Fußball

Neuer Skandal in England? Der weltweite Impf-Debatten-Irrsinn

1999 wurde Andreas Möller beim BVB gegen Hepatitis geimpft.

1999 wurde Andreas Möller beim BVB gegen Hepatitis geimpft.

(Foto: picture-alliance / dpa)

Die Pandemie bringt immer neue Wendungen, immer neue Debatten hervor. Bei abnehmender Impfdynamik, steigenden Infektionsraten und normalem Sport-Betrieb bewegt die Impf-Debatte weltweit. Deutschland hat Kimmich, die NBA hat Irving und Tennis Djokovic. In der Premier League droht gar ein neuer Skandal.

Andere Länder, andere Skandale. Aber natürlich: Corona. Genauer: Die Coronavirus-Impfung. Die überlagert nicht nur in Deutschland immer wieder das sportliche Geschehen. In Zeiten der auslaufenden Pandemie mit Sicherheit so normal wie die Debatten über fehlende Abstände in Kabinen und jubelnde Fußballer auf dem Platz am Anfang der Pandemie, damals im Mai 2020, als der Sport langsam zurückkam.

Die Impfung ist daher zurzeit das große Thema in Deutschland, wo Joshua Kimmichs Einlassungen zu den aus seiner Sicht möglichen und noch unerforschten "Langzeitfolgen" der Coronavirusimpfung für eine emotionale bis in höchste politische Ämter reichende Impf-Debatte gesorgt hat. Eine Debatte, die für hektische Betriebsamkeit in den deutschen Verein und in der Deutschen Fußball-Liga sorgte. Dort sah man sich sogar genötigt, in einem Q&A zu "Profifußball und Impfungen" die DFL-Haltung Pro-Impfung zu erläutern und von den Erfolgen dieser Haltung zu berichten. Dies habe immerhin zu einer Impfquote unter den Spieler, Trainern und Betreuern in der Bundesliga und 2. Bundesliga von "mehr als 90 Prozent" geführt.

"Körperliche Selbstbestimmung und Unabhängigkeit"

Die Impfung ist Thema in Australien vor den bevorstehenden Australian Open, die womöglich ohne einige Superstars der Tennis-Szene ausgetragen werden müssen. Nur 65 Prozent der männlichen Profis sollen geimpft sein und für Spieler ohne Impfung wird die Einreise vor dem Turnier in Melbourne mindestens maximal beschwerlich mit einer verpflichtenden Quarantäne oder unmöglich sein. Das erste Grand-Slam-Turnier 2022 könnte ohne Titelverteidiger Novak Djokovic über die Bühne gehen oder nicht. Klar ist das noch lange nicht.

Die Impfung ist Thema in der nordamerikanischen Basketball-Liga NBA. Dort ist der Fall Kyrie Irving eines der großen Themen zum Start der neuen Spielzeit. Der Superstar wurde von seinem Team, den Brooklyn Nets, aufgrund seines unklaren Impfstatus vorerst nicht berücksichtigt. Was ihn, gewollt oder nicht, zum Vorbild für die auch in den USA ausgeprägte Gruppe der Impfgegner machte. Die standen vor dem ersten Heimspiel der Nets vor der Halle, sorgten für chaotische Szenen und erzählten dem "Guardian" von ihrem Kampf für "körperliche Selbstbestimmung und Unabhängigkeit" und wie sie sich in Irving wiederfinden.

Fälschungen in den USA und England

Die Impfung ist Thema in der nordamerikanischen Eishockey-Liga NHL. Dort wurde vergangene Woche Starstürmer Evander Kane von den San Jose Sharks für 21 Spiele gesperrt. Die Liga verwies auf einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Covid-Protokolle. US-Medien berichteten von einem gefälschten Impfnachweis, den er der Liga und seinem Klub vorgelegt haben soll. Zwar gibt es in der NHL keine Impfpflicht für die aktuelle Spielzeit. Geimpfte Spieler unterliegen jedoch weitaus geringeren Einschränkungen. Dies beinhaltet auch die Möglichkeit, ohne die obligatorische Quarantäne nach Kanada einzureisen. Sein Verein zeigte sich "extrem enttäuscht", Kane sprach davon, jetzt "Verantwortung" zu übernehmen. Reichlich spät. Aber gut.

Die Impfung ist aber auch Thema in der englischen Premier League, die Mitte Oktober ernüchternd festhalten musste, dass nur 68 Prozent aller Spieler vollständig geimpft sein, aber immerhin 81 Prozent mindestens eine Impfung erhalten haben. Die Liga war unter Druck geraten, nachdem die "Daily Mail" einen Bericht über die mangelnde Impfbereitschaft unter den Profis und den Hang mancher Spieler zu Verschwörungstheorie veröffentlicht hatte. Eben jene "Daily Mail" hat nun in einem weiteren Bericht nachgelegt und für eine neue Kontroverse gesorgt.

Warum wir debattieren

Gegenüber der Zeitung haben demnach vier Premier-League-Klubs bestätigt, dass einigen Spielern gefälschte Impfzertifikate zum runden Preis von genau 1000 Pfund, also rund 1190 Euro, angeboten wurden. Die Betrüger hätten offenbar von der Impfskepsis der Spieler profitieren wollen, denen sie gegen die Leistung der Zahlung zwei Bescheinigungen auf ihr Smartphone schicken wollten. Die Premier League will von den Vorgängen noch nichts wissen und überhaupt sei es noch unklar, ob ein Spieler das verlockende Angebot angenommen habe. Immerhin sollen einige Spieler ihre Vereine über die Offerte in Kenntnis gesetzt haben.

Andere Länder, andere Skandale. Die Impf-Debatte bewegt sich immer auch entlang der Sportler, die am Ende immer auch Teile der Welt und der jeweiligen Kultur abbilden. "Der Sportler verkörpert den Traum der Unantastbarkeit, den wir all hegen. Und eben diese Illusion zerstört er als Geimpfter und ebenfalls als Impfbedürftiger", sagt der Philosoph und Bestseller-Autor Wolfram Eilenberger im Gespräch mit ntv.de auf die zahlreichen Debatten weltweit angesprochen. "Im Sportler konzentriert sich die Sehnsucht nach dem gesunden - auch unantastbaren - gegen alle Fährnisse und Angriffe immunisierten Leib - und wie dieser idealiter vorzustellen wäre, ist ja gerade die Impf-Frage. Ein impfender Sportler gesteht ein, nicht bereits 'immun' zu sein." Die Debatte wird uns noch eine Weile begleiten.

Quelle: ntv.de

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