
Seine aktive Karriere absolvierte Vogts ausschließlich für Borussia Mönchengladbach und ist mit 419 Bundesliga-Einsätzen Rekordspieler.
Heute feiert Berti Vogts seinen 75. Geburtstag. Er ist einer der erfolgreichsten Spieler, die es je in Deutschland gegeben hat. Und auch als Trainer der deutschen Nationalmannschaft holte er 1996 den Europameister-Titel. Doch trotz all dieser Triumphe stand sich Vogts in seinem Leben häufig selbst im Wege.
Berti Vogts selbst wusste schon immer um die speziellen Schwierigkeiten, die andere mit ihm hatten: "Wenn ich übers Wasser laufe, dann sagen meine Kritiker: 'Nicht mal schwimmen kann er.'" Ein Satz, der so viel über das außerordentliche Leben des Mannes vom Niederrhein aussagt wie kaum ein anderer. Vogts hat einen bewundernswerten wie faszinierenden Werdegang hinter sich und doch hat er sich selbst mit seiner besonderen Art vielfach um den verdienten Lohn seiner Arbeit gebracht. Denn Sätze wie dieser - "Meine Kritiker mögen ja alle recht haben; ich glaube trotzdem, dass ich etwas Rechter habe" - bewirkten am Ende immer genau das Gegenteil von dem, was sich der mehrmalige Gladbacher Meisterspieler von seinen originell spitzfindigen Äußerungen eigentlich erhofft hatte. Denn Berti Vogts hatte auch immer das Talent anzuecken.
So war Kölns Bernd Cullmann überhaupt nicht von Vogts' Umgangston bei der WM 1978 in Argentinien angetan: "Der glaubt, durch sein Geschrei zur Persönlichkeit zu werden." Und Klaus Toppmöller zeichnete sich ohnehin nie dadurch aus, dass er ein ausgesprochener Berti-Fan war: "Wenn ich so Fußball gespielt hätte wie Berti Vogts, so als reiner Wadenbeißer, dann hätte ich mit 18 Jahren meine Fußballschuhe verbrannt." Und selbst ein seriöser TV-Moderator wie Erich Böhme konnte nur begrenzt mit ihm etwas anfangen: "Ich halte Vogts für einen Pflichtklopper. Wenn der nur ein Bein hätte, würde er weiterlaufen."
Doch einen echten Anhänger hatte Berti Vogts von Anfang an. Gladbachs legendärer Coach Hennes Weisweiler liebte seinen Musterschüler. Und das kam nicht von ungefähr. Denn im Trainingslager zog der kleine Berti stets voll mit und war im Gegensatz zu seinen Mannschaftskameraden der Einzige, der die Übungen schweißfrei absolvierte. Weisweiler lobte ihn in den allerhöchsten Tönen: "Kein Wunder. Der besteht ja nur aus Muskeln. Musterbeispiel dafür, was man sich alles erarbeiten kann. Wenn ich daran denke, wie er mich vor drei Jahren, als wir grad in die Bundesliga gekommen waren, jeden Morgen weinerlich fragte: 'Gegen wen muss ich denn am nächsten Samstag spielen? Ist der schnell?' Und wenn ich antwortete: 'Ja, der Nafziger ist schnell', dann bat Vogts sofort um einen neuen 100-Meter-Lauf, um sich von 11,9 auf 11,8 zu verbessern. So einer ist das. Ein hundertprozentiger Profi!"
Der literarische Erguss des Berti Vogts
Seine Sternstunde erlebte Vogts im Finale der WM 1974 im Münchener Olympiastadion. Bereits nach sieben Minuten bat ihn sein Gegenspieler Johan Cruyff: "Spiel Fußball, hau doch nicht immer auf die Knochen." Und Vogts antwortete: "Tut mir leid. Anders kann ich dich doch nicht halten!" Hinterher war die Weltpresse voll des Lobes. "Tuttosport" meinte: "Er dreht Cruyff das Wasser ab und alle Tulpen neigten die Köpfe." Und das schwedische "Aftonbladet": "Der lebende Rasenmäher Vogts schaffte das Unmögliche und brachte Cruyff aus dem Gleichgewicht." Der aus Büttgen stammende "Terrier" staunte nach dem Finale selbst am meisten über diesen Erfolg: "Ich kann den Ball keine dreimal hochhalten, aber ich bin Weltmeister."
