Seeminen, Granaten, Torpedoköpfe Giftige Altmunition vermüllt die Meere
30.04.2018, 20:06 Uhr
Spezialisten der Marine sprengen 2010 auf der Ostsee vor Eckernförde eine Mine.
(Foto: picture alliance / dpa)
Über viele Jahrzehnte hat der Mensch Unmengen an Munition im Meer versenkt - und sie dort der Korrosion überlassen. Forscher warnen nun davor, dass aus der Altmunition giftige Chemikalien austreten könnten. Sie fürchten um die Balance der Ökosysteme.
Auf dem Grund der Meere liegen große Mengen alter Munition und rosten vor sich hin: Forschern zufolge gibt es bislang aber erhebliche Wissenslücken über die Auswirkungen auf die Ökosysteme. Sind die Hüllen erst beschädigt, können die Sprengstoffe giftige und krebserregende Substanzen abgeben, wie das Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel (GEOMAR) mitteilte.
Ein großer Teil der Munition - wie Seeminen, Luftbomben, Torpedoköpfe oder Granaten - liegt bereits seit mehr als 70 Jahren im Wasser. Allein die Küstengewässer von Nord- und Ostsee sind mit mehr als einer Million Tonnen intakter und korrodierender Munition übersät. Die Munitionsstücke liegen am Meeresboden, teils in regelrechten Haufen, wenn sie nach den Kriegen absichtlich entsorgt wurden, teils liegen sie verstreut.
Das Problem betrifft aber alle Meere. "Es handelt sich tatsächlich um ein globales Problem, da Küstenregionen fast aller Kontinente von Unterwassermunition betroffen sind", erklärte Studienautor Aaron Beck vom Helmholtz-Zentrum. Gleichwohl habe das Thema bislang überraschend wenig Aufmerksamkeit erhalten. Oft werde nach dem Motto verfahren "Aus den Augen, aus dem Sinn", warnte Beck. Dabei gebe es immer wieder Unglücksfälle mit Fischern oder mit Spaziergängern am Strand.
Gleichzeitig nehme der Schiffsverkehr zu, zudem steige die Zahl der Pipelines, Offshore-Windparks oder Aquakulturanlagen. Daher werde es immer dringlicher, mehr Informationen über Munition im Meer zu sammeln.
Munition muss beseitigt werden
Aufgrund der jahrzehntelangen Lagerung im Meer zeigen demnach viele Metallgehäuse mittlerweile starke Korrosion. Beschädigungen sorgen dafür, dass der Sprengstoff im Inneren freiliegt und Chemikalien an das umgebende Wasser abgeben kann. Explosive Verbindungen sind zwar nur schlecht in Wasser löslich, aber sie enthalten giftige und krebserregende Chemikalien. Diese Prozesse seien "entscheidend für eine Abschätzung, wie Altmunition die Meeresökosysteme beeinflussen kann", erklärte Beck.
In einer Überblicks-Studie, die in der Fachzeitschrift "Frontiers in Marine Science" veröffentlicht wurde, haben die Forscher daher die Erkenntnisse zu Unterwassermunition und zu ökologischen Auswirkungen zusammengetragen. Ziel müsse es sein, die Munition irgendwann auch zu beseitigen - auch wenn dies eine "Mammutaufgabe" sei, wie die Forscher einräumen.
Quelle: ntv.de, jug/AFP