Fußball

Der große Coup von Leverkusen Xabi Alonso setzt den FC Bayern und Liverpool unter Stress

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Vor den entscheidenden Wochen hat der international umworbene Xabi Alonso seine Entscheidung verkündet, als Trainer bei Bayer Leverkusen bleiben zu wollen. Der FC Bayern und der FC Liverpool haben das Nachsehen. Aus Bayer-Sicht läuft damit alles perfekt.

In Leverkusen waren sie öffentlich die ganze Zeit entspannt. Die Aufregung um Trainer Xabi Alonso kochten sie regelmäßig souverän runter. Doch so recht mochte man abseits des Bayerkreuz dem Braten nicht trauen. Dass der spanische Coach wirklich bei Bayer bleiben würde, über diesen Sommer hinaus, das wirkte längst nicht so in Stein gemeißelt, wie die Bosse vermitteln wollten. Sportlich gab und gibt es freilich wenige Gründe, die Alonso von seinem aktuellen Arbeitgeber, dem enteilten Tabellenführer der Fußball-Bundesliga mit Titelchancen im Pokal und der Europa League, wegtreiben würden, dafür aber große Avancen - denen er nun nicht erliegt.

"Ich bin hier am richtigen Ort. Ich bleibe bei Bayer 04", sagte er. Dieses Mal auf Englisch statt wie gewöhnlich auf Deutsch. Auch für den Trainer war das offenbar ein emotionaler Tag. Die internationale Pause jetzt sei ein guter Zeitpunkt gewesen, um etwas zu reflektieren und eine Entscheidung zu treffen. "Ich spüre, dass mein Job hier noch nicht zu Ende ist", sagte der Baske und erklärte: "Ich will hier weiter wachsen." Dabei ist Alonso binnen anderthalb Jahren als Trainer schon so groß geworden, dass die Top-Konkurrenz das Nachsehen hat.

Internationaler Trainermarkt seit Wochen in Wallung

Ein kleines bisschen hatte sich in den vergangenen Tagen angedeutet, was an diesem Freitag offiziell wurde. Der Trainer der Unschlagbaren von Bayer Leverkusen heißt auch in der kommenden Saison Xabi Alonso. Bayerns Ehrenpräsident Uli Hoeneß hatte am Tag zuvor erklärt, dass es für seinen Klub quasi unmöglich sei, den Trainer zu holen. Für die nun verkündete Entscheidung musste auf vertraglichem Wege gar nichts passieren, denn das Arbeitspapier war ohnehin bis 2026 gültig. Aber weil der internationale Trainermarkt seit Wochen in Wallung und den schwersten Eruptionen seit vielen Jahren ausgesetzt ist, waren die Gerüchte immer lauter und immer heißer geworden - Unruhe in der aufregenden Saisonendphase inklusive.

Zwischendurch schien (abseits des Bayerkreuz) klar, dass Alonso entweder zum FC Bayern wechseln würde, wo ein Nachfolger von Thomas Tuchel händeringend gesucht wird, oder aber zum FC Liverpool geht, um dort das emotional und sportlich schwierige Erbe von Jürgen Klopp anzutreten. Bei beiden Klubs hatte er als Stratege große Spuren hinterlassen und ist bis heute ein Mensch, für den die Anhänger und Bosse schwärmen. Dritter im Bunde (der Ex-Klubs mit großer Liebe) war Real Madrid, weil dort aber der ewige Heldenfußballcoach Carlo Ancelotti noch ein bisschen weitermachen möchte, war die Option schnell vom Tisch. Die Königlichen, so heißt es, sind aber eine große Sehnsucht des 42-jährigen Alonso.

Die Topklubs geraten unter Druck

Womöglich erfüllt sie sich 2026, dann laufen die Arbeitspapiere von Ancelotti und Alonso aus, das wäre dann ein passendes Match. Aber mit solchen Szenarien will er sich nicht beschäftigen. Eine entsprechende Frage, ob er denn nun ein oder doch noch zwei Jahre in Leverkusen bleiben wird, räumte er höflich ab. Alles geklärt, für den Spanier. Und für den Klub, der weiter auf die perfekte Saison zurast. In dieser Spielzeit ging noch kein Spiel verloren, weder in der Liga, noch im Pokal und auch nicht in der Europa League. Das kleine Triple ist möglich. Das gab es in Leverkusen noch nie. Und nun kann Bayer den Weg ohne Störgeräusche weitergehen. Voller Fokus auf den Spielbetrieb.

