Formel1

"Habe ihnen noch gesagt ..." Lewis Hamilton macht Mercedes Vorwürfe

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"Ich hätte da eine Idee, wie es besser ginge", scheint Hamilton hier zu sagen.

(Foto: IMAGO/ZUMA Wire)

Bei Mercedes ist die Not schon nach dem ersten Formel-1-Rennen der Saison groß. Wie schon im Vorjahr fahren die Silbernen den eigenen Ansprüchen - und dem Erzrivalen Red Bull - weit hinterher. Lewis Hamilton lässt nun anklingen, dass das Team seine Vorschläge nicht umgesetzt hat.

Nach der miserablen Saison 2022 hat auch das Formel-1-Jahr 2023 mit einer Enttäuschung für Mercedes begonnen. Beim Auftaktrennen in Bahrain überquerte Lewis Hamilton als Fünfter die Ziellinie, George Russell als Siebter. Noch schlimmer als die Platzierungen weit abseits des Podiums: die mehr als 50 Sekunden Rückstand auf Sieger Max Verstappen. Mercedes-Teamchef Toto Wolff kündigte schon nach dem samstäglichen Qualifying an, das Fahrzeugkonzept grundlegend zu prüfen und bereit zu sein, große Teile davon über den Haufen zu werfen. Ein Schritt, den Rekordweltmeister Hamilton begrüßen dürfte - und sich offenbar schon deutlich früher gewünscht hätte.

"Letztes Jahr habe ich ihnen noch gesagt, welche Probleme es mit dem Auto gibt", sagte Hamilton der britischen BBC: "Ich habe so viele Autos in meinem Leben gefahren, dass ich weiß, was ein Auto braucht. Und ich weiß, was ein Auto nicht braucht." Mercedes war im Vorjahr, als alle Rennställe infolge der massiven Regeländerungen mit komplett neu entwickelten Boliden auf die Strecke rollten, einen erkennbar anderen Weg als die Konkurrenz gegangen.

Heraus stachen dabei vor allem die schmalen Seitenkästen des W13, während die Konkurrenz dort auf deutlich üppigere Lösungen setzte. Genau diese Seitenkästen sind inzwischen zum Symbol geworden. Für den Mut, der nicht belohnt wurde, sondern Mercedes vom ersten Testtag an zu einer Aufholjagd zwang und nach Jahren der Dominanz hinter Red Bull und Ferrari zurückfallen ließ.

Auch der W13-Nachfolger W14 setzt auf einen sehr ähnlichen Ansatz. "Wir sind davon ausgegangen, dass wir die Probleme unseres Konzeptes lösen können", sagte Wolff in Bahrain, musste jedoch eingestehen: "Das hat nicht funktioniert." Der Österreicher geht nicht mehr davon aus, "dass dieses Paket irgendwann konkurrenzfähig sein wird". Red Bull scheint wie schon im Vorjahr deutlich enteilt, auch Ferrari ist schneller als Mercedes, in Bahrain waren die Silbernen sogar nur viertbestes Team.

Eine Sekunde pro Runde langsamer als Red Bull

Aston Martin hat mit einer Annäherung an die Red-Bull-Philosophie über den Winter einen großen Schritt nach vorne gemacht, Fernando Alonso überholte auf der Strecke erst Hamilton und dann Ferrari-Pilot Carlos Sainz, um völlig verdient neben den beiden Red-Bull-Fahrern Verstappen und Sergio Perez auf dem Podium zu stehen.

Der ehemalige Formel-1-Fahrer und heutige TV-Experte Martin Brundle wählte angesichts des Aston-Martin-Aufschwungs deutliche Worte in Richtung der Silberpfeile: "Für Mercedes ist das alles doppelt schmerzvoll, denn auf Rang drei kam jener Aston Martin ins Ziel, der von Mercedes Motor, Getriebe und Hinterradaufhängung übernommen hat." Die ansonsten auffällige Orientierung am Red Bull habe sich ausgezahlt, so Brundle. Diese Orientierung sorgte gar dafür, dass rund ums Paddock gescherzt wurde, der Aston Martin sehe aus wie eine Kopie des aktuellen und wohl auch künftigen Weltmeisterautos. Das übrigens schon in der Quali rund 0,6 Sekunden pro Runde schneller war als der Mercedes, im Rennen sogar rund eine Sekunde. Eine Demütigung.

Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko zeigte sich von der Mercedes-Performance in Bahrain im Gespräch mit RTL/ntv "eher verwundert". Der 79-jährige Österreicher ist für seine markigen Worte bekannt und sieht bei Mercedes "nicht ein Problem, sondern mehrere". Zumal "auch nicht die Lösung über den Winter gekommen" sei. "Insofern glaube ich, dass es realistisch ist, zu sagen: Der WM-Titel ist für Mercedes außer Reichweite." Ähnlich hatte sich nach dem ersten Rennen schon George Russell geäußert, der sogar mutmaßte, Red Bull könnte in allen 23 Grand Prix das Siegerauto stellen.

Kostendeckel als limitierender Faktor

"Es geht jetzt darum, Verantwortung zu übernehmen", forderte Hamilton, der 2022 in seiner 15. Formel-1-Saison erstmals ohne Rennsieg geblieben war: "Darum zu sagen: 'Weißt du was? Wir haben nicht auf dich gehört, es ist nicht so, wie es sein sollte und wir müssen eine Lösung dafür finden.'" Der siebenfache Weltmeister ist auch mit 38 Jahren noch höchst motiviert und hatte jüngst Spekulationen zurückgewiesen, dass er schon nach dieser Saison seine Karriere beenden könnte. Stattdessen richtete er einen klaren Auftrag an sein Team: "Wir müssen uns die Balance in den Kurven anschauen, all die Schwachpunkte, und als Team zusammenkommen."

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Hamilton vermittelte außerdem die Zuversicht, dass Mercedes diese radikale Veränderung erfolgreich gestalten könne. "Wir sind immer noch vielfacher Weltmeister. Es ist eben so, dass wir es dieses Mal nicht richtig hinbekommen haben. Wir haben es auch letztes Jahr nicht richtig hinbekommen. Aber das heißt nicht, dass wir es in der Zukunft auch nicht schaffen können."

Ein limitierender Faktor in all den Mercedes-Plänen dürfte allerdings der Kostendeckel sein, der eigentlich keinen Raum für derart massive Fehl- und daraus resultierende Neuentwicklungen bietet. Das sieht auch Marko so: "Wenn jetzt ein völlig neues Fahrzeug kommt, dann wird es von den finanziellen Grenzen schwierig sein. Und dieses neue Fahrzeug wird ja auch nicht auf Anhieb wettbewerbsfähig sein, das muss man weiterentwickeln." Es scheint allerdings, als wäre dieser Weg für Mercedes inzwischen alternativlos.

Quelle: ntv.de

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