Fußball

Tuchel rechtfertigt sich Beim FC Bayern türmt sich die Thomas-Müller-Welle auf

Vom Müller-Thema genervt: Thomas Tuchel.

Vom Müller-Thema genervt: Thomas Tuchel.

(Foto: dpa)

Der FC Bayern kann in der Champions League seine Superserie fortsetzen. Doch weil das Duell gegen den FC Kopenhagen sportlich keinen Wert mehr hat, der Gruppensieg ist bereits klar, gewinnt das Thema Thomas Müller Gewicht. Der Trainer rechtfertigt sich.

Thomas Tuchel musste wissen, was ihn erwarten würde, als er am Dienstag zum Mediengespräch erschien. Vor dem Duell gegen den FC Kopenhagen würde es viel weniger um das Spiel gehen, als vielmehr um den Fußballer Thomas Müller. Der ist in diesen Tagen, neben der Diskussionen um die Nationalmannschaft und Bundestrainer Julian Nagelsmann, das dominierende Thema in Fußball-Deutschland. Nicht etwa, weil der 34-Jährige auf dem Feld mal wieder typische Müller-Dinge tut, sondern weil er selten spielt. Am vergangenen Freitag gegen den 1. FC Köln (1:0) zum Beispiel gar nicht. Der Trainer des FC Bayern hatte gänzlich auf Wechsel verzichtet. Das kam durchaus überraschend, weil er zuvor die extreme Belastung der Fußballer vehement beklagt hatte.

In München greift wieder einmal das seltsame Phänomen um sich, dass immer irgendwas ist. Immer irgendwas, das jene Sachen aus dem Fokus rückt, über die sie gerne sprechen würden. Über die Entwicklung der Mannschaft etwa, die defensiv immer stabiler auftritt und auch im Spiel nach vorne erfolgreiche Schritte gegangen ist. "Der Sieg in Dortmund war ein Schlüsselerlebnis", analysierte Tuchel. "Das hat uns Sicherheit und Vertrauen gegeben. Wir verstehen immer besser unseren Rhythmus, wissen immer besser, wie wir die nötige Schnelligkeit ins Spiel bekommen. Automatismen und Abläufe funktionieren immer besser. Das sieht man unserem Spiel an."

Dass nun wieder über Müller und nicht über den dänischen Meister gesprochen wird, ist auch eine Konsequenz der eigenen Erfolge. Denn in der Gruppenphase der Champions League hat der Rekordmeister die Dinge längst für sich geregelt. Nach vier Spielen stehen vier Siege und Platz eins. Es geht für die Bayern sportlich um nix mehr. Zu gewinnen gibt es freilich dennoch was: 2,8 Millionen Euro UEFA-Prämie gibt es pro Sieg für die Münchner, die sich in Europas Königsklasse insgesamt bereits wieder der 100-Millionen-Euro-Marke nähern. Diese Einnahmen vergrößern den Spielraum für vom Trainer dringend gewünschte Transfers im Winter.

"Ich habe ihn gelobt, weil er es verdient hat"

Tuchel weiß das natürlich, will seine Mannschaft aber dennoch nicht aus der Verantwortung lassen, an diesem Mittwoch (21 Uhr, im Liveticker bei ntv.de) eine Topleistung abzurufen. Der Coach sieht seine Spieler gefordert, "auch ohne den Ergebnisdruck dieses Feuer und die Leidenschaft zu bringen." Er weiß aber auch: "Das ist nicht immer leicht mitten im Kampf um die Meisterschaft." Die überragende Serie von 17 Siegen nacheinander in der Gruppenphase aber "beweist, dass wir es können und ist Verpflichtung für uns alle. Es gibt keine Alternative." Ob es eine große Rotation gibt? "Wir haben einen Ergebnislauf, den wollen wir nicht künstlich unterbrechen."

Sicher ist nur (I): Für Jamal Musiala kommt das Spiel nach einem Muskelfaserriss zu früh. Und sicher ist auch (II): Thomas Müller wird "normalerweise spielen, auch von Beginn an." Tuchel fand abermals lobende Worte für den Edelreservisten, er ließ aber auch durchblicken, dass ihn das brennende Thema nervt. Müller wisse, "wie sehr ich ihn wertschätze, er kennt meinen Respekt. Ich habe ihn gelobt, weil er es verdient hat, er ist eine spielende Legende", meinte Tuchel und bekannte: "Ich verstehe die Aufregung, wenn Thomas nicht regelmäßig spielt."

