Redelings Nachspielzeit

Erinnerungen werden wach Der dramatisch angezählte BVB fürchtet den finalen Absturz

Man mag kaum hinsehen.

Man mag kaum hinsehen.

(Foto: IMAGO/Steinbrenner)

Für Borussia Dortmund steht in der Champions League beim FC Bologna deutlich mehr auf dem Spiel als nur die Frage, ob es mit Trainer Nuri Sahin weitergeht. Sollte der BVB auch in Italien verlieren, könnte sich eine Kettenreaktion in Gang setzen, die nur schwer zu kontrollieren sein dürfte.

Die Verantwortlichen des BVB saßen an diesem 27. August 2003 "aschfahl" auf der Tribüne, wie es heute noch auf der Seite von Borussia Dortmund steht. Es war damals der Abend des finalen Showdowns. Durch ein überraschendes wie katastrophales Unentschieden am letzten Spieltag der Saison 2002/2003 zu Hause gegen das bereits als Bundesliga-Absteiger feststehende Team von Energie Cottbus hatte die - mit Millionensummen zusammengekaufte - BVB-Mannschaft die direkte Qualifikation zur Champions League verspielt.

Nun musste man gegen Brügge um den Einzug in den Wettbewerb der Königsklasse kämpfen - und verlor nach zwei Spielen dramatisch knapp im Elfmeterschießen. Es sollte der Anfang vom Ende eines wilden Ritts des frisch börsennotierten Unternehmens sein. Nicht einmal zwei Jahre später rettete erst ein Sanierungsplan den Verein vor der Insolvenz.

Dieser 27. August 2003 steht beim Klub vom Borsigplatz immer noch für den Inbegriff des Schreckens einer irritierend schlechten und komplett verfehlten Vereinspolitik. Denn nur ein Jahr nach dem Gewinn der deutschen Meisterschaft wurde Schritt für Schritt klar, dass der BVB finanziell desolat aufgestellt war und plötzlich ums nackte Überleben kämpfen musste. Dass es damals überhaupt so weit kommen konnte, damit hatte nach dem Börsengang im Oktober 2000 kein Fan und die allerwenigsten Beobachter der Borussia gerechnet.

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Doch das Verfehlen der Qualifikation der Champions League zog eine Kettenreaktion nach sich, die irgendwann nicht mehr aufzuhalten war. Denn man hatte sich beim BVB damals nicht nur finanziell total verschätzt - sondern auch sportlich eine Reihe von gravierenden Fehlentscheidungen getroffen.

Nicht nur Nuri Sahin kämpft um seinen Job

Auch wenn die Lage aus den Anfängen des neuen Jahrtausends in so vielen Punkten nicht mit heute zu vergleichen ist, ist es dennoch nicht überraschend, dass ältere Anhänger von Borussia Dortmund in diesen aktuell so schweren Tagen für den BVB sich an damals erinnern. Möglicherweise ist es das Gefühl, dass eine Verkettung von falschen Entscheidungen einen Klub plötzlich in eine Situation bringen kann, die nur noch schwer zu händeln ist. Denn sollte die Borussia auch beim FC Bologna nicht gewinnen oder wenigstens mit einem Achtungserfolg verdient einen Punkt aus dem Stadio Renato Dall'Ara entführen, dürfte es das für Trainer Nuri Sahin gewesen sein. Und möglicherweise nicht nur für ihn!

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Denn dass auch Sportdirektor Sebastian Kehl mehr als angezählt ist, ist in Dortmund längst kein Geheimnis mehr. In der Kritik steht dabei vor allem seine irritierende Transferpolitik, die in mehrfacher Hinsicht eine Abkehr von den früheren Zielen und Handlungsweisen der Borussia offenbart. BVB-Kenner Corni Küpper sagte dazu am Wochenende im "Doppelpass" völlig zurecht: "Seit einigen Jahren benimmt sich Borussia Dortmund wie ein 13-Jähriger beim Fußballmanager. Die gucken nur noch, wer hat in der letzten Saison gut gespielt in der Bundesliga und schlagen dann zu. Das, was Borussia Dortmund auf dem Transfermarkt gemacht hat, das können wir alle hier in der Runde auch."

So sucht man Werte, die der BVB mit Ausnahmekönnern wie Ousmane Dembélé, Jude Bellingham oder Erling Haaland in den letzten Jahren völlig bewusst und gezielt geschaffen hat, im aktuellen Kader (fast) vergeblich. Das könnte sich - im dramatischsten aller Fälle - bei einer Nicht-Qualifikation zur Champions League für die kommende Saison noch fatal auswirken.

Wie groß sind die Parallelen zu Manchester United und Hertha BSC?

Als Aki Watzke im Februar 2005 zum Geschäftsführer des BVB wurde, kannte er als ehemaliger Schatzmeister des Vereins genau die Lage des Klubs - finanziell wie auch sportlich. Nun steht der Verein, nach Watzkes Ankündigung zum Ende des Jahres seinen Posten aufgeben zu wollen, vor einem echten Neubeginn. Doch schon die ersten Entscheidungen für die Zukunft ohne Watzke können nach dem Ausscheiden von Sportdirektor Michael Zorc im Sommer 2022 nicht gerade als glücklich bezeichnet werden.

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Es scheint so, dass Borussia Dortmund neben all den akuten Problemen auf dem grünen Rasen auch intern massive Schwierigkeiten hat, an die großen Erfolge früherer Jahre anzuknüpfen. Der Übergang gestaltet sich - ähnlich wie beim FC Bayern unter Oliver Kahn und Hasan Salihamidžić - schwierig. Der schleichende Niedergang erinnert Beobachter dabei sogar bereits an Klubs wie Manchester United oder Hertha BSC. Eine gefährliche Entwicklung, die noch lange nicht abgeschlossen zu sein scheint.

In Bologna geht es für den BVB am Dienstag in der Champions League noch nicht um alles. Aber sollte das Spiel in Italien schiefgehen, wird in Dortmund ein Prozess in Gang gesetzt werden, der gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wird. Es droht am Dienstag nicht mehr und nicht weniger als der finale Absturz. Man wird sehen, ob der 21. Januar 2025 irgendwann einmal in den Geschichtsbüchern des BVB einen Platz einnehmen wird - wie der 27. August 2003. Doch dabei darf man eine Sache nicht vergessen: Dieses Datum war bei aller damaligen Dramatik auch der notwendige Wendepunkt zu einer guten Zukunft von Borussia Dortmund!

Quelle: ntv.de

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