
Haben im Dschungel leider weder Föhn noch Lockenstab: die legendären Camperinnen Georgina Fleur und Danni Büchner.
(Foto: RTL)
Sommerloch? Nicht mit unserem RTL! Denn in Südafrika wackelt die Heide. Skurrile Menschlein würgen und streiten sich wieder für S E N D E Z E I T. Warum gucken so viele Leute Trash-TV? Weil sie wissen, was man einschalten muss, um abzuschalten.
Handelskrieg, eine schwächelnde Wirtschaft, Terrorwarnungen und eine Innenministerin, die (noch) nicht ihren Hut genommen hat: Schauen Sie noch die Nachrichten? Und sind Sie bei all dem Wahnsinn, der uns täglich aus der ganzen Welt präsentiert wird, noch nicht vollends resigniert? Ich muss gestehen, lieber Leser, früher, also vor 300 Jahren, wollte ich sehr gerne im Politik-Ressort sitzen und darüber schreiben, was die Mächtigen so verzapfen oder eben auch richtig machen. Heute bin ich heilfroh, für das Ressort der Unterhaltung zu schreiben. Ich beneide die Kollegen wirklich nicht um ihren harten Job. Jeden Tag neue Hiobsbotschaften. Und ich kann verstehen, wenn die Leute irgendwann sagen: Glotze aus und bloß keine Nachrichten mehr.
Aber das lassen Sie schön bleiben! Jedenfalls dass mit der ausgeschalteten Glotze. Irgendwo habe ich neulich, ich glaube, es war im "Spiegel"-Magazin, einen Artikel gelesen, in dem es um die Frage ging, warum intelligente Menschen Trash-TV gucken und was sie an dem Geschehen von oft gescripteten Formaten so fasziniert. Entspannung als Antwort auf diese Frage zu sagen, mag vielleicht etwas verknappt sein, aber im Wesentlichen kommt das schon so hin.
Ich kann es selber kaum glauben, aber ich begleite beispielsweise die Berichterstattung über das Dschungelcamp nun schon seit mehr als zehn Jahren. Selbiges feiert dieses Jahr sein 20-jähriges Jubiläum und hat, das werden Sie als alter Trash-TV-Hase gewiss mitbekommen haben, nun die legendärsten Camper aus allen Staffeln in ein Sommer-Dschungelcamp geschickt. Den Auftakt können Sie sich gern heute Abend bei unserem RTL anschauen, vielleicht haben Sie ja auch ein RTL+ Abo oder aber Sie kennen einen vom RTL persönlich und sind bereits im Bilde.
Es sind Menschen wie wir
Natürlich hat mir der Sender eine stattliche Millionensumme geboten, wenn ich Sie für den hauseigenen Streamingdienst begeistere, aber die Bilder, die sich nach diesem Text hoffentlich vor ihrem geistigen Auge abspielen werden, sprechen ganz für sich allein. 13 Camper hat unser RTL also nach Südafrika verfrachtet, und wie das immer so ist bei einem Auftakt: Die vielen neuen Eindrücke preschen regelrecht auf den Zuschauer ein.
Okay, die neuen Dschungel-Insassen spulen (noch) ihre auswendig gelernten PR-Sprüche ab, aber das Ganze ist mindestens so humorig wie die Kaulitz-Zwillinge, die sich vor ihren Freunden zanken. Und manchmal muss auch gar nicht viel passieren, als in die Sofakissen zu fallen und dem Geschehen in der Glotze seinen Lauf zu lassen.
Es sind allesamt Menschen wie wir. Menschen mit teils ziemlich schrägen Ansichten. Menschen mit gehörig einen an der Waffel und Menschen, denen man auch schon mal höflichst entgegen schmettern möchte, doch bitte einfach mal die Schnute zu halten. Es sind immer die fast beiläufigen Gespräche, Aussagen und Sequenzen, die am spannendsten sind. Etwa, wenn Reality-TV-Queen Kader Loth mit ihren 51 Jahren erzählt, in den Wechseljahren zu sein. Während Frauen auf halb Social Media sich ihr Alter bis zur Unschätzbarkeit wegfiltern, um als ewiger Jungbrunnen durchzugehen. Denn alle wollen alt werden, aber keiner will es sein, geschweige denn so aussehen.
"Ach, ist doch egal!"
Und so lehnt man sich zurück und schaut dabei zu, wie der Schauspieler Winfried Glatzeder, Hauptprotagonist in Merkels Lieblingsfilm "Die Legende von Paul und Paula" Frau Loth anblafft, weil sie seinen Namen falsch ausspricht, während diese nur desinteressiert entgegnet: "Ach, ist doch egal!" Dazwischen so viele Fragen: Lohnt sich der Schotter immer noch, dass man sich eine solche Prozedur im Alter von fast 80 Jahren noch antut? Was ist mit dem Dschungelcamper David Ortega passiert? Und: Darf man Danni Büchner plötzlich fast schon sympathisch finden oder gibt's dann Stress von ihren "Hatern"?
Auch Hanka Rackwitz ist wieder mit von der Partie. Ihre einstigen Zwänge erfolgreich therapiert, könne sie jetzt sogar abwaschen. Und pinkelt hoffentlich auch nicht mehr in den Weiher. Während man sich den neuesten Coup von unserem RTL zu Gemüte zieht, egal ob im TV oder im Abo, schlägt die Phantasie Purzelbäume. Wie würde man selber reagieren, wenn man von Mola Adebisi ausgelacht wird? Wird es eines Tages, wie beim "Sommerhaus der Stars" auch ein Dschungel-Camp der Normalos geben?
Eines aber ist auch nach dieser ersten Folge so sicher wie die heilende Kraft vom selbsternannten, gelegentlich jedoch lauthals brüllenden Tiefentherapeuten David Ortega: Reality-TV wird niemals totzukriegen sein. Denn es wird immer einen faszinierenden Einblick in das menschliche Verhalten und soziale Dynamiken bieten, die oft in keiner anderen Form so ungefiltert dargestellt werden.
Vielleicht ist auch das mit einer der Gründe, warum Trash-TV trotz seines bisweilen negativen Rufes von vielen Menschen so gefeiert und beobachtet wird. Die Protagonisten sind manchmal ein unbequemer Spiegel unserer Gesellschaft, gelegentlich sogar von einem selbst. Und wem diese Argumente nicht schmecken, der muss immer noch zugeben, dass es in diesen unruhigen Zeiten nicht das Schlechteste ist, einfach mal den Geist abzuschalten und dem Treiben dieser teils schrulligen Leutchen zu lauschen. In diesem Sinne, bis nächste Woche!
Quelle: ntv.de