Vor dem Gipfel steigt der Druck Faeser für Asylverfahren an EU-Außengrenze
05.05.2023, 15:57 Uhr Artikel anhören
Die EU arbeitet an Verfahren, Asylverfahren an ihre Außengrenze zu verlegen, erklärt Bundesinnenministerin Faeser.
(Foto: IMAGO/Frank Peter)
Vor dem Migrationsgipfel im Kanzleramt häufen sich Vorschläge zur Lösung der angespannten Lage. Während die Länder vor allem mehr Geld wollen, setzt die Bundesregierung auf schnellere Verfahren, allerdings nicht in Deutschland, sondern an der EU-Außengrenze.
Vor dem Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern hat sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser für einen verschärften Kurs in der EU-Asylpolitik ausgesprochen. Die SPD-Politikerin forderte einen verstärkten Fokus auf die Begrenzung der Flüchtlingszahlen in der Europäischen Union (EU). "Wir werden für eine verlässliche Identifizierung, Registrierung und Überprüfung von Menschen bereits an den EU-Außengrenzen sorgen", sagte Faeser dem "Handelsblatt". Verhandelt werde auf EU-Ebene "über Verfahren an den EU-Außengrenzen, um dort binnen kurzer Fristen über den Schutz von Menschen mit geringer Aussicht auf Asyl in der EU zu entscheiden". Damit könnten abgelehnte Asylbewerber "schnell bereits von den EU-Außengrenzen aus zurückgeführt werden."
Zuvor hatte bereits Finanzminister Christian Lindner gefordert, die EU-Außengrenzen notfalls auch mit Zäunen zu schützen. "Ich glaube, dass, um Kontrolle herzustellen, auch der physische Schutz der Außengrenze in Betracht gezogen werden muss", sagte der FDP-Chef am Donnerstag in einer Talkrunde von RTL und ntv. Er benutzte auf Nachfrage auch das Wort Zaun, betonte aber: "Ich bin dafür, wenn zugleich die Möglichkeit humanitärer und qualifizierter Einwanderung rechtlich erleichtert wird."
Faeser hatte schon im März betont, dass zur europäischen Asylpolitik "zu einem Teil" auch "hohe Zäune und Mauern" an den Außengrenzen gehörten. Ziel sei es aber nicht, "Abschottungspolitik zu betreiben". Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, wies den Schutz der EU-Außengrenze mit Zäunen zurück. "Wir können nicht die Debatte darauf konzentrieren, wie schotten wir uns am besten ab", sagte Haßelmann bei RTL und ntv. Grenzzäune gibt es schon in einer Reihe von EU-Staaten an der EU-Außengrenze, so etwa an der griechisch-türkischen und der bulgarisch-türkischen Grenze. Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten sich bei ihrem Gipfel im Februar auf einen Ausbau der "Infrastruktur" an den Außengrenzen geeinigt. Ob dies neue Zäune und Mauern bedeutet, blieb aber offen.
Streit um Finanzierung der Unterbringung
Bei dem am kommenden Mittwoch geplanten Bund-Länder-Treffen im Kanzleramt geht es vor allem um die Finanzierung der Flüchtlingskosten. Faeser räumte ein, dass die aktuelle Flüchtlingssituation den Gemeinden "sehr viel" abverlange. Eine Entlastung der Kommunen soll nach ihrer Vorstellung vor allem dadurch gelingen, dass die Migration "viel stärker" gesteuert und geordnet werde.
Länder und Kommunen dringen seit Wochen vehement auf mehr Bundeshilfen zur Bewältigung der Flüchtlingsaufnahme. Der Bund verweist aber auf seine schwierige Finanzlage und die in der Verfassung festgeschriebene Zuständigkeit der Länder. Es gehe um "Herausforderungen, die nicht zuvorderst mit Geld zu lösen sind", sagte Vizeregierungssprecher Wolfgang Büchner am Nachmittag in Berlin. Aus Sicht der Bundesregierung stehe "das Geld nicht im Mittelpunkt". Büchner betonte, der Bund unterstütze Länder und Kommunen bei der Flüchtlingsversorgung "im Rahmen seiner gesamtstaatlichen Verantwortung umfassend finanziell und logistisch" und tue dies bereits seit mehreren Jahren "verstärkt".
Statt Pauschalsumme: Hessen schlägt Pro-Kopf-Zahlung vor
Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein sprach sich dafür aus, die Finanzierung der Flüchtlingskosten durch den Bund an der Zahl der Neuankömmlinge auszurichten. Statt mit einer Pauschalsumme für die Länder solle "wieder pro Kopf abgerechnet" werden, sagte der CDU-Politiker dem "Handelsblatt". Je mehr Flüchtlinge kämen, desto mehr Geld gebe es. "Ein solch atmendes System ist nötig, um auf stark steigende Flüchtlingszahlen entsprechend reagieren zu können."
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese betonte, der Bund habe in den vergangenen Monaten mit der Bereitstellung von Bundesimmobilien und anderen Maßnahmen bereits beachtliche Unterstützung geleistet. Bei den Finanzmitteln sei es "sehr wichtig", genau zu prüfen, "wie viel Geld bereits abgerufen und wieviel Geld von den Ländern an die Kommunen weitergegeben wurde", sagte er der "Rheinischen Post".
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow schlug für eine Entlastung eine pauschale Anerkennung eines Teils der nach 2014 angekommenen Asylbewerber vor. Sie sollten die Möglichkeit erhalten, ihren Asylantrag zurückzunehmen, sagte der Linken-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Er verwies dabei vor allem auf jüngere Menschen zwischen 16 und 25 Jahren, die "auf dem regulären Arbeitsmarkt dringend" gebraucht würden.
Quelle: ntv.de, mau/AFP