Stoff aus Schafwolle gewonnen Zahnpasta aus Haaren könnte Zahnschmelz reparieren
19.08.2025, 18:08 Uhr Artikel anhören
Bereits in zwei bis drei Jahren könnte es eine keratinbasierte Anwendung geben.
(Foto: IMAGO/Addictive Stock)
Zahnschmelz ist die härteste Substanz im menschlichen Körper. Ist er erst einmal abgenutzt oder schadhaft, bleibt der Zahn schutzlos. Doch eine Neuentdeckung könnte das ändern.
Mit Keratin könnte schadhafter Zahnschmelz repariert werden. Das hat ein Forschungsteam vom King's College London herausgefunden. Das Besondere daran: Der Stoff wurde aus Schafwolle gewonnen. Die Forschenden sind sich laut Mitteilung des King' College sicher, dass die Anwendung bereits in zwei bis drei Jahren Betroffenen zur Verfügung stehen könnte.
Bei Keratin handelt es sich um ein Protein, das vor allem in Haaren, Nägeln, Haut, Federn, Klauen, Hufen und Hörnern von Lebewesen vorkommt, nicht aber im Zahnschmelz. Der ist der härteste Stoff im menschlichen Körper und besteht hauptsächlich aus anorganischen Stoffen, vor allem aus einer Kalzium-Phospat-Verbindung mit dem Namen Hydroxylapatit.
Alle sichtbaren Zahnkronen sind mit diesem Mineralgemisch überzogen. So werden die Zähne vor Säuren, Bakterien oder mechanischer Abnutzung geschützt. Da Zahnschmelz kein lebendes Gewebe ist, kann er sich auch nicht regenerieren. Dabei gibt es eine Reihe von Faktoren, die zu Schäden am oder zum Abbau des Zahnschmelzes führen können. Nächtliches Zähneknirschen, eine falsche Technik beim Zähneputzen oder aufsteigende Magensäure gehören genauso dazu wie zuckerreiche Ernährung, Unfälle und normale Erosion mit zunehmendem Alter. Ist der Zahnschmelz erst einmal angegriffen, kann er nur noch in diesem Zustand gestärkt, aber nicht mehr neu aufgebaut werden. Das macht den Zahn angreifbar, oft entsteht dann Karies.
Linderung auf zwei Ebenen
Das Team um Sherif Elsharkawy machte sich aus diesem Grund auf die Suche nach einem Stoff, der den Abbau des Zahnschmelzes stoppen kann und wurde beim Keratin fündig. Keratin bilde eine dichte Mineralschicht, die den Zahn schützt und freiliegende Nervenkanäle abdichte, die Empfindlichkeit verursachen. So werde sowohl strukturelle als auch symptomatische Linderung erreicht, schreibt das Team laut King's College.
Die Forschenden extrahierten zunächst Keratin aus Schafwolle und trugen es im Labor auf Zahnoberflächen auf. Sie beobachteten, dass der Stoff, wenn er mit den im Speichel natürlich vorkommenden Mineralien in Kontakt kommt, ein kristallartiges Gerüst bildet, das die Struktur und Funktion des natürlichen Zahnschmelzes nachahmt. Nach einiger Zeit legt sich eine zahnschmelzartige Schicht um den Zahn.
Haarschnitt für die Zähne?
"Keratin bietet eine bahnbrechende Alternative zu herkömmlichen Zahnbehandlungen. Es wird nicht nur nachhaltig aus biologischen Abfallstoffen wie Haaren und Haut gewonnen, sondern macht auch herkömmliche Kunststoffharze, die in der restaurativen Zahnmedizin häufig verwendet werden und giftig und weniger haltbar sind, überflüssig. Keratin sieht zudem viel natürlicher aus als diese Behandlungen, da es die Farbe des Originalzahns besser wiedergeben kann", wird Sara Gamea, die an der Studie beteiligt war, in der Uni-Mitteilung zitiert. Ihre Forschung stehe zudem im Einklang mit umfassenderen Bemühungen um Kreislaufinnovationen. Abfall könne in eine wertvolle klinische Ressource verwandelt werden.
Denkbar ist, dass eine keratinbasierte Zahnschmelzbehandlung über den täglichen Gebrauch einer Zahnpasta oder über professionell aufgetragenes Gel für eine gezieltere Reparatur erfolgt. Wir könnten "schon bald durch etwas so Einfaches wie einen Haarschnitt ein strahlenderes und gesünderes Lächeln erreichen", resümiert der Prothetik-Experte Elsharkawy. Die Erkenntnisse der Forschungsgruppe wurden in der Fachzeitschrift "Advanced Healthcare Materials" veröffentlicht.
Quelle: ntv.de, jaz