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"A Haunting in Venice" Hercule Poirot wird zum Geisterjäger wider Willen

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Kenneth Branagh zwirbelt zum dritten Mal als Hercule Poirot den Bart.

Kenneth Branagh zwirbelt zum dritten Mal als Hercule Poirot den Bart.

(Foto: 20th Century Studios)

Venedig, Nebel, Spukgeschichten und Mord: Das klingt doch nach der perfekten Spielwiese für Agatha Christies Meisterdetektiv Hercule Poirot. In "A Haunting in Venice" darf er in Gestalt von Oscar-Preisträger Kenneth Branagh ein weiteres Mal ermitteln. Es wird düster, schaurig - und auch gut?

Passender könnte der Zeitpunkt für den Kinostart von "A Haunting in Venice" kaum sein. Schließlich ist Venedig gerade mal wieder in aller Munde. Und das nicht nur, weil hier soeben erst die 80. Filmfestspiele zu Ende gegangen sind. Schlagzeilen machte auch die Festnahme des spanischen Schauspielers Gabriel Guerva am Rande des Festivals wegen eines angeblichen sexuellen Übergriffs. Von den Meldungen, dass für die Besichtigung der Lagunenstadt für Tagesbesucher ab kommendem Jahr Eintritt fällig wird, mal ganz zu schweigen.

Für einen Besuch Venedigs zu blechen, hätte sich der altehrwürdige Hercule Poirot wohl kaum vorstellen können. Schon eher dürfte ihm da die Causa Guerva vertraut vorkommen, denn mit Verbrechen und menschlichen Abgründen kennt er sich aus. Wenn Agatha Christies Meisterdetektiv nun in "A Haunting in Venice" im wahrsten Sinne des Wortes im Nebel stochert, erhält seine Spurensuche noch eine weitere Facette: gepflegtes Gruseln.

Erst Spuk, dann Mord

Schließlich wird der nach dem Zweiten Weltkrieg zurückgezogen in Venedig lebende Poirot (Kenneth Branagh) just am Halloween-Abend in einen finsteren Palazzo gerufen. Hier sollen nicht nur die Seelen grausam zu Tode gekommener Waisenkinder spuken. Hausherrin Rowena Drake (Kelly Reilly) ist sich auch sicher, dass ihre Tochter von den Geistern aus der Vergangenheit so lange in den Wahnsinn getrieben wurde, bis sie sich in einem von Venedigs Kanälen in den Tod gestürzt hat. Nun hofft sie mit der Hilfe des Mediums Joyce Reynolds (Michelle Yeoh) während einer Séance Kontakt mit ihrem Kind im Jenseits aufnehmen zu können.

Poirot glaubt natürlich nicht an diesen Hokuspokus. Seine Bestrebungen, den Schwindel auffliegen zu lassen, werden jedoch von den Ereignissen in dem schauerlichen Gemäuer überrollt. Plötzlich gibt es eine Leiche im Palazzo. Und auch er selbst wird Opfer eines hinterhältigen Mordversuchs. So kann (und muss) sich Poirot endlich wieder als Meisterdetektiv beweisen und die Rolle des Geisterjägers, in die er nur widerwillig geschlüpft war, hinter sich lassen. Wird es ihm gelingen, mit all dem Spuk aufzuräumen?

Tempo raus, Atmosphäre rein

In "A Haunting in Venice" geht es ziemlich finster zu.

In "A Haunting in Venice" geht es ziemlich finster zu.

(Foto: 20th Century Studios)

Agatha Christie ist seit 37 Jahren tot. Doch die Dutzenden Kriminalromane, die sie hinterlassen hat, scheinen unsterblich zu sein. Insbesondere natürlich die, in denen ihre Paradefiguren Miss Marple und Hercule Poirot die Hauptrollen spielen. Wieder und wieder werden sie für Kino und TV neu adaptiert und umgesetzt.

So ist "A Haunting in Venice" auch bereits der dritte Streifen, in dem Oscar-Preisträger Kenneth Branagh zugleich Regie führt und den genialen Ermittler mit Zwirbelbart mimt. Schon in "Mord im Orient Express" (2017) und "Tod auf dem Nil" (2022) verkörperte er Poirot auf seine Weise. An den beiden Filmen schieden sich jedoch die Geister. Und das dürfte auch bei Branaghs drittem Streich mit Agatha Christies Romanhelden nicht anders sein.

Branagh inszeniert die Schnitzeljagd der Suche nach dem Mörder (oder der Mörderin) und dem Motiv im guten wie im schlechten Sinn ganz oldschool. Ein rasantes Action-Feuerwerk sollte hier niemand erwarten, sondern zumeist tempoarmes Erzählkino in fast kammerspielartiger Atmosphäre. Wer die Ruhe aufbringt, sich auf diese Darstellung in elegischen Bildern einzulassen, wird viel Freude an "A Haunting in Venice" haben. Bei allen anderen dürfte die Langatmigkeit des Streifens trotz seiner Lauflänge von "nur" 103 Minuten irgendwann an den Nerven zehren.

Venedig statt England

Eingeschworene Agatha-Christie-Fans sollten sich unterdessen darauf gefasst machen, mit einer bis dato unbekannten Geschichte ihrer Lieblingsautorin konfrontiert zu werden. Zwar wird damit geworben, dass sich "A Haunting in Venice" an der Romanvorlage "Die Schneewittchen-Party" (im Original: "Hallowe'en Party") orientiert. Doch der Film hat damit nur rudimentär zu tun. "Michael Green hat sich dafür entschieden, die Erzählung stark zu verändern und das Skelett von Agatha Christies Krimi von England nach Venedig zu verlagern", bringt es Branagh mit Blick auf seinen Drehbuchschreiber auf den Punkt.

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Auch ohne jede Menge Karacho und Bumm-Bumm erwiesen sich "Mord im Orient Express" und "Tod auf dem Nil" keineswegs als Kassengift. Ihre Produktionskosten spielten die Filme locker wieder ein. Wird das "A Haunting in Venice" ebenfalls vergönnt sein? Zu wünschen wäre es, denn so altbacken die Inszenierung auch anmuten mag - im ewigen Donnerhagel überladener Streifen wie "Indiana Jones" oder "Mission Impossible" ist sie geradezu wie eine Oase, nach der man sich sehnt.

"A Haunting in Venice" läuft ab dem 14. September in den deutschen Kinos.

Quelle: ntv.de

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