125 Millionen Euro pro Jahr Ferrari verliert Titelsponsor nach 48 Jahren
18.11.2021, 16:09 Uhr
Auf dem Helm, auf dem Spiegel, auf dem Heckflügel, auf der Motorabdeckung, auf dem Monocoque: Schriftzug und Logo sind nicht zu übersehen.
(Foto: HOCH ZWEI/Pool/XPB Images)
Eigentlich hat sich die Formel 1 längst ein Tabakwerbeverbot auferlegt. Trotzdem werben Tabakkonzerne weiter in der Rennserie - wenn auch nicht mehr explizit. Einer der großen Profiteure ist Ferrari - dessen Hauptsponsor sich angesichts der Restriktionen nun aber für einen Rückzug entscheidet.
Die Scuderia Ferrari braucht einen neuen Hauptsponsor. Wie die "Gazzetta dello Sport" berichtet, wird der am Ende der aktuellen Saison auslaufende Vertrag mit dem US-Konzern Philip Morris International (PMI) nicht verlängert. Seit 48 Jahren arbeiten beide Seiten zusammen, und es soll auch kein kompletter Ausstieg sein - doch für die Rolle als Titelsponsor ist das italienische Formel-1-Team übereinstimmenden Medienberichten zufolge bereits auf der Suche nach einem Nachfolger. Rund 125 Millionen Euro soll der weltweit größte privatwirtschaftliche Hersteller von Tabakprodukten jährlich nach Maranello überweisen.
"Wir sind noch in Gesprächen mit PMI", erklärte jüngst Ferrari-Teamchef Mattia Binotto den aktuellen Stand. Zwar sei es "sehr wahrscheinlich, dass PMI bleiben wird", aber "vielleicht nicht als Titelsponsor". Dass seit Monaten kein Verhandlungsfortschritt bekannt gemacht wurde, ist für viele Beobachter ein klares Indiz für einen Rückzug des Tabakkonzerns. "Wir müssen abwarten", sagte Binotto. Es gilt jedoch als sicher, dass Ferrari schon nach Alternativen Ausschau hält.
Seit 2019 tritt Ferraris Formel-1-Team offiziell als "Scuderia Ferrari Mission Winnow" an, dahinter verbirgt sich die von Philip Morris' gegründete Initiative für eine tabakfreie Zukunft. Der Schriftzug "Mission Winnow" findet sich seit rund drei Jahren auf den roten Boliden, in der laufenden Saison unter anderem als markant neongrünes Logo. Allerdings längst nicht bei jedem Rennen. Und zwar, um Diskussionen über die Auslegung und Anwendung von Tabakwerbegesetzen zu vermeiden. Das soll auch einer der entscheidenden Gründe sein, warum Philip Morris International seine Investitionen in die Formel 1 überdenkt.
"Weltweiter Dialog" oder "für dumm verkaufen"?
Denn auch wenn "Mission Winnow" für eine tabakfreie Zukunft steht, so ist es immer noch ein Firmenzweig des Tabakgiganten. Mit seiner Marke Marlboro warb Philipp Morris über Jahrzehnte auf den Autos von Ferrari und McLaren, der Schriftzug ist beispielsweise auf all den Boliden zu finden, mit denen Michael Schumacher seine fünf Weltmeistertitel für die Scuderia gewonnen hat. McLaren lackierte zeitweise sogar das komplette Auto in Marlboro-Farben.
Über eine freiwillige Selbstbeschränkung einerseits und restriktive Gesetze andererseits ist Tabakwerbung in den vergangenen Jahren allerdings weitgehend aus der Formel 1 verschwunden. Doch auch die Kampagne "Mission Winnow" löste Skepsis aus und war in dieser Saison bei Rennen innerhalb der Europäischen Union nicht auf den Autos zu sehen - obwohl es laut Philip Morris International ja um einen "weltweiten Dialog", um "innovative Ideen" und "einen positiven Wandel" gehen sollte, nicht um Tabak. Wobei Markenexperte Franz Maximilian Schmid-Preissler der "Welt" schon 2019 sagte: "Für mich ist das ein typischer Fall, in dem Entscheider glauben, sie könnten die Menschen für dumm verkaufen."
Anfang des Jahres äußerte PMI seine Enttäuschung darüber, wie die Kampagne behandelt und eingeschätzt werden. "Wir wissen um das Misstrauen und die große Skepsis gegenüber unserer Branche" und "wir wollen jedoch keine Kontroverse über die Verwendung des Logos entfachen". Es sieht nun allerdings alles danach aus, dass auch aus dieser Enttäuschung die Entscheidung erwächst, als Titelsponsor bei der Scuderia auszusteigen. Es wäre allerdings nicht das Ende von Werbung eines Tabakproduzenten in der Formel 1. McLaren, einst eng mit Marlboro und Philip Morris International verbunden, wirbt inzwischen allerdings für British American Tobacco. Natürlich nicht explizit, sondern mit dem Slogan "A better tomorrow".
Quelle: ntv.de, tsi