
Bringen ihre Kinder in Gefahr: Allie und Margot Fox (Justin Theroux und Melissa George).
(Foto: Apple TV+)
Allie Fox ist Erfinder. Ein Mann mit festen Überzeugungen, der an der Schwelle zum Wahnsinn steht. Seine Geschichte hat Potential und Aktualität. Doch die Serie "The Mosquito Coast" weiß damit leider nicht viel anzufangen.
Der Klimawandel hängt seit Jahrzehnten wie ein Damoklesschwert über unserem Planeten. Doch die Industrienationen frönen weiter dem Überfluss, während der Rest der Welt in Müll und Armut erstickt. "Some livin' big, but the most is livin' small. They just can't even find no food at all", sangen Peter Tosh, Bob Marley und Bunny Wailer bereits 1973 in ihrem Song "Stop that train, I'm leavin'". Niemand kann später sagen, wir hätten es nicht gewusst. Aber Hand aufs Herz, den Meisten von uns scheint es egal zu sein. Konsum ist "geil" - ein neuer SUV, ein neuer Laptop, ein neues Smartphone, am liebsten alle paar Monate.
Eine Serie wie "The Mosquito Coast", die über Apple TV+ gestreamt werden kann, hätte gerade in diesen Zeiten zum Nachdenken anregen können. Während man auf der Couch chillt, hätte Allie Fox - ein exzentrischer Erfinder, der der modernen Wegwerfgesellschaft den Kampf angesagt hat - einem den Spiegel vor die Nase halten können. Doch, was die Verantwortlichen der siebenteiligen ersten Staffel der "Moskito-Küste" vorlegen, atmet den Geist der literarischen Vorlage des Schriftstellers Paul Theroux nur noch im Ansatz.
Allie Fox hat im Kern recht
Immer freitags präsentiert Ronny Rüsch "Oscars & Himbeeren", den ntv-Podcast rund ums Streamen. Diese Woche dabei außer der ausführlichen Kritik zu "Seberg": das Comedy-Drama "The Big Short", Frank Grillos Kampf im "Boss Level" und warum Natalie Portman für "Lucy in the Sky" keinen Oscar erhält.
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Wo sich Regisseur Peter Weir in seiner Kino-Verfilmung von 1986 mit Harrison Ford und River Phoenix in den Hauptrollen relativ nah an der Roman-Vorlage bewegte, setzen die Macher der neuen TV-Serie "Mosquito Coast" auf sinnfreie Action, Drogenkartelle, Profikiller und Verfolgungsjagden im Stile eines "Jason Bourne". Während die Autoren und Regisseure in den Making-of-Beiträgen zur Serie, die aus ihrer Sicht ausgeklügelten Charakter-Entwicklungen von Familie Fox und die spannenden Story-Wendungen feiern, hat der Zuschauer ob der dümmlichen Aktionen der Protagonisten nur Fragezeichen im Kopf. Selten hat man einen angeblich so schlauen Erfinder planloser agieren sehen als hier.
Der im Buch und von Harrison Ford im Film dargestellte Allie Fox ist ein Mann, dessen Beweggründe - obschon er sich auf den Abgrund zubewegt - nachvollziehbar sind. Allies Kritik am Lebensmodell der Industrienationen ist mehr als berechtigt. Warum wegwerfen, wenn man es reparieren kann? Warum neu kaufen, wenn das Alte noch funktioniert? Eine Gesellschaft, die Materialien und Geld über Menschenleben stellt, ist auf lange Sicht zum Scheitern verurteilt. Natürlich hat Allie Fox im Kern recht. Die Schlüsse aber, die er daraus zieht, werden ihm und seiner Familie zum Verhängnis.
"Stop that train, I'm leavin'"
"The Mosquito Coast" hätte ein TV-Mahnmal werden können, das lange im Gespräch geblieben wäre, denn Klima und Nachhaltigkeit sollten nicht nur Slogans von Werbefirmen und Politikern sein. Doch diesem Allie Fox 2.0 (verkörpert von Justin Theroux, dem Neffen des Schriftstellers von "Mosquito Coast") geht bereits nach 45 Minuten vollends die Luft aus. Die neue "Moskito-Küste" verkommt binnen weniger Episoden zur in Hochglanz gefilmter Serien-Konservenware. Keine zündende Idee, keine treffende Kritik, nichts was nachhallt. Kein: "Haltet den Zug an, wir steigen hier aus". Eine verpasste Chance auf ganzer Linie! Wo ist nur Harrison Ford, wenn man ihn braucht?
Neben der ausführlichen Kritik zu "The Mosquito Coast" besprechen Ronny Rüsch und Axel Max in der neuen Podcast-Folge von "Oscars & Himbeeren" auch den Film "Awake", wie sich "Bill & Ted" endlich der Musik stellen und warum sich bei der Netflix-Serie "Black Summer" ein Blick lohnt.
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Quelle: ntv.de