Formel-1-Lehren aus Brasilien Miese Strategie verhindert Vettels letztes "Hallo"
14.11.2022, 08:05 Uhr
Das deutsche Duo konnte sich wieder nur die Hände schütteln.
(Foto: IMAGO/PanoramiC)
George Russell gewinnt den Grand Prix von São Paulo. Der Mercedes-Pilot feiert vor Lewis Hamilton seinen ersten Formel-1-Sieg. Weltmeisterteam Red Bull hat intern mächtig viel Ärger. Dem deutschen Duo Sebastian Vettel und Mick Schumacher bleiben erneut nur Worte, Punkte gibt es nicht. Wie so oft.
Die Mercedes-Zukunft heißt George Russell
Als Teenager stand George Russell vor Toto Wolff, im schwarzen Anzug, die Fliege gebunden. Mithilfe einer Power-Point-Präsentation erklärte er dem Mercedes-Motorsportchef, dass er eines Tages Rennen im Silberpfeil gewinnen wolle - acht Jahre später hat er dieses Versprechen nun wahr gemacht. Russell wird seinem Ruf also gerecht, das Wochenende in São Paulo gehörte voll und ganz ihm: Der 24-Jährige ist extrem schnell und zugleich analytisch in seinem Fahrstil.
Und Mercedes kann sich freuen: Mit dem Ausnahmetalent haben die Dominatoren von einst schon jetzt den Fahrer der Zukunft unter Vertrag. Wenn Lewis Hamilton irgendwann doch einmal aufhört, dann muss dem Werksteam nicht bange sein. In São Paulo konnte ihn nicht einmal ein Wasserleck im Wagen, von dem er allerdings nichts wusste, an seiner Siegfahrt hindern. "Ich bin sprachlos", sagte Russell ergriffen, ehe er doch viele Worte fand und sich bei Familie sowie Freunden für die Unterstützung bedankte. Pannen hatten ihn noch als Hamiltons Corona-Ersatz vor zwei Jahren in Bahrain um den Sieg gebracht. Nun war Russell derjenige, der Mercedes den ersten Erfolg des Jahres sicherte
... aber Sir Lewis mischt noch einen Moment mit
Hamilton allerdings denkt ja noch gar nicht ans Karriere-Ende, und der Auftritt des Teams in Interlagos dürfte daran nichts geändert haben. Seit zwei Rennen schon, seit einem Update-Paket in Austin, ging es spürbar bergauf für Mercedes. In den USA und Mexiko fuhr Hamilton bereits auf Rang zwei, in Brasilien gewann Russell nun den Sprint und den Grand Prix - der erste Sieg des Jahres ist endlich abgehakt, für ein Wochenende kehrte Mercedes zurück zur alten Dominanz. Warum der Abstand derart groß war, konnte selbst Toto Wolff nicht erklären. Der Aufwärtstrend allerdings sei kein Zufall. Mercedes, so ist der Eindruck, nimmt am Ende eines schwierigen Jahres Schwung für die kommende Saison auf. "Wir haben in diesem Jahr so hart gearbeitet, um dort zu stehen, wo wir jetzt sind. Wir kämpfen um die erste Startreihe, um das Podium und bekommen einen Doppelerfolg. Ich freue mich wirklich für das ganze Team", meinte Hamilton, der seinen ersten Saisonsieg in Abu Dhabi holen will.
Bei Red Bull bleibt Zeit für Zoff
Welch einen Unterschied zwei Wochen machen können. Im Oktober noch wirkte Red Bull, vor allem aber Max Verstappen unantastbar, in São Paulo bröckelte nun Schicht für Schicht ab. Das Auto war auf der Berg- und Talbahn eindeutig nicht mehr das schnellste, das war schon am Samstag ersichtlich. Am Sonntag verstärkte sich dieser Eindruck, zudem patzte die Crew beim Stopp - das dicke Ende kam aber in der letzten Runde. Verstappens Weigerung, seinem Teamkollegen Sergio Perez im Kampf um die Vize-WM den sechsten Platz zu überlassen, wirkte fast beispiellos. Schließlich geht es für Verstappen um nichts mehr, sein Titel ist lange perfekt. Zudem hätte er schon die WM 2021 ohne Perez' Arbeit als Gehilfe nicht gewinnen können. Es sei aber "etwas vorgefallen", sagte der Niederländer nun - und Perez ließ durchblicken, dass er vom Menschen Max Verstappen ziemlich wenig hält. Das ist eine interessante Gemengelage vor dem Hintergrund, dass Perez seinen Vertrag in diesem Jahr bis 2024 verlängert hat. Verstappen ist ohnehin langfristig gebunden.
Für Schumacher und Vettel gibts nichts zu holen
Aston-Martin-Pilot Sebastian Vettel wurde im vorletzten Formel-1-Rennen seiner Karriere Elfter, Haas-Fahrer Mick Schumacher in seinem möglicherweise vorerst vorletzten Grand Prix Dreizehnter - die deutsche Ausbeute in Brasilien war enttäuschend. "Es hat sich die ganze Zeit nach mehr angefühlt, aber am Ende war mit unserer Strategie, mit den gebrauchten Mediumreifen hinter dem Safety Car loszufahren, nicht mehr drin", meinte Vettel über die Schlussphase des Rennens. "Ich habe das gemacht, was ich machen konnte, mehr war nicht drin." Am Saisonende tritt Vettel ab. Schumacher muss darum bangen, dass Haas Nico Hülkenberg als zweiten Fahrer neben dem Dänen Kevin Magnussen verpflichtet. Keine Punkte in Interlagos sind kein Argument, an ihm festzuhalten. "Manchmal ist es dein Jahr und manchmal nicht. Ich glaube, dieses Jahr war nicht meins", räumte Schumacher ein.
Quelle: ntv.de, sue/dpa/sid