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Selbstopimierung mal anders Klagewelle gegen Coaching-Anbieter: Rückzahlung von teuren Gebühren

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Machmal fehlt nicht nur das nötige Mindset.

Machmal fehlt nicht nur das nötige Mindset.

(Foto: IMAGO/Zoonar)

Der BGH hat es vorgemacht – zahlreiche andere Gerichte folgen mit ihren Urteilen: Immer mehr Kunden von Online-Coachings erhalten ihr Geld zurück, weil der Anbieter nicht über die nötige Zulassung verfügt. Diese Möglichkeiten haben Betroffene.

Die Coaching-Branche ist in Aufruhr nach dem jüngsten Urteil des Bundesgerichtshofs (Az.: III ZR 109/24). Tausende Kunden, die ein kostspieliges Online-Coaching oder Mentoring-Programm gebucht haben, fordern auf Basis des Richterspruchs ihre gezahlten Beiträge zurück. Der BGH hatte im Juni dieses Jahres entschieden, dass ein Anbieter von Online-Coachings rund 23.800 Euro an einen Kunden erstatten muss, da er keine Zulassung nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) hatte.

Roland Klaus ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf.

Roland Klaus ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf.

In der Folge war die Branche der Coaching-Anbieter bemüht, das Urteil als einen Einzelfall darzustellen. Doch jüngste Gerichtsentscheidungen, die nach dem BGH-Urteil ergangen sind, sprechen eher für das Gegenteil. Reihenweise werden Coaching-Anbieter sowie Plattformen, die den Verkauf der Online-Kurse abwickeln, zur Rückzahlung von Gebühren verurteilt. Die Urteile sind zwar zumeist noch nicht rechtskräftig, zeigen aber die klare Tendenz, dass es sich bei dem BGH-Urteil nicht um einen Einzelfall handelt.

Zahlreiche weitere Gerichtsurteile

So hat das Landgericht Ulm (Az. 2 O 38/25) die CopeCart GmbH zur Rückzahlung von gut 9000 Euro zuzüglich Zinsen verurteilt. Das Unternehmen dient als Abwicklungsplattform für eine Reihe von Seminar-Anbietern.

Ebenfalls gegen CopeCart richtet sich ein Urteil des Landgerichts Hamburg (Az. 326 O 396/24), in dem es um ein Honorar in Höhe von 6000 Euro ging. Auch hier entschied das Gericht, dass der Coaching-Vertrag aufgrund einer fehlenden Zulassung des Anbieters nach dem FernUSG nichtig sei.

Wann beginnt die Verjährungsfrist?

Mit der gleichen Argumentation sprach das Landgericht Bonn (Az. 17 O 364/22) einem Kunden von Kevin Helfenstein die Rückzahlung von gut 6500 Euro zu. Helfenstein bezeichnet sich selbst als einen der bekanntesten E-Commerce-Coaches im deutschsprachigen Raum. Bemerkenswert bei diesem Urteil ist die Argumentation des Gerichts, dass die Verjährungsfrist erst im Jahr 2024 zu laufen beginnt, als der Kläger von der Zulassungspflicht des Coachings erfahren hat. Setzt sich diese Rechtsauffassung durch, könnten Betroffene auch Zahlungen für Coachings zurückfordern, die länger als drei Jahre zurückliegen.

Nach unseren Erfahrungen bei der Interessengemeinschaft Widerruf lassen sich in der Folge des BGH-Urteils viele Seminar-Anbieter nach Einschalten eines Anwalts auch außergerichtlich auf eine Rückzahlung von großen Teilen der gezahlten Gebühren ein oder verzichten auf noch ausstehende Zahlungen. Bei einem solchen Vergleich gelingt es in der Regel zwar nicht, 100 Prozent des Geldes zurückzubekommen. Dafür spart man sich Kosten und Risiko einer gerichtlichen Auseinandersetzung.

Kein Kostenrisiko mit Prozessfinanzierung

Gut für alle, die keine Rechtsschutzversicherung haben: Inzwischen übernehmen auch sogenannte Prozess- oder Streitfinanzierer das Kostenrisiko eines Rechtsstreits. Sie erhalten dann ein prozentuales Erfolgshonorar, das sich am zurückgezahlten Geld bemisst. Gelingt es wider Erwarten nicht, vom Coaching-Anbieter oder dem Zahlungsabwickler Geld zurückzuholen, so entstehen dem Kunden auch keine Kosten.

Weitgehend aussichtslos ist es nach unserer Erfahrung dagegen, wenn der Kunde sich ohne Anwalt direkt an den Seminar-Veranstalter wendet und Geld zurückfordert. In diesen Fällen argumentieren die Coaching-Anbieter häufig damit, dass sich das BGH-Urteil auf ihren Fall nicht anwenden lässt oder verweisen darauf, dass sie ihre Leistung ja erbracht haben.

Fälle individuell prüfen lassen

Doch diese Argumente greifen bei näherer juristischer Betrachtung zumeist nicht. Wenn ein Coaching oder Mentoring-Programm ganz oder überwiegend online - also mit räumlicher Trennung von Coach und Teilnehmern - stattfindet und wenn eine Überwachung des Lernerfolgs vorgenommen wird, so greift das BGH-Urteil in aller Regel. Dies gilt bei vielen hochpreisigen Seminaren zu Themen wie finanzieller Selbständigkeit mit Immobilien oder Kryptowährungen, Persönlichkeitsentwicklung oder Steigerung von Verkaufserfolgen.

Wer für ein solches Seminar in der Vergangenheit viel Geld ausgegeben hat, sollte prüfen lassen, ob das BGH-Urteil und die darauffolgende Rechtsprechung zahlreicher Gerichte auch auf seinen Fall anwendbar ist. Eine solche Prüfung nehmen spezialisierte Anwälte vor, beispielsweise kostenlos und unverbindlich bei der Interessengemeinschaft Widerruf.

Über den Autor: Roland Klaus ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf. Sie hilft bei der Durchsetzung von Verbraucherrecht in Finanzfragen und wird dabei von spezialisierten Anwälten unterstützt.

Quelle: ntv.de

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