Bereits Ende Oktober hatte der Trainer geahnt, was ihn auf ihn zukommen werde. Nach einigen Spielen ohne Müller in der Startelf verriet er, dass es im Lauf einer Saison immer schwieriger werde, begrenzte Einsatzzeiten für den Nationalspieler zu moderieren. Das sei "etwas ganz Normales. Thomas ist es gewohnt zu spielen, seine Stärke ist es, einen Rhythmus zu entwickeln. Er wird es nie gerne haben und soll es nie gerne haben, auf der Bank zu sitzen. Das geht ein paar Male leichter zu akzeptieren als mehrere Male." Müller nahm und nimmt das klaglos hin. Deshalb, so Tuchel, könne er "Thomas nur das allergrößte Kompliment machen, wie er im Moment trainiert, welche Energie er in die Mannschaft bringt. Das ist sensationell gut und vorbildlich."

"Wenn man die Minuten unters Brennglas legt ..."

Er sah sich nun, wo sich die Welle weiter aufgetürmt hat, aber offenbar genötigt, sich zu rechtfertigen: So hätten sich andere Stars in der Offensive festgespielt. Überdies sei es "das Recht eines jeden Trainers", sich für andere Profis zu entscheiden. So etwa für Eric Maxim Choupo-Moting gegen den 1. FC Köln. Das sei auch eine Frage des Respekts vor dessen Leistung. Und: "Wenn man die Minuten unters Brennglas legt, hilft das weder Thomas noch uns. Die neue Ebene, die dadurch reinkommt, bringt keinem etwas", beklagte er. "Natürlich ist er nicht zufrieden. Er wird trotzdem immer ein besonderer Spieler bleiben." Aber wie lange noch? Das ist derzeit ein großes Thema. Im kommenden Sommer läuft sein Vertrag aus. Beide Seiten sollen daran interessiert sein, die Zusammenarbeit fortzusetzen. Gespräche sollen bald aufgenommen werden. Ein Knackpunkt könnte das Gehalt der Klubikone sein, angeblich sei er nicht bereit auf sonderlich viel Geld zu verzichten.

Ungeachtet dessen sind die Diskussionen um die Zukunft der Ikone längst zu einem Flächenbrand geworden. Die Situation, schrieb Lothar Matthäus in seiner Sky-Kolumne, "sieht nach einem schleichenden Abgang aus." Wie er selbst die Lage bewertet, lässt Müller immer nur anklingen: "Dass es mich ärgert, wenn ich nicht auf dem Platz stehe, ist auch klar", bekannte er zuletzt und schon erklärend hinterher: "Wir haben in der Offensive fast ein Überangebot an Qualitätsspielern. Da muss jeder manchmal schlucken." An seinen Zielen ändert dies freilich nichts. "Ich habe weiter Spaß daran, auf dem Platz zu stehen", sagte der 34-Jährige kürzlich und kündigte an, er wolle "auf jeden Fall über 2024 hinaus ein Jahr weiterspielen". Mit dem großen Traum, Champions-League-Finale "dahoam" 2025. Wird Müllers Plan nun vom Coach durchkreuzt? Müller wisse, behauptete der Coach, "dass er die Chance hat", unter ihm auch wieder Stammspieler zu sein. Seit Wochen deutet wenig bis weniger daraufhin.

Für Gnabry "gilt es zu beißen"

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Ein anderer besonderer Spieler für den FC Bayern, das war in der vergangenen Saison Serge Gnabry. Doch auch der Flügelstürmer ist derzeit eher hintendran, wenn es um viele Einsatzminuten geht. Der Nationalspieler hatte zu Saisonbeginn fünf von sieben möglichen Pflichtspielen von Beginn an bestritten, ehe er im Pokal in Münster (4:0) einen Unterarmbruch erlitt. "Serge war wahnsinnig verlässlich für uns Ende der vergangenen Saison mit seinen Toren und entscheidenden Situationen, er hat uns in jedem Spiel getragen", sagte Tuchel. "Dann hat er eine sehr starke Vorbereitung gespielt, sich aber leider sehr früh verletzt."

Auf seinem Weg zurück in die erste Elf beim Rekordmeister bekommt er von Tuchel noch klare Botschaften mit: "Jetzt gilt es zu beißen, sich über die Sachen, die ihn stark machen, Sicherheit zu holen." Sollte dies gelingen, "dann kommt er wieder auf das Niveau, das er von sich erwartet und wir gewohnt sind", prophezeite Tuchel und betonte: "Wir wissen um seine Wichtigkeit. Dass er ein sensationell guter Typ ist, ist eh klar." Einer, wie Müller.

Quelle: ntv.de, tno

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