Ketokörper in der Flasche Schneller durch Moleküle im Getränk?
29.07.2016, 08:57 Uhr
Die Teamkollegen von Christopher Froome feiern den Erfolg mit einer Flasche Bier.
(Foto: picture alliance / dpa)
Forscher sind auf der Suche nach leistungssteigernden Mitteln, die nicht zum Doping gehören. Mit sogenannten Ketokörpern in Getränken wollen Wissenschaftler der Uni Oxford fündig geworden sein. Doch die Untersuchungsergebnisse lassen Fragen offen.
Ein Energiegetränk auf Basis bestimmter Moleküle, sogenannter Ketokörper, soll angeblich die Leistung von Athleten etwas steigern. In einer Studie hätten Radrennfahrer nach dem Konsum eines solchen Getränks binnen 30 Minuten durchschnittlich 400 Meter mehr geschafft als nach Einnahme von Getränken auf Basis von Kohlenhydraten oder aber Fettsäuren. Das berichten Forscher um Pete Cox von der University of Oxford, die den Drink auf den Markt bringen wollen, im Fachblatt "Cell Metabolism". Ein unabhängiger deutscher Experte bewertet die Resultate äußerst skeptisch.
Ketokörper sind bestimmte Verbindungen, die mindestens drei Kohlenstoffatome enthalten. Während der Organismus beim normalen Stoffwechsel Kohlenhydrate oder Fette verbrennt, baut die Leber etwa bei Hungerphasen oder in anderen Notsituationen Fett zu solchen Ketokörpern um, um daraus Energie zu gewinnen. "Der Keton-Stoffwechsel ist eine Eigenschaft zum Überleben bei höheren Organismen, um das Leben bei einem Energiedefizit oder einer Stoffwechselkrise zu verlängern", schreiben die Autoren. So könne der Körper das Gehirn weiter mit Energie versorgen und dabei seine Glukose-Reserven schonen.
Auch US-Armee ist interessiert
Die US-Armee erforscht den Einsatz solcher Lebensmittel seit Jahren, auch zusammen mit den britischen Forschern. Diese haben nun ein auf Keton-Ester basierendes Getränk entwickelt und testeten die Wirkung auf unterschiedliche Aspekte des Stoffwechsels an 39 Probanden. In einem der Tests sollten sie nach einer einstündigen Trainingseinheit in 30 Minuten die maximale Distanz zurücklegen. Den Forschern zufolge schafften sie mit dem Keton-Drink im Mittel 400 Meter mehr als nach dem Konsum von Getränken auf Basis von Kohlenhydraten oder von Fettsäuren. Demnach steigerte das Getränk die Leistung um etwa 2 Prozent. Allerdings wurde dieser potenziell leistungssteigernde Effekt nur an acht Sportlern, zwei Frauen und sechs Männern, untersucht, wie Patrick Diel von der Deutschen Sporthochschule (DSHS) Köln bemängelt.
Die Untersuchung ergab, dass die Muskeln die mit der Nahrung zugeführten Ketokörper tatsächlich nutzten. Sportler, die dieses Getränk bekamen, hatten nach dem Training - im Vergleich zu jenen, die Fettsäuren oder Kohlenhydrate erhielten - niedrigere Laktatwerte. Laktat ist ein Nebenprodukt des Glukoseabbaus, der Glykolyse.
Getränk soll auf den Markt
"Ketokörper selbst behindern die Glykolyse, so dass man beim gleichen Training Glycogen spart und viel weniger Milchsäure produziert - das wusste man vorher nicht", sagt Ko-Autorin Kieran Clarke. Die Forscher haben eine Firma gegründet und wollen das Getränk bis Ende des Jahres auf den Markt bringen.
"Die Studie ist prinzipiell sehr interessant, weil die Forscher viele Aspekte des Stoffwechsels beschreiben", sagt Diel. Die Darstellung der leistungssteigernden Wirkung sei aber problematisch - einerseits wegen der statistisch äußerst geringen Aussagekraft, andererseits weil die Forscher ein Produkt bewerben, das sie selbst auf den Markt bringen wollen.
Das werfe etliche Probleme auf - von der Sicherheit des Getränks bis zu der Frage, ob eine Leistungssteigerung - falls sie sich denn bestätigen lasse - unter Doping falle oder nicht. "Die Botschaft finde ich nicht gut", sagt der Experte: "Sie ist wissenschaftlich nicht validiert und inhaltlich höchst diskutabel."
Quelle: ntv.de, Walter Willems, dpa