"Zed ist tot, Baby. Zed ist tot." "Pulp Fiction" feiert Geburtstag
12.05.2014, 11:50 Uhr
Mrs. Mia Wallace ist die Femme Fatale des Films - hier hat sie ausnahmsweise mal Schuhe an.
(Foto: imago stock&people)
Eine Femme Fatale, ein Gangsterboss, zwei Killer und ein Boxer: "Pulp Fiction" nimmt altbekannte Figuren und wirft sie in einen Häcksler. Heraus kommen Sex und Gewalt, Drogen und Burger, Musik und coole Sprüche - und ein Filmklassiker.

Quentin Tarantino (l.) am Set von "Pulp Fiction", mit Maria De Medeiros, Produzent Lawrence Bender und Bruce Willis (stehend).
(Foto: imago stock&people)
Das passiert, wenn man einen Filmfreak hinter die Kamera lässt: ein blutiger Parforce-Ritt durch die Halbwelt von Los Angeles. Ein Retro-Soundtrack, der den Musikgeschmack einer ganzen Generation prägt. Ein Spiel mit Sex-Sklaven, Leder und Fuß-Fetisch. Und eine Erzähltechnik, die die Filmwelt auf den Kopf stellt und unzählige billige Nachahmer findet.
Vor 20 Jahren feierte "Pulp Fiction" seine Weltpremiere bei den Filmfestspielen in Cannes. Regisseur Quentin Tarantino avancierte über Nacht zu Hollywoods Wunderkind, und das Independent-Kino war, angefeuert durch Harvey Weinstein, im Mainstream angekommen. Bei gerade mal 8,5 Millionen Dollar Produktionskosten spielte der Film weltweit 214 Millionen ein. Die Schauspieler wird es gefreut haben: Sie hatten auf hohe Gagen verzichtet, bekamen aber einen Anteil am Erlös. Tarantino räumte derweil in Cannes die Goldene Palme ab, etliche weitere Preise folgten, darunter der Drehbuch-Oscar für ihn und Co-Autor Roger Avary.
Von der Femme Fatale bis zum Boxer
Viel wichtiger war jedoch das Echo, das der Streifen auslöste. Vielleicht war es keine Neuerfindung des Kinos, aber zumindest ein fetter Tritt in den Hintern der Filmindustrie. Bis heute ist er in etlichen Best-of-Listen zu finden. Das Publikum, so es den Film ab 16 Jahren sehen durfte, war begeistert, trotz oder wegen der Gewalt, Unmengen an Blut, der expliziten Darstellung von Drogenkonsum und einer üblen Vergewaltigungs-Szene. Dabei war "Pulp Fiction" vor allem die schillernde, modernisierte Wiedergeburt des Film Noir der 1930er- und 40er-Jahre. Das deuteten ja schon der Titel mit seinem Verweis auf Groschenromane und das Filmplakat an.
Auch das Figurenensemble des Films war nicht gerade innovativ: eine Femme Fatale, ein halbseidener Unterweltboss, zwei nicht besonders helle, aber dauerlabernde Killer, ein Boxer, der alle aufs Kreuz legt und jede Menge skurrile Nebenfiguren, vom Drogendealer bis zum Gaunerpärchen. Doch Tarantino warf all diese Figuren in einen Häcksler und würzte das mit Blut, Heroin und Sex. So explizit hatte man das bis dahin selten im großen Kino gesehen. Man denke nur an die Szene im Keller des perversen Zed, der durch einen Dialog unsterblich wurde: "Wem gehört das Motorrad?" - "Das ist ein Chopper, Baby." - "Wem gehört der Chopper?" - "Zed." - "Wer ist Zed?" - "Zed ist tot, Baby. Zed ist tot."
Das Wort "fuck" fällt 265 Mal

Mit dem Restaurant-Überfall von Pumpkin (r.) und Honey Bunny beginnt der Film.
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Wer den Film im Kino gesehen hat (und danach unzählige Male zu Hause), kann die Dialoge des Films mitsprechen. Da geht es um Big Kahuna Burger, Fußmassagen und eine Uhr im Darm von Vietnamveteranen. Im Original fällt das Wort "fuck" 265 Mal. Dazu wird getanzt, ein blutbesudeltes Auto muss gereinigt werden und die meist barfüßige Femme Fatale kriegt nach einer Überdosis eine Adrenalin-Spritze ins Herz.
Waren es Szenen wie diese, wegen denen Tarantino Uma Thurman beknien musste, die Rolle zu übernehmen? Sie ließ sich erst überzeugen, als er ihr das Script per Telefon vorlas. Dabei bestand kein Mangel an Schauspielerinnen, die für die Rolle vorsprachen: Isabella Rossellini war darunter, Meg Ryan (!), Daryl Hannah (die Tarantino später in "Kill Bill" besetzte), Halle Berry und Michelle Pfeiffer.
Auch die anderen Rollen waren begehrt - schließlich hatte Tarantino schon mit "Reservoir Dogs" gezeigt, was in ihm steckt. Viele Darsteller rissen sich um die Rolle des Killers Vincent Vega. Sie war Michael Madsen auf den Leib geschrieben, der aber absagte. Also fiel sie an John Travolta, der seine Karriere wiederbelebte.

Eine der meistzitierten Filmszenen der Geschichte. Dabei war der Tanz von Mia und Vincent selbst auch ein Zitat.
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Bruce Willis bekam die Rolle des Boxers Butch. Harvey Keitel gab den geheimnisvollen Mr. Wolfe, Amanda Plummer und Tim Roth überfielen als Pumpkin und Honey Bunny ein Restaurant. Christopher Walken schließlich hatte einen Kurzauftritt als Armeeveteran. Pech hatte dagegen Steve Buscemi. Er sollte Jimmie spielen, bei dem das Auto gereinigt wird. Wegen Terminproblemen kam es aber nur zu einer winzigen Rolle. Den Part von Jimmie übernahm Tarantino selbst - bei einigen der Szenen mit ihm übernahm sein Kumpel Robert Rodriguez die Regie, der zu dieser Zeit bereits mit Tarantino an "From Dusk Till Dawn" arbeitete.
Das Bibelzitat stimmt nur zur Hälfte
Apropos "From Dusk Till Dawn": Das Bibelzitat von Killer Jules ist kein Original. Der erste Teil stammt nicht aus Hesekiel 25:17 - diesen haben sich Darsteller Samuel L. Jackson und Tarantino ausgedacht. Der zweite Teil wiederum, der tatsächlich der Bibel entnommen wurde, stammt aus einem frühen Drehbuchentwurf von "From Dusk Till Dawn" - dort sollte ihn die Figur von Harvey Keitel sagen.
Und noch eine Legende stimmt nicht: Den Tanz, mit dem Travolta und Thurman im Jack Rabbit Slim's den Wettbewerb gewinnen, ist ebenfalls kein Original. Die Szene, die danach unzählige Male nachgeahmt wurde, war selbst auch eine Kopie. Die Vorlage stammt aus Federico Fellinis "8 ½".
Da ist es kein Wunder, dass eine Aufstellung der Internet Movie Database nicht weniger als 137 Filme nennt, auf die "Pulp Fiction" anspielt oder die Szenen des Films inspirierten. An gleicher Stelle werden aber auch 500 Stellen genannt, in denen "Pulp Fiction" zitiert wird. Aber so ist das eben, wenn man einen Filmfreak hinter die Kamera lässt.
Quelle: ntv.de