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"Polizeiruf 110" aus Magdeburg Die Legende von Paul und Pauline

"Zehn Rosen": Brasch (Claudia Michelsen) und Köhler (Matthias Matschke) stehen angespannt vor dem Kommissariat.

"Zehn Rosen": Brasch (Claudia Michelsen) und Köhler (Matthias Matschke) stehen angespannt vor dem Kommissariat.

(Foto: Stefan Erhard/MDR/dpa)

Brasch, Köhler und Lemp auf der Suche nach einem Serienkiller - oder steckt hinter den verschnürten Frauenleichen doch eine ganz andere Geschichte? "Zehn Rosen" arbeitet sich mit großer Geste am Thema Transsexualität ab.

"Das ist mir zu theatralisch", sagt Hauptkommissarin Doreen Brasch (Claudia Michelsen), als der Fall sich seiner Auflösung nähert. Und in der Tat, möchte man als Zuschauer seufzen - das ist es wohl unterm Strich. Einfach zu theatralisch. Aber zäumen wir den mit Rosen geschmückten Gaul von vorn auf:

In einem verfallenen Industriegebiet wird Kim Pohlmann (Susanne Strach) von zwei Teenagerinnen gefunden. Übelst zugerichtet, erschlagen, an den Wadenbeinen sorgfältig mit Band verschnürt, so hat der Mörder sie dort abgelegt. Die Recherche in der Datenbank ergibt schnell einen Treffer, der Mord an der Prostituierten Jessica Peschke (Svenja Ipsen) weist offenkundige Parallelen zum aktuellen Fall auf. Im Mittelpunkt der Ermittlungen stand damals mit Paul Schilling ein Freund von Jessica. Aufgrund schwerer Verfahrensfehler musste man Schilling jedoch, trotz eines dringenden Tatverdachts samt erpresstem Geständnis, laufen lassen.

Paul ist nun Pauline

Doch Paul ist mittlerweile Pauline (Alessija Schilling in einer Doppelrolle) und führt als Transgender-Frau einen Blumenladen. Schilling und Pohlmann hatten sich in der Praxis von Paola Jagow (Birge Schade) kennengelernt. Die eigenwillige Frau Doktor ist auf Patienten mit dem Wunsch nach Geschlechtsangleichung spezialisiert, Pohlmann hatte dort als Arzthelferin gearbeitet.

Und dann ist da noch der Ex-Freund der Toten, Jan Freise (Sven Schelker), ein halstätowierter Eigenbrötler, latent aggressiv, der mit seinem bulligen Kampfhund in einer heruntergekommenen Bude lebt, Bier trinkt und auf der Sonnenbank liegt, wenn er nicht gerade irgendwo eine Gasleitung oder einen Wasserboiler repariert.

Als wäre der Fall nicht schon verworren genug, dräut auch noch im eigenen Team Ungemach, denn Kriminalrat Lemp (Felix Vörtler) spielt mit dem Gedanken, das Revier zu verlassen. Sein alter Weggefährte Ulf Meier (André Jung) steht kurz vor dem Ruhestand, Lemp ist drauf und dran, seine Nachfolge als SEK-Ausbildungsleiter anzutreten. Besonders Brasch nimmt dem Chef die Abwanderungsgedanken übel, ist der doch so ziemlich der Einzige, vom Psychologen Wilke (Steven Scharf) einmal abgesehen, zu dem die mental chronisch Angekratzte ein in Teilen normales Verhältnis hat.

Thema Transgender fast operettenhaft überzeichnet

Es ist der vorletzte Fall für Matthias Matschke in der Rolle des Hauptkommissars Dirk Köhler, was durchaus schade ist, denn gerade erst, so hat man das Gefühl, scheint sich das Magdeburger Tandem ein wenig eingespielt zu haben. Was die Geschichte selbst angeht, stehen Inhalt und Form einander im Weg, wird das aktuelle Thema Transgender fast operettenhaft überzeichnet verpackt. Alessija Schilling agiert mit großer Geste, die Szenen mit ihrem Lover Sebastian, gespielt vom gern gesehenen Sonntagabend-Gast Jan Krauter, wirken künstlich. Die Sexualisierung dieses Teilplots verfängt sich in Klischees - rote Mähne, rote Rosen, rotes Licht, rote High Heels - und bietet so mehr Milva-Chanson als Kriminalfall.

Was die Szenen um die Rosenkavalierin an erhitztem Drama bereithalten, das kocht die Interaktion im Team auf herbstliche Temperaturen herunter. Das Binnenverhältnis Brasch/Köhler/Lemp ist gewohnt aufgeladen mit unausgesprochenen Vorwürfen, Missverständnissen und Altlasen. Selbst als das Geschehen im Schlussviertel noch einmal eine ganz andere Färbung annimmt, läuft alles - trotz explosiver Optionen - untertourig und zäh ab. Möglicherweise ist das gewollt, hat Magdeburg sich in vollem Bewusstsein Lakonie und Langmut auf die Fahne geschrieben. Wirklich spannend geht jedoch anders.

Quelle: ntv.de

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