Revolutionieren oder abschaffen? VAR in der Krise: Trainer machen klare Ansagen
05.11.2022, 14:06 Uhr
Ein Zeichen, das die Gemüter regelmäßig erhitzt.
(Foto: IMAGO/Sven Simon)
Jochen Drees sieht eine Negativentwicklung beim Videobeweis in der Bundesliga und zeigt sich offen für Veränderungen. Dazu kann auch die sogenannte Trainer-Challenge gehören. Julian Nagelsmann würde das begrüßen. VAR-Projektleiter Drees warnt dabei aber vor einer großen Schwäche.
Bayern-Trainer Julian Nagelsmann würde sich bei der Umsetzung des Videobeweises in der Fußball-Bundesliga insbesondere zwei Verbesserungen wünschen. Der Schiedsrichter auf dem Platz sollte für ihn generell stets die "Hoheit" bei den Entscheidungen haben. Und die Überprüfung von strittigen Szenen wie korrektes Tor, möglicher Elfmeter oder Platzverweis müsste aus seiner Sicht grundsätzlich schneller erfolgen. "Ich finde generell, wenn es klare Situationen sind, die der Schiedsrichter auch sehen kann, dann sollte der Schiedsrichter auch auf sich vertrauen, entscheiden und weiterhin die Hoheit haben", sagte Nagelsmann.
Bei Interventionen des Video-Assistenten müsse aus seiner Sicht "die Bildschirmzeit reduziert werden, weil da jeder nervös wird und auch der Rhythmus von einem Spiel total gebrochen wird", betonte Nagelsmann: "Wenn man sich so eine Situation zweieinhalb Minuten lang anschaut, ist das zu lang. Dann ist es einfach auch nicht klar, wenn du 17 Wiederholungen brauchst", argumentierte der Bayern-Trainer. Zuletzt hatte es in der Bundesliga vermehrt krasse Fehlentscheidungen gegeben, die für viel Kritik am Videobeweis gesorgt haben und Zweifel an der Zusammenarbeit zwischen Schiedsrichter und Video-Assistent in Köln aufwarfen. So etwa am Freitagabend beim Duell zwischen Borussia Mönchengladbach und dem VfB Stuttgart.
"Ich bin immer ein Freund von Neuerungen"
"Generell finde ich den Videobeweis gut", sagte Nagelsmann. Für den 35-Jährigen bringt der Einsatz der Technik "ein bisschen mehr Fairness" ins Spiel und reduziert zugleich den Druck auf die Schiedsrichter. "Ich hätte auch nichts gegen eine Challenge beim Trainer, weil du dann mehr Verantwortung hättest und der Schiedsrichter entlastet würde." Der VAR käme dann nur noch auf Wunsch eines Trainers zum Einsatz. Jedes Team könnte dabei pro Spielhälfte eine gewisse Anzahl von Überprüfungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden.
Frankfurts Trainer Oliver Glasner hatte sich klar dafür ausgesprochen: "Ich bin immer ein Freund von Neuerungen. Und es ist wichtig, zu sehen, was man optimieren kann. Wenn ich wie im Football eine Rote Flagge werfen dürfte, fände ich das gut." Leipzigs Coach Marco Rose warf dagegen eine Rückkehr zu den Wurzeln in die Debatte. Falsche Entscheidungen sollen akzeptiert werden - was machbar wäre, "weil es jetzt ja auch viele gibt".
VAR-Projektleiter Jochen Drees hat sich vergangene Woche bereits offen für Veränderungen gezeigt. So sind Trainer-Challenges für den 52-Jährigen "durchaus denkbar", wie er im "kicker"-Format "Was geht, Bundesliga?" erklärte. Drees betont aber: "Das hieße aber dann, wenn die Mannschaft keine Challenge mehr hat, dass eventuell trotzdem eine klare Fehlentscheidung nicht mehr korrigiert werden würde."
FIFA positioniert sich gegen Challenge
Dies sehe er "als Schwäche, auch damit könnte man nicht alles ausmerzen". Außerdem müsse die Liga "die Verantwortlichen der FIFA mit ins Boot holen", diese hätten laut Drees "eine klare Ablehnung hinsichtlich der Challenge-Möglichkeit". Man könne "als Deutsche nicht sagen, wir machen das jetzt einfach mal", aus seiner Sicht wäre es jedoch "durchaus zu überlegen, ob das nicht mal einen Versuch wert ist".
Mit Blick auf den Saisonverlauf sei er insgesamt "nicht zufrieden", sagte Drees: "Es sind viele Fehler passiert, die wir in den letzten Jahren nicht hatten." Mit der "sehr prominenten Fehlentscheidung" bei Eintracht Frankfurts Heimspiel gegen Borussia Dortmund (1:2) sei besonders das vergangene Wochenende "sehr turbulent" gewesen. Der Wert des VAR sei für Drees jedoch "greifbar", betonte er: "Stand jetzt haben wir nahezu 50 korrigierte Fehlentscheidungen."
Quelle: ntv.de, tno/dpa/sid