
Mehmet Scholl als ARD-Experte.
(Foto: imago sportfotodienst)
Der Start der Fußball-EM 2024 steht unmittelbar bevor. Und wieder einmal dürfen wir uns auf eine Vielzahl von neuen kuriosen Momenten und Erinnerungen freuen. Ob sich allerdings DFB-Stürmer Mario Gomez so gerne an die harten Worte von Mehmet Scholl bei der EM 2012 zurückerinnert? Wohl eher nicht!
Das war Freude pur! Die spektakulären Isländer begeisterten bei der EM 2016 alle. Das Land von nur knapp über 300.000 Einwohnern schickte nicht nur 10.000 Landsleute nach Frankreich, sondern schaffte es zudem noch, ein Team von 23 Spielern zu stellen. Und das, obwohl alleine 708 Männer beim Walfang unabkömmlich waren und 780 ständige Vulkan-Beobachter nicht zur Verfügung standen. Heimir Hallgrimsson, der Co-Trainer Islands, meinte damals nach einer Partie: "Wenn bei uns ein Spieler eine gelbe Karte bekommt, tauscht er einfach das Trikot mit einem anderen. Uns kennt sowieso keiner."
Das kann man vom frisch gekürten Champions-League-Sieger Jude Bellingham nun wahrlich nicht behaupten. Vor allem auch, weil er schon bei der vorigen Europameisterschaft als englischer Nachwuchsstar groß im Rampenlicht stand.
Denn beim 1:0-Sieg seiner Mannschaft gegen Kroatien am 13. Juni 2021 holte er sich durch seine Einwechslung in der 82. Minute mit seinen 17 Jahren und 349 Tagen den Rekord als jüngster Spieler der EM-Geschichte aller Zeiten - doch kurz darauf war damals die frische Bestmarke auch schon wieder weg. Nur sechs Tage später stand ein junger Pole auf dem Platz gegen Spanien, der noch jünger war als Bellingham. Kacper Kozłowski war bei seiner Einwechslung in der 55. Minute genau 17 Jahre und 246 Tage alt. Im polnischen Kader bei der aktuellen EM steht der ehemalige Jungstar übrigens nicht.
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Apropos Europameisterschaft 2021. Wer erinnert sich nicht an den dramatischen Ausgang des Turniers im Londoner Wembleystadion? Damals musste die Entscheidung im Elfmeterschießen fallen. Ein echtes Drama für England - und ganz besonders für den Teamchef der Three Lions, Gareth Southgate. "The Guardian" schrieb am Tag nach dem Finale legendäre Zeilen: "Für Gareth Southgate mussten es die Elfmeter sein. Die persönliche Story von Englands Manager wurde geprägt von seinem entscheidenden Fehlschuss gegen Deutschland damals 1996 in diesem Stadion im Halbfinale dieses Wettbewerbs. Nun, nach 120 nervenaufreibenden Minuten von Englands erstem großen Männerfinale seit dem WM-Sieg 1966, kochte es einmal mehr zu einem letzten Nerventest hoch." Und den bestand am Ende die Squadra Azzurra. Italien wurde Europameister - und Southgate und England waren nach einer weiteren Pleite im Elfmeterschießen untröstlich.
Die unterbrochene Übertragung bei der EM 2008
Genau wie 1996, als man nach dem verschossenen Strafstoß des heutigen englischen Teamchefs gegen Deutschland im Halbfinale ausschied. Damals sorgte der eigens für die Europameisterschaft in England komponierte Kulthit "Football's Coming Home" der Lightning Seeds für eine musikalisch hervorragend untermalte EM-Stimmung.
Doch was kaum einer weiß: Für die WM 1998 wurde der Song noch einmal neu aufgenommen. Und in dem Video zum Lied gibt es eine kuriose Szene, in der fast alle deutschen Spieler ein Trikot mit dem Aufdruck "Kuntz" tragen. Der Name des deutschen Nationalspielers hat - englisch ausgesprochen - im Heimatland des Fußballs eine recht delikate Bedeutung, wie auch Stefan Kuntz selbst, aber nicht seine gesamte Familie, wusste: "Das habe ich bis heute noch nicht meiner Mutter erzählt, aber da sie das Internet nicht nutzt, wird sie es hoffentlich nie erfahren!"