Von Alonso ist das ein bemerkenswertes Zeichen. Nicht nur, weil er den Verlockungen der Topklubs widersteht, sondern auch, weil er diese Spielzeit wohl kaum toppen kann. Klar, Bayer rückt wieder in die Champions League hoch und damit auf die größte Bühne im europäischen Fußball. Alonso kann dann seine Qualitäten auch auf dem höchsten Niveau nachweisen und sich mit den Teams der potenziellen Arbeitgeber der Zukunft messen - und sie womöglich ärgern. Wie er es national mit Ex-Klub FC Bayern tut, die nun bei der Trainersuche noch stärker unter Druck geraten. Ralf Rangnick taucht plötzlich als Topkandidat ab. Aber ob er auch in der Bundesliga nochmal auf einen so angeschlagenen Serienmeister trifft? Und ob sich die Bundesliga-Konkurrenz im Pokal erneut zahlreich und frühzeitig verabschiedet? Eher unwahrscheinlich. Gerade ist Alonso zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Auch für seine Bayer-Spieler, von denen zahlreiche unter ihm noch einmal deutliche Leistungssprünge machten, dürfte diese Entscheidung wegweisend sein. Gleich acht Fußballer führte der spanische Supercoach in dieser Saison erstmals in den Kader ihrer Nationalmannschaften. So auch den schon 28 Jahre alten Spanier Alejandro Grimaldo oder den sogar noch ein Jahr älteren Robert Andrich, der sich zur bissigen Topoption an der Seite von Rückkehrer Toni Kroos gemausert hat. "Die Spieler selbst haben mir so viele Gründe geliefert. Die Entwicklung des Teams verläuft parallel zu der von mir als Trainer", befand Alonso voller Dankbarkeit.

FC Bayern sucht schnelle Klarheit

Im Titelkampf hat der Tabellenführer mit diesem Tag wieder Ruhe in die eigenen Reihen bekommen, während der punktemäßig abgehängte Verfolger weiter Nebenschauplätze hat, die mindestens mal die Planungen für die kommende Saison erschweren. So hatte der neue Sportboss Max Eberl angedeutet, dass Kaderfragen natürlich von der Trainerentscheidung abhängig sind. Er wünscht sich, im April Klarheit zu bekommen. Ohne sich treiben zu lassen. Der Rekordmeister sehnt sich nach (zu) vielen Rotationen auf der Trainerposition nach Stabilität.

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Aber Alonso geht mit seinem Bekenntnis auch einen kleinen Weg des Risikos. Viele Spieler haben sich in dieser Saison ins Schaufenster gestellt. Nationalspieler Florian Wirtz etwa, der aber laut seines Vaters und Beraters bleiben wird, Jeremie Frimpong, Viktor Boniface oder aber der überragende Grimaldo. Sie sind längst nicht die einzigen, die Interesse geweckt haben, beim FC Bayern (Frimpong angeblich) und auch bei den finanzstarken Klubs aus dem Ausland. Wer alles bleiben wird? Unklar. Ebenso, ob Leverkusen noch einmal so ein sensationeller Transfersommer gelingen kann, als jede große Entscheidung ein Volltreffer war, mit eben Boniface, Grimaldo oder auch Granit Xhaka, der das Mittelfeld mit Robustheit, Spielintelligenz und Mentalität beherrscht.

Aber was wäre die Alternative gewesen? In das unruhige Fahrwasser in München zu geraten, um dort womöglich auch schnell verschlissen zu werden, wie seine prominenten Vorgänger Julian Nagelsmann und Tuchel. Oder aber in Liverpool in die gigantischen Fußstapfen von Klopp zu treten, der mit seiner Art, seinen Erfolgen und seinem Fußball zu einem Klubheiligen geworden ist? Alonso hat alles richtig gemacht, zum perfekten Zeitpunkt.

Quelle: ntv.de

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