Die Schöne und die Biester Romy Schneiders "3 Tage in Quiberon"
11.04.2018, 18:12 Uhr
"Sag' alles ab, Romy", rät Lebeck." Und bleib bei mir ...
(Foto: dpa)
Marie Bäumer ist Romy Schneider. Sehr gut. Charly Hübner der Fotograf, der ein bisschen in sie verliebt ist. Auch gut. Gefilmt ist das Ganze so, dass man glaubt, dabei zu sein. Ob alles wirklich so war, sei dahingestellt. Angucken sollte man sich das aber.
Meine Freundinnen finden es schon immer ein bisschen morbide von mir, dass meine Lieblingsschauspielerin eine tote Schauspielerin ist. Romy Schneider starb am 29. Mai 1982, sie wurde nur 43 Jahre alt. Sicher hat mich ihre "Sissi"-Figur geprägt, wer hat die Schmonzette damals nicht im Fernsehen gesehen? Es gab ja aber auch noch nicht so viele Programme. Und daher nahmen die Omas und ich regelmäßig zu Weihnachten vor dem TV-Gerät Platz, um vor Herzschmerz zu vergehen und uns von Technicolor blenden zu lassen.
Viel faszinierender aber war doch die Wandlung der Romy Schneider vom süßen Zuckerpupperl zur ernst zu nehmenden Schauspielerin, die ihr Glück auch im Ausland suchte. Ihr Privatleben - eine Achterbahnfahrt, ihre Männer: nach außen eine Katastrophe. So sah es zumindest aus. Aber ist es nicht auch so gewesen, dass Romy Schneider nicht immer nur die "arme Romy" war, sondern durchaus eine Menge Spaß hatte, großen Erfolg, Kinder, die sie sehr geliebt hat? Und nicht zu vergessen: Vielleicht war es für ihre unmittelbare Umgebung ja auch gar nicht immer so einfach, mit einem Star, einer Diva, einer Übertalentierten, so einer großartigen und tollen, begabten, schönen Frau klarzukommen? Wer sollte neben einer Romy Schneider denn bestehen können?
Am meisten hat mich daher also nicht "Sissi" geprägt, sondern die spätere Romy. Und ein Kleid, das sie in "César und Rosalie" trug, das ich jahrelang gesucht - und natürlich nie gefunden - habe. Es war an Raffinesse nicht zu überbieten. Auch ihre Art zu sprechen, der leichte Akzent, das sexy gezischte "s" - großartig. Sie hätte weiterhin noch so großartig sein können. Kein Wunder, dass Schauspielerinnen zwar in ihrem tiefsten Innern daran interessiert sind, die Rolle der Romy zu spielen, aber dann, bei näherer Betrachtung, vielleicht doch davor zurückschrecken - zu groß sind die Erwartungen, die an sie gerichtet sind. Dass Marie Bäumer sich nun "gestellt" hat, liegt daran, dass sie nicht DIE Romy spielen musste in Emily Atefs großartigem, fast kammerartigen Kino-Stück, sondern nur die Romy an drei Tagen. Und zwar in Quiberon. In dem kleinen bretonischen Kurort verbringt der Weltstar nämlich drei Tage mit ihrer - laut ihrem letzten Ehemann Daniel Biasini fiktiven - besten Freundin Hilde (Birgit Minichmayr), um sich vor ihrem nächsten Filmprojekt ein wenig Ruhe zu gönnen.
Trotz ihrer negativen Erfahrungen mit der deutschen Presse willigt die Schauspielerin in ein Interview mit dem "Stern"-Reporter Michael Jürgs (Robert Gwisdek) ein, zu dem der von Romy Schneider sehr geschätzte Fotograf Robert Lebeck (Charly Hübner) die dazugehörige Bilderstrecke liefert. "Sag' alles ab, schick' sie zur Hölle, Romy", das rät Lebeck ihr. Doch das tut sie nicht. Aus dem geplanten Termin entwickelt sich ein drei Tage andauerndes Katz- und Mausspiel zwischen dem Journalisten und der Ausnahmekünstlerin, das auch Robert Lebeck und Romys Freundin Hilde an ihre Grenzen bringt.

Romy Schneider in ihrem letzten Film "Die Spaziergängerin von Sans-Souci" (1982).
(Foto: imago/Granata Images)
In der "Bild"-Zeitung beschwerte sich Daniel Biasini vor Kurzem in einem Interview darüber, dass seine Romy nicht so war wie in dem Film dargestellt: "Michael Jürgs wollte nur eine Frau in ihrem Leid vorführen, aber er hat nie nach dem Grund ihres Leidens gefragt. Ich kann es Ihnen sagen: Bevor Romy nach Quiberon fuhr, unterzog sie sich einer Gesundheitsuntersuchung. Die Ergebnisse waren katastrophal. Aber das wussten damals nur drei Menschen: Romy, der Arzt und ich. Wir beschlossen, nicht darüber zu sprechen." Und: "Es stimmt, dass sie Medikamente genommen hat, aber die musste sie wegen ihrer Niere nehmen. Da war es einfach, aus ihr eine Drogensüchtige zu machen."
Öffentlich? Privat?
Ja, in dem Film ist Romy wie ein Fähnchen im Wind, so leicht lässt sie sich überreden; zu Alkohol, Zigaretten, dem ausschweifenden Leben. Sie ist auch gutgläubig: "Ich versuche gerade, aus einer Art Zwangsjacke auszubrechen", erzählt sie Jürgs, der zwischen journalistischer Sensations-Neugier und (einem gut versteckten) Gewissen hin- und herpendelt. Die Art und Weise, wie dieses Interview geführt wurde, wäre so heute gar nicht mehr möglich. Derart provokante, freche Fragen, vor allem nach dem Intimleben eines Stars, würden keinem Journalisten mehr durchgelassen werden. Und wenn er so etwas fragen würde, der Journalist, dann wäre es das letzte Mal, dass er solche Fragen stellt. Dass Romy darauf überhaupt geantwortet hat, mag daran liegen, dass sie müde war, verzweifelt, voller Sorgen. Sie scheint eine vertrauensvolle Person gewesen zu sein, eine, die gerne an das Gute in einem Menschen glauben wollte. Leider hat sie nicht wirklich an das Gute in sich geglaubt.
Inspiriert von den beeindruckenden, sehr persönlichen Schwarz-Weiß-Aufnahmen, die Robert Lebeck 1981 von Romy Schneider in Quiberon gelangen, erzählt Regisseurin Emily Atef ("Das Fremde in mir", "Töte mich") in ihrem Film von einem entscheidenden Ereignis in der letzten Lebensphase einer der berühmtesten deutschen und europäischen Schauspielerinnen. Atefs Film bleibt schwarz-weiß und ist ein Leinwandepos, das nicht nur das Porträt einer hochbegabten, sensiblen Frau in all ihrer Widersprüchlichkeit zeigt, sondern ganz allgemein die Frage nach dem Spannungsverhältnis zwischen öffentlicher und privater Person stellt.
Marie Bäumer ist herausragend als Mensch Romy Schneider. An ihrer Seite brillieren Birgit Minichmayr, Robert Gwisdek und Charly Hübner. Eine weitere Hauptrolle übernimmt die fantastische Musik des Films.
"3 Tage in Quiberon" startet am 12. April in den deutschen Kinos.
Quelle: ntv.de