Redelings Nachspielzeit

"Die Elefanten im Raum" Watzke droht der BVB zu entgleiten wie Hoeneß einst die Bayern

Hoeneß, Watzke und der Sommer. Ein Bild aus dem August

Hoeneß, Watzke und der Sommer. Ein Bild aus dem August

(Foto: imago sportfotodienst)

Die letzten Monate seiner Amtszeit hätte sich Aki Watzke sicherlich entspannter vorgestellt. Doch der Ende des Jahres scheidende BVB-Geschäftsführer sieht sein sportliches Erbe aktuell in Gefahr. Das erinnert alles fatal an die (gescheiterte) Machtübergabe des Uli Hoeneß bei den Bayern.

Es sind ohne Zweifel wilde Zeiten, die der BVB gerade er- bzw. durchlebt. Während es in der aktuellen ZDF-Doku "FC Hollywood - der FC Bayern und die verrückten 90er" wie in einer bayrischen Ausgabe der US-amerikanischen Erfolgsformate "Denver" und "Dallas" zugeht, erinnert das unterhaltsame Treiben bei Borussia Dortmund aktuell eher an die mittlerweile eingestellte ARD-Sonntagsabend-Serie "Lindenstraße". Dort hatte die alte Hausmeister-Gattin Else Kling das wirre und verwirrende Treiben der Hausgemeinschaft stets mit den legendären und unvergesslichen Worten "Sodom und Gomera" umschrieben. Der BVB und seine Fans werden es nicht gerne hören, aber der mehrfache deutsche Meister liefert momentan Entertainment pur - allerdings auf einem sehr provinziell anmutenden Niveau.

ANZEIGE
Ein Tor würde dem Spiel guttun: Das ultimative Buch der Fussball-Wahrheiten
2
16,90 €
Zum Angebot bei amazon.de

Dass der aktuelle Unterhaltungswert des eigenen Vereins bei den eigenen Anhängern natürlich nicht so gut ankommt, ist verständlich. Und so präsentierten am Samstag die Ultras der Borussia ein Plakat, auf dem stand: "Die Elefanten im Raum ansprechen … die Probleme stehen nicht an der Seitenlinie!" Die Aussage der BVB-Fans war klar, auch wenn sie keine konkreten Namen nannten. Doch der berühmte Elefant im Raum ist die Ansammlung von Vereinsangestellten, Experten und Beratern, die in der regelmäßig einberufenen "Elefantenrunde" zusammenkommen, schon längst nicht mehr.

Es wird nur in diesen turbulenten wie sportlich so schmerzhaften Zeiten für die Borussia endgültig klar, dass der erste Versuch von Aki Watzke, den Verein für den Moment, an dem er selbst vom Posten des Geschäftsführers zurücktritt, fit zu machen, ganz offensichtlich gescheitert ist. Wieder einmal hat sich das alte Sprichwort - "Zu viele Köche verderben den Brei" - bewahrheitet.

BVB erinnert fatal an den FC Bayern ca. 2022/2023

Das wird auch Aki Watzke mittlerweile klar geworden sein. Doch wie er aus diesem Dilemma wieder herausfinden soll, wird der über zwanzig Jahre lang so starke Mann des BVB aktuell wohl nicht (mehr) wissen. Mit Lars Ricken, Sebastian Kehl, Sven Mislintat und dem externen Berater Matthias Sammer hatte sich Aki Watzke augenscheinlich erhofft, geballte sportliche Kompetenz für den Klub zu sichern. Dieser Versuch ist - nicht nur, wenn man den Worten der BVB-Fans folgen will - gescheitert. Es werden in den nächsten Tagen und Wochen Entscheidungen von Aki Watzke nötig sein, die (menschlich) wehtun werden, aber alternativlos sind. Ob sie allerdings das wahre Problem der offensichtlichen Führungslosigkeit lösen werden, bleibt abzuwarten.

Zum Autor

Denn momentan scheint es auch so, dass der Borussia die eine starke Persönlichkeit fehlt, die intern wie nach außen entschieden vorangeht und den Klub geschlossen in den Medien vertritt. Der BVB dieser Tage offenbart hingegen ein Bild der kompletten Zerrissenheit - und erinnert damit fatal an den FC Bayern unter Oliver Kahn und Hasan Salihamidžić. Es war damals beim Rekordmeister ebenfalls der erste Versuch von Uli Hoeneß (und Karl-Heinz Rummenigge) den FC Bayern München für die Zeit nach einer Ära neu aufzustellen. Und auch dieser Versuch, das würde Uli Hoeneß wohl heute selbst zugeben, ist krachend gescheitert. Was allerdings auch keine Schande ist, wenn man nach so vielen Jahren ein großes Erbe probiert, in neue Hände zu geben.

Was Watzke massiv ärgern dürfte

So unterhaltsam der westfälische Komödienstadl in Dortmund für die Fußball-Öffentlichkeit gerade auch sein mag, der BVB steht vor herausfordernden Wochen und Monaten. Denn die Frage, wer diese eine Person, wie sie beim FC Bayern München ganz offensichtlich aktuell Max Eberl ist, sein kann, ist unendlich schwierig zu beantworten.

Mehr zum Thema

Nicht umsonst kursiert mittlerweile gefühlt seit Jahren rund ums Westfalenstadion der Name Markus Krösche. Doch neben dem Problem, diese eine Person zu finden, stellt sich zudem die Frage: Wie kann man die bisherigen Strukturen ohne allzu große Kollateralschäden wieder auflösen?

Diese beiden Fragen werden Aki Watzke - neben dem sportlich herausfordernden Alltag - bis zu seinem eigenen Abgang verfolgen. Von den "Elefanten im Raum" wird sich Borussia Dortmund in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten verabschieden (müssen). Schon jetzt ist also klar: Die Suche nach einem neuen Trainer wird nur kurzfristig das Hauptproblem des BVB sein. Ohne einen radikalen Neuanfang wird der Abschied von Aki Watzke kein schöner sein. So oder so. Momentan hat er das Heft des Handels noch in seiner Hand. Und es wird ihn nicht glücklicher machen, zu wissen, dass Uli Hoeneß diesen letzten Schritt scheinbar (im zweiten Versuch) erfolgreich gemeistert hat.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen