Fußball

Wie läuft's bei ... Timo Werner? "The Germans call it chancentod"

Ein geknickter Timo Werner wird am Wochenende von Trainer Frank Lampard getröstet.

Ein geknickter Timo Werner wird am Wochenende von Trainer Frank Lampard getröstet.

(Foto: imago images/PA Images)

Erneut vergibt Timo Werner in der Premier League eine hundertprozentige Torchance. Experten, Medien und die Fans kritisieren den Chelsea-Stürmer, während sein Trainer an ihm festhält. Vergleiche mit Fernando Torres werden laut, allerdings keine guten. Und nun droht Konkurrenz.

Timo Werner durfte endlich mal wieder Jubeln. Aber nur, weil am Wochenende sein FC Chelsea mal wieder drei Punkte einfuhr nach zuvor zwei Niederlagen in drei Ligaspielen, beziehungsweise vier Pleiten in sechs Partien. Getroffen hat Werner wieder nicht. In der Premier League sind die Blues auf Platz sieben abgerutscht, nachdem sie sich lange auf Rang drei gehalten und auf die Tabellenspitze geschielt hatten. Nicht wenige Fans machen dafür den deutschen Nationalspieler verantwortlich - über den sich im Netz - mal wieder - ein Shitstorm entlädt.

75 Minuten muss Werner, der am Wochenende zuvor im FA Cup gegen den Viertligisten FC Morecambe seine Durststrecke von insgesamt 13 Spielen ohne Tor beendet hatte, am Samstag gegen Fulham auf der Bank schmoren. Anschließend darf er endlich doch noch auf den Rasen im Londoner Derby. Nur drei Minuten nach seiner Einwechslung fällt tatsächlich das spielentscheidende 1:0 für Chelsea, aber der Ex-Leipziger steht bei Mason Mounts Rechtsschuss unbeteiligt im Strafraum herum.

Dann aber die 94. Minute: Werner leitet am eigenen Strafraum einen Konter ein, Fulham ist weit aufgerückt. Einmal lässt er den Ball klatschen, um ihn direkt wieder in seinen Lauf serviert zu bekommen. Im ihm so typischen Vollsprint zieht der Stürmer zwei Verteidiger ab und läuft alleine auf Keeper Alphonse Areola zu. Werner hat Zeit, zu viel wahrscheinlich, um sich die Ecke auszusuchen - und schiebt die Kugel mit rechts gut zwei Meter am rechten Pfosten vorbei. Nichts war es mit seinem ersten Ligatreffer seit November, seinem ersten Tor seit zehn Premier-League-Spielen. Einem Tor, das er bei RB noch im Schlaf erzielt hätte.

"Er muss weiterarbeiten"

Nach dem Abpfiff gesellt sich Trainer Frank Lampard zum bedröppelten Werner, legt ihm tröstend den Arm auf die Schulter. "Er ist jetzt hart zu sich selbst, weil jeder Stürmer auf seinem Niveau das so machen würde", sagt Lampard den Reportern nach dem Spiel. Nur mit diesem Wunsch nach Toren käme man an die Spitze, versucht er in Werners Verzweiflung etwas Positives zu lesen. "Ich hoffe, er spürt meine Unterstützung."

"Er muss weiterarbeiten, das ist der einzige Ausweg", sagt der Coach zur Durststrecke des Nationalspielers. "Wir kennen das alle. Als Stürmer musst du zurück auf den Trainingsplatz, dich freuen, dass du dich da reinhauen kannst und dann wieder im Spiel loslegen." Werner würde schon bald wieder treffen, verspricht Lampard, "weil er eine hohe Qualität besitzt. Wir bringen ihn in die nötigen Positionen, wie nach seiner Einwechslung, und dann wird er ein Tor erzielen."

Immerhin gelingt es Werner tatsächlich immer wieder, sich gut freizulaufen oder die richtigen Wege zu gehen - sodass irgendwann der Knoten platzen könnte. Schon im Dezember aber regte sich Kritik bei Experten wie Chelsea-Fans, weil Werner immer wieder Großchancen ausließ. Besonders in Erinnerung blieb vor allem sein Schuss aus wenigen Metern über die Latte bei Champions-League-Spiel in Rennes nach einem optimalen Zuspiel von Callum Hudson-Odoi, der sowohl beim ehemaligen Leipziger als auch bei seinen Mitspielern Kopfschütteln hinterließ. Gegen Leeds United köpfte Olivier Giroud nach einer Ecke einen Ball Richtung langer Pfosten, der wohl im Netz gezappelt hätte; aber Werner stand etwa einen Meter vor der Torlinie und wollte wohl sichergehen, dass das Spielgerät auch wirklich seinen Weg ins Tor finden würde. Ungelenk und unbedrängt stocherte er die Kugel jedoch wieder aus dem Gefahrenbereich heraus. Die Anhänger der Blues schäumten.

"Fußballschuhe in Leipzig vergessen"

Werner liegt auf der offiziellen Rangliste der vergebenen Großchancen der Premier League auf einem unrühmlichen vierten Platz. Neun dieser Möglichkeiten hat er demnach schon verballert, mehr als doppelt so viele wie die Anzahl seiner Tore in der englischen Liga. Der englische "Guardian" schrieb damals im Dezember: "The Germans have a word for it. They call it chancentod." Immerhin gelangen dem Stürmer neben vier Treffern aber auch fünf Assists in 18 Ligaspielen.

Nichtsdestotrotz entlädtd sich nach dem Fehlschuss vom Wochenende mal wieder Shitstorm über Werner im Netz. "Timo Werners Absturz von RB Leipzig zum FC Chelsea ist unwirklich", schreibt ein Twitter-User. "Werner hat seine Fußballschuhe in Leipzig vergessen", meint ein anderer. Auch Vergleiche mit Blues-Flop Fernando Torres werden laut, der vor genau zehn Jahren sensationell von Liverpool an die Stamford Bridge wechselte. Nachdem dieser für die Reds Tore am Fließband erzielt hatte, enttäuschte er bei Chelsea mit nur 45 Treffern in 172 Spielen.

"Ich vergleiche ihn mit niemandem", sagt Lampard nun aber über Werner. "Jeder ist anders, Torres hatte hier schwierige Zeiten, gewann aber die Champions League." Davon ist der deutsche Nationalspieler noch weit entfernt. In der Königsklasse geht es für ihn im Achtelfinale im Februar gegen Atlético Madrid. Vielleicht läuft es dort ja besser als in der Premier League und der Stürmer schießt sich in Form. Das Gerücht, dass Chelsea im Sommer Erling Haaland unter Vertrag nehmen will, dürfte Werners Selbstbewusstsein aber nicht gerade zusätzlich steigern.

Quelle: ntv.de

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