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Vertreibung von Angreifern Wespen wehren sich mit stachligen Genitalien

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Ein Laubfrosch (Dryophytes japonica) spuckt eine männliche Wespe (Anterhynchium gibbifrons) aus, nachdem er gestochen wurde.

Ein Laubfrosch (Dryophytes japonica) spuckt eine männliche Wespe (Anterhynchium gibbifrons) aus, nachdem er gestochen wurde.

(Foto: Current Biology/Sugiura et al./dpa)

Wenn ein Insekt im Maul eines Frosches gelandet ist, ist es beileibe noch nicht verloren. Es gibt wahrhaft kuriose Abwehrmechanismen - ein Käfer etwa befreit sich furzend, mithilfe eines heißen Gases. Und männliche Faltenwespen verteidigen sich mit ihren Genitalien gegen den Fressfeind.

Das Schicksal der Wespe scheint besiegelt - der Frosch hat sie bereits im Maul und beginnt zu Kauen. Doch dann spuckt er die Wespe plötzlich aus, lässt sie ziehen und unternimmt auch keinen weiteren Fressversuch. Was ist passiert? Die Wespe, ein männliches Exemplar der Solitären Faltenwespe Anterhynchium gibbifrons, hat den Frosch mit ihren Genitalien gestochen und sich so gerettet. Von dieser speziellen Form der Verteidigung berichten Forscher um Misaki Tsujii und Shinji Sugiura von der Kobe University (Japan) im Fachmagazin "Current Biology". Ein Video von Angriff und Verteidigung liefern sie gleich mit.

Die stachligen Genitalien sind nicht die erste Art von kurioser Abwehrwaffe, die Sugiura bei Insekten entdeckt hat. 2018 berichtete er im Fachjournal "Biology Letters" von einem Bombardierkäfer, der sich furzend aus einer Kröte befreit: Pheropsophus jessoensis stoße eine heiße Chemikalie aus, wenn er von einer Kröte gefressen werde, woraufhin diese ihn oft wieder auswürge. Bei der Chemikalie handele es sich um eine Art Gas, weswegen damit ausgestattete Insekten in Japan im Volksmund auch "furzende Käfer" genannt werden.

Zwei Jahre später berichtete Sugiura im Fachjournal "Current Biology" von einem Wasserkäfer, der nach dem Gefressenwerden die Verdauung seines Feindes anrege und auf diese Weise rasch wieder ins Freie befördert werde - quasi eine Flucht durch die Hintertür.

Wehrhafte Wespen

In der aktuellen Untersuchung nun also wehrhafte Wespen. Ähnlich wie Bienen nutzen Wespen bekanntermaßen einen Giftstachel, um Feinde abzuwehren - allerdings nur die weiblichen Tiere, denn der Stachel entwickelte sich in der Evolution der Tiere aus dem Eiablege-Apparat der Weibchen. Die Männchen profitieren von dem Schutz immerhin indirekt, weil sie die Warnfärbung der Weibchen imitieren und so möglichen Angriffen entgehen.

Bei einigen Arten aus der Gruppe der solitär - also nicht in sozialen Gruppen - lebenden Faltenwespen (Eumeninae) besitzen die Männchen einen Pseudostachel am Hinterleib oder an den Genitalien, der unter Fachleuten als Verteidigungswaffe diskutiert wird, wie Sugiura und Tsujii schreiben. Experimentelle Belege dafür gebe es allerdings nicht.

Stiche ohne Gift

Der Wissenschaftler und die Wissenschaftlerin stießen auf das Thema, als sie den Lebenszyklus von A. gibbifrons untersuchten und dabei von männlichen Tieren gestochen wurden. Obwohl die Tiere kein Gift beim Zustechen verteilten, schmerzten die Stiche, berichten die Forschenden. Ihre Vermutung, dass die Männer-Stachel der Verteidigung dienen, wurde durch die Beobachtung bestätigt, dass sie bei der Paarung nicht eingesetzt wurden, die Weibchen wurden also nicht verletzt.

Um das Phänomen genauer zu untersuchen, brachten die Forschenden einzelne Tiere - insgesamt waren es 17 - im Labor mit jeweils einem Japanischen Laubfrosch (Dryophytes japonica) zusammen und beobachteten, was geschah. Zunächst schnappten sich alle Frösche die männlichen Wespen - gut ein Drittel (35,3 Prozent) spuckte die Beute danach allerdings wieder aus. Als Nächstes entfernten die Forschenden die Stacheln und wiederholten den Versuch. Nun wehrlos, wurden alle Wespen gefressen.

Schließlich setzten die Forschenden zum Vergleich noch weibliche Wespen in dem Versuch ein: Gut die Hälfte der Frösche ignorierte die potenzielle Beute komplett; erfolgte ein Angriff, wurden sehr viele Wespen (88 Prozent) wieder ausgespuckt. Die Waffe der Weibchen war also effektiver.

Bei Attacken des Wasserfroschs Pelophylax nigromaculatus nützte allerdings auch sie nichts, wie weitere Versuche belegten: Dieser Frosch verspeiste unbeeindruckt weibliche wie männliche Tiere. "Wasserfrösche haben eine höhere Toleranz für Wespenstiche als Laubfrösche", schreiben die Forschenden.

Quelle: ntv.de, Anja Garms, dpa

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