Die WM in Deutschland war aber ohnehin ein einziger Glücksfall für Berti Vogts: "Nach dem Spiel Deutschland gegen Polen bei der WM 1974 saßen wir am Flughafen. Ich war unansprechbar, hatte Schmerzen in der Leiste. Da kam eine nette blonde Stewardess: 'Herr Vogts, essen Sie doch eine Kleinigkeit.' Ich antwortete recht grob: 'Ich möchte meine Ruhe haben.' Und - aß dennoch ein wenig. Wir tauschten die Telefonnummern aus. Ein paar Wochen später trafen wir uns. Es war ein vernünftiges Treffen." Aus diesem "vernünftigen Treffen" wurde eine Ehe.
Nach der WM 1990 wurde Berti Vogts der Nachfolger von Franz Beckenbauer. Doch anfangs stimmte die Chemie zwischen dem Trainer und der Mannschaft ganz und gar nicht. Thomas Berthold meinte: "Berti ist zu verbissen. Selbst unser Torwart-Trainer Sepp Maier macht keine Witze mehr." Dafür lachte kurze Zeit später ganz Deutschland über einen skurrilen Auftritt des Bundestrainers. Passend zur Weihnachtszeit 1993 überraschte Berti Vogts auf einer Pressekonferenz die versammelte Journalisten-Schar mit einem literarischen Erguss der besonderen Art. Mit weihevoller Stimme trug er vor: "Ein bisschen mehr Freude und weniger Streit, ein bisschen mehr Güte und weniger Neid, ein bisschen mehr Liebe und weniger Hass, ein bisschen mehr Wahrheit, das wäre doch was."
"Bitte nennt mich Berti McVogts"
Kurz nach der Veröffentlichung dieser Zeilen meldeten sich die ersten Zeitungsleser und erzählten erstaunt, dass sie dieses Gedicht in ihrer Jugend schon einmal gehört hätten. Und tatsächlich hatte Peter Rosegger (1843 - 1918), wie "Der Spiegel" berichtete, bereits 1891 sehr ähnliche Verse verfasst. In Roseggers Version hieß es nur "Friede" statt "Freude" und das "doch" am Ende gab es nicht. "Der Spiegel" schrieb süffisant: "Vogts schützt nun eine Bildungslücke vor. 'Ich bin doch nicht so blöd und kupfere fremde Texte ab', ließ er den 'Express' wissen. Er habe nur seine 'eigenen Gedanken aufgezeichnet. Rosegger kannte ich gar nicht'."
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Das Talent, kein Fettnäpfchen auszulassen, scheint dem ehemaligen Weltklasse-Verteidiger jedoch leider in die Wiege gelegt worden zu sein. Eine Geschichte ist dabei so symptomatisch wie kaum eine andere. Denn sie zeigt, wie sich Berti Vogts nicht selten völlig ohne Not selbst in unmögliche Situationen manövrierte. Als schottischer Nationaltrainer ("Bitte nennt mich Berti McVogts, wenn wir gegen Deutschland spielen") trat sein Team gegen seine ehemalige Mannschaft an, die er 1996 zum Europameistertitel geführt hatte. Aufgrund seiner vermeintlich nicht so ausgereiften Englischkenntnisse wollte er sich vor der deutschen Presse keine Blöße geben und veranstaltete zwei separate Termine: Eine PK für die Schotten und eine für die Deutschen.
Als die deutsche zu Ende war, bat man die Pressevertreter in einen Nebenraum, damit sie ja nicht mitbekamen, wie Vogts Englisch redete. Manni Breuckmann war damals dabei und berichtete später: "Wir kamen in einen großen Saal - und was stand da? Ein Fernseher. Und auf diesem wurde live im TV die Pressekonferenz aus dem Nebenraum gezeigt!"
Berti Vogts hat einmal gesagt: "Wenn der Franz in einen Raum kommt, ist es hell. Wenn ich komme, muss ich erst einmal den Lichtschalter suchen." Das ist der eine Teil der Wahrheit seines Lebens. Den anderen Teil, den Vogts vermutlich nie richtig angenommen hat, hat Toni Schumacher einmal so treffend umschrieben: "Einer wie Berti kann dem einzelnen Spieler noch etwas Neues beibringen, weil er es ja einst selbst hat lernen müssen - im Gegensatz zum Franz. Heute feiert der Weltmeister von 1974 und Europameister von 1972 und 1996 seinen 75. Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch, alles Gute und Glück auf, lieber Berti Vogts!
Quelle: ntv.de