten, brauchen aus ihren drei restlichen Gruppenspielen nur noch einen Punkt, um sich zu qualifizieren. Gut möglich, dass sie den schon am Dienstagabend (20.45 Uhr) in Litauen einfahren. Heiß wird es dann aber vor allem im Parallelspiel: Serbien (sechs Spiele, 10 Punkte) empfängt Montenegro (5/8). Ein Sieg würde Serbien ganz nah ans EM-Ticket bringen, eine Niederlage würde wohl den Gang in die Playoffs bedeuten. Für die sind die Serben bereits sicher qualifiziert.
Besonders spannend ist die Gruppe G für eine Nation, die gar nicht dabei ist: Verpassen die Serben die direkte Qualifikation, landen sie sicher in den Playoffs. Das bedeutete für Norwegen um Superstar Erling Haaland den nächsten Nackenschlag. Qualifizieren sich die Serben direkt, steigert dies die Playoff-Chancen der in Gruppe A eigentlich ausgeschiedenen Norweger.
Gruppe H:
Alles noch offen in Gruppe H: Mit Slowenien (16 Punkte), Dänemark (16), Finnland (12) und Kasachstan (12) haben nach sieben Spieltagen noch vier Teams Chancen. Am Dienstagabend könnten sich die Dinge aber zumindest ein wenig sortieren: Im Duell der Verfolger empfängt Finnland Kasachstan (18 Uhr), der Verlierer dürfte aus dem Rennen sein. Gibt es ein Remis, könnten Favorit Dänemark (in San Marino) und Tabellenführer Slowenien (in Nordirland, beide 20.45 Uhr) mit Siegen alles klarmachen.
Gruppe I:
In der Gruppe I sieht es eigentlich nach einer klaren Sache für die Eidgenossen aus, doch beim 2:2 gegen den Kosovo am 5. Spieltag stolperte die "Nati" erstmals. Das hart erkämpfte 3:3 gegen Belarus, bei dem die Schweiz in den letzten 60 Sekunden der regulären Spielzeit zweimal traf, bedeutet, dass man doch noch einmal ein wenig bangen muss. Mit Überraschungsteam Israel und Tabellenführer Rumänien gibt es zwei Mitbewerber um die beiden EM-Tickets, die in der Gruppe I vergeben werden.
Die traurige Geschichte der Gruppe I ist, dass derzeit noch nicht absehbar ist, wann die letzten Entscheidungen feststehen. Das Qualifikationsspiel der Israelis im Kosovo wurden aufgrund des Terrorangriffs der Hamas auf das Land zuletzt abgesagt, ein neuer Termin steht bislang nicht fest. Für Israel wäre die EM 2024 die erste Teilnahme am Kontinentalturnier überhaupt und das zweite große Turnier jemals (nach der WM 1970). Sollte Israel nur Dritter werden, würde es an den Playoffs teilnehmen.
Gruppe J:
Sieben Spiele, sieben Siege: Diese makellose Bilanz wird mit einem EM-Ticket für Portugal belohnt. Zu einem großen Spiel der ehemals Kleinen kommt es am Abend (20.45 Uhr) in Luxemburg: Dort geht es für die Gastgeber um Platz 2, der für die direkte Qualifikation reichen würde. Deutschlands kleinstes Nachbarland ist von einem Leichtgewicht zu einer durchaus respektablen Fußballnation geworden, auch wenn die 0:9-Packung in Portugal anderes vermuten lässt. Gegner Slowakei hat derzeit noch zwei Punkte Vorsprung. Das Hinspiel endete 0:0. Gelingt es nicht, die Slowakei noch abzufangen, hat Luxemburg zumindest gute Karten, in den Playoffs dabei zu sein. Bosnien-Herzegowina wird in den Playoffs starten.
Wie funktionieren die Playoffs?
Gastgeber Deutschland sowie die zehn Gruppensieger und zehn Gruppenzweiten qualifizieren sich direkt für die EM. Die drei noch freien Plätze werden im März 2024 über Playoffs ausgespielt. Relevant für die Qualifikation für die Playoffs ist aber nicht das Abschneiden in der EM-Quali, sondern die Platzierung in der Nations-League-Saison 2022/2023. Die besten Teams der Nations-League-Gruppen (aus allen drei Ligen) landen in den Playoffs, wenn sie sich nicht direkt für die EM qualifiziert haben. So könnten sich bei entsprechendem Verlauf der letzten Spieltage im Playoff-Pfad A Italien und die Niederlande um ein Ticket streiten müssen.
Für bereits qualifizierte Teams rücken die jeweiligen nächstbestplatzierten Teams in der Gruppe nach. Sollten alle Teams aus einer Gruppe bereits qualifiziert sein, wird der Playoff-Pfad durch komplizierte Nachrückregularien aufgefüllt. Kurios: Wäre die Qualifikationsphase jetzt beendet, würde Estland - mit einem Punkt Letzter in der Qualifikationsgruppe F in Pfad A um ein EM-Ticket kämpfen. Die Esten hatten ihre Nations-League-Gruppe in Liga D gewonnen.
Steht das Teilnehmerfeld, werden drei Playoff-Turniere mit je vier Mannschaften gebildet. Zwei Halbfinals und ein Finale werden pro Playoff-Turnier gespielt, Hin- und Rückspiele gibt es nicht. Für die EM 2021 hatten sich Ungarn, die Slowakei, Schottland und Nordmazedonien über diesen Weg für das Turnier qualifiziert.
Quelle: ntv.de