Die Europameisterschaft 2008 bei unseren Nachbarn Österreich und der Schweiz lief aus deutscher Sicht am Ende eigentlich ganz erfreulich - wäre da nur nicht dieser Zwischenfall im letzten Vorrundenspiel gegen Österreich gewesen. Beide Trainer, Josef Hickersberger und Joachim Löw, fanden sich an diesem Tag noch vor der Pause auf der Tribüne wieder. Vorausgegangen waren hitzige Diskussionen mit dem vierten Offiziellen. Löw: "Ich dachte, der hätte einen Papagei dabei. Ständig stand er neben mir und sagte: Go back, go back, go back. Dabei wollte ich in der Coaching-Zone nur meine Arbeit machen. Ich habe den vierten Mann aber in keinster Weise beleidigt."
Nach einer Sperre gegen Portugal nahm der Bundestrainer im Halbfinale gegen die Türkei dann wieder wie gewohnt auf der Bank Platz - doch das sahen die Zuschauer der Live-Übertragung im ZDF nicht die ganze Zeit über. Denn ausgerechnet in der entscheidenden Phase wurde die Übertragung aus Wien unterbrochen. Gestöhne beim Public Viewing und Verwirrung beim Sender. Kommentator Béla Réthy jedoch wusste sofort, was die Stunde geschlagen hatte: "Es sind doch immer diese verrückten Momente, die einen über Nacht berühmt machen."
Zuerst wurde ein schweres Unwetter als Ursache genannt, später war dann von einem falsch gezogenen Kabel die Rede. Egal. Als das Bild wieder da war, fielen die Tore - und es wurde endlich, auch abseits der kuriosen Randgeschichten, ein sportlich unvergesslicher Abend.
Scholl hatte "Angst, dass Mario Gomez sich wundliegt"
Übrigens: Nur vier Jahre später hatte Béla Réthy wieder einmal kein Glück mit dem Wetter, reagierte aber wie so häufig spontan sehr launig auf die äußeren Umstände. Denn nachdem das Spiel zwischen Frankreich und der Ukraine wegen eines schweren Gewitters unterbrochen worden war, meinte Réthy trocken: "Wir zeigen ihnen mal die Blitz-Tabelle."
Bei jener EM 2012 gab es aus deutscher Sicht einen handfesten Eklat. Damals hatte zur Pause des ersten Spiels der DFB-Elf gegen Portugal der TV-Experte Mehmet Scholl den deutschen Nationalstürmer Mario Gomez hart für seine vermeintlich fehlende Laufbereitschaft kritisiert: "Ich hatte zwischendurch Angst, dass er sich wundliegt und mal gewendet werden muss."
Zwar erzielte Mario Gomez in der zweiten Halbzeit noch den 1:0-Siegtreffer, doch die Sätze von Scholl hallten nach. Besonders, als dann auch noch der eigene Mannschaftskamerad, Bastian Schweinsteiger, nach dem Niederlande-Spiel und einem weiteren Treffer von Gomez einen flapsigen Spruch über ihn sagte: "Ich war schon geschockt über Mario, weil ich noch nie gesehen habe, dass er den Ball so mitgenommen hat. Wenn er solche Aktionen öfter hat, muss man aufpassen, dass er nicht nach Brasilien geht."
Erst Jahre später richtete Mehmet Scholl einige persönliche Worte an den Nationalstürmer: "Ich habe einem Spieler damit richtig geschadet. Das tut mir leid. Es ist Zeit, mich zu entschuldigen. Marios Karriere ist zu groß, als dass man sie auf diesen Spruch reduzieren sollte."
Quelle: ntv.de