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Migrationsvorstoß von CDU-Chef Scholz zweifelt an Merz' "Brandmauer"

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Scholz warnt Merz: "Die Brandmauer zur AfD darf nicht bröckeln."

Scholz warnt Merz: "Die Brandmauer zur AfD darf nicht bröckeln."

(Foto: dpa)

Nach dem Ampel-Aus verspricht CDU-Chef Merz, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten. Jetzt sei es ihm aber "völlig gleichgültig", mit wessen Stimmen er Anträge durchsetzt. Die Grünen warnen vor einem Wortbruch, SPD vor einem "Dammbruch". Die AfD feiert Merz hingegen als "großen Politiker", sollte er Ernst machen.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz davor gewarnt, Bundestagsanträge zu einer schärferen Migrationspolitik mit Hilfe der AfD durchsetzen zu wollen. "Bislang hatte ich den Eindruck, dass man sich auf die Aussage des Oppositionsführers verlassen könne, auch nach der Wahl nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten", sagte der SPD-Politiker unter anderem der "Stuttgarter Zeitung". "Nun mache ich mir wirklich Sorgen, nachdem die CDU nun ihre Anträge im Bundestag mit Stimmen der AfD durchsetzen will." Der Kanzler forderte: "Die Brandmauer zur AfD darf nicht bröckeln."

Am Mittwoch will Scholz im Bundestag eine Regierungserklärung zu "aktuellen innenpolitischen Themen" abgeben. Die Migrationspolitik dürfte dabei Thema sein. Es ist fest davon auszugehen, dass es um die Konsequenzen aus der tödlichen Messerattacke von Aschaffenburg gehen wird, bei der ein womöglich psychisch gestörter Afghane ein Kind und einen Mann erstochen hatte.

Angesichts einer abermaligen Messerattacke eines ausreisepflichtigen Ausländers hatte CDU/CSU-Fraktionschef Merz angekündigt, die Union wolle kommende Woche in den Bundestag Vorschläge zur Verschärfung der Migrationspolitik einbringen - unabhängig davon, wer ihnen zustimmen könnte. Absprachen oder eine Zusammenarbeit mit der AfD soll es aber weiterhin nicht geben.

Wenn der CDU-Kanzlerkandidat die Ankündigung wahr mache, kommende Woche Gesetzentwürfe zur inneren Sicherheit ohne Abstimmung mit den anderen Mitte-Parteien zur Abstimmung zu stellen, "wäre das ein Dammbruch", erklärte die SPD-Bundestagsfraktion in einer Mitteilung.

"Seine Zusammenarbeit mit der AfD hätte Freifahrtschein"

"Damit hätte seine Zusammenarbeit mit der AfD im Bundestag einen Freifahrtschein", sagte Katja Mast, Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion. Es gebe eine Vereinbarung unter anderem mit der Union, nur Vorschläge in den Bundestag einzubringen, die mit demokratischer Mehrheit beschlossen werden könnten. Wer wie Merz sage, er schließe jetzt die Grenzen egal mit wem, der betreibe das Geschäft der Populisten und der Rechtsextremisten, kritisierte auch Verteidigungsminister Boris Pistorius bei einer SPD-Wahlkampfveranstaltung.

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch forderte von der Union schnelle Aufklärung über mögliche Pläne, eine Zustimmung der AfD zu dulden. Im "Spiegel" nannte er die Offenheit für Stimmen der AfD ein "fatales Signal". Neben der SPD warnten auch die Grünen Merz davor, in der Migrations-Debatte mit der AfD zusammenzuarbeiten.

Grüne: "Brandmauer darf nicht fallen"

Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck erinnert an den Vorschlag des CDU-Konkurrenten, den er nach dem Ampel-Aus machte, "auch in dieser Phase des Übergangs nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten". Habeck "nehme Merz beim Wort", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe sowie dem "Spiegel". "Dieses Wort darf nicht gebrochen werden. Ich fürchte nur, Friedrich Merz steht kurz davor, das zu tun."

"Die Brandmauer darf weder heute, nächste Woche oder irgendwann fallen", schrieb Grünen-Parteichefin Franziska Brantner auf X. "Herr Merz, ich gehe davon aus, Sie stehen zu Ihrem Wort", schrieb Fraktionschefin Britta Haßelmann ebenfalls bei X.

Hintergrund ist die Ankündigung von Merz von Donnerstag, in der er fünf nicht verhandelbare Punkte nannte. "Die Bundespolizei muss endlich das Recht erhalten, Haftbefehle zu erteilen. Einen dementsprechenden Antrag werden wir noch in der nächsten Woche in den Bundestag einbringen", sagte der CDU-Chef unter anderem. Er werde zudem am ersten Tag einer möglichen Kanzlerschaft von seiner Richtlinienkompetenz als Kanzler Gebrauch machen und Zurückweisungen an den Grenzen anordnen.

AfD für Zusammenarbeit mit Merz

AfD-Chefin Alice Weidel bot daraufhin eine Zusammenarbeit an. "Die Brandmauer ist gefallen!", schrieb sie bei X. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, sprach gegenüber Reuters von einem "vergifteten Angebot", das man nicht annehme.

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Bernd Baumann, kündigte in der "Rheinischen Post" an: "Sollte Herr Merz in der kommenden Sitzungswoche nun diesen Plan in den Bundestag einbringen und Sofortabstimmung beantragen, könnte er tatsächlich Wirklichkeit werden - zusammen mit den Stimmen von AfD, FDP und etlichen Fraktionslosen." Baumann weiter: "Täte er dies, wäre das zum Wohle Deutschlands und Friedrich Merz ein großer Politiker. Tut er es nicht, entlarvt er sich selbst einmal mehr als großer Wahlbetrüger."

Merz hatte gesagt, dass ihm "völlig gleichgültig" sei, wer diesen Weg politisch mitgehe. Bei den fünf Punkten - darunter eine massenhafte Ausweitung der Plätze für Ausreise-Gewahrsam - seien keine Kompromisse mehr möglich. Das Problem ist aber, dass dies auf Kritik bei SPD und auch den Grünen stößt, deren Stimmen für eine Verabschiedung ohne die AfD nötig wären. Die Union hätte dagegen eine mögliche Mehrheit im Bundestag zusammen mit AfD, BSW und FDP.

BSW stimmt "sinnvollen Anträgen" zu

"Wenn die Union sinnvolle Anträge in den Deutschen Bundestag einbringt, um die unkontrollierte Migration zu beenden und Ausreisepflichtige in ihre Heimatländer zurückzuführen, dann stimmen wir ihnen selbstverständlich zu", sagte BSW-Chefin Sahra Wagenknecht dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Nötig sei eine "180-Grad-Migrationswende".

Die SPD forderte ihrerseits die Union auf, endlich dem Gesetzentwurf über die nationale Umsetzung der Europäischen Asylreform zuzustimmen. Außerdem habe die Union selbst eine Reihe von Sicherheitsgesetzen in Bundestag und Bundesrat abgelehnt. Über diese könne man natürlich sprechen. "Reden können wir über alles, was im Einklang mit unserer Verfassung und unseren europäischen Verpflichtungen ist. Das Grundrecht auf Asyl ist für uns aber nicht verhandelbar", sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese der Nachrichtenagentur Reuters.

Die SPD setze weiter auf Humanität und Ordnung und die klare Durchsetzung des Rechtsstaates. "Wir haben zudem bereits gesetzlich gehandelt, deshalb geht die Zahl irregulärer Migration auch zurück und die Zahl der Rückführungen steigt stetig", sagte Wiese.

Quelle: ntv.de, mpa/hul/dpa/rts/AFP

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