Fußball

Einst feierte ihn sogar Messi Ex-Wunderkind Youssoufa Moukoko spielt um seine Zukunft

Wird Moukoko (l.) jemals unter dem neuen BVB-Trainer Sahin spielen?

Wird Moukoko (l.) jemals unter dem neuen BVB-Trainer Sahin spielen?

(Foto: picture alliance / Kirchner-Media)

Youssoufa Moukoko ist das Wunderkind des deutschen Fußballs. Im Jugendfußball pulverisiert er sämtliche Rekorde. Sein Name wandert noch vor seinem Bundesliga-Debüt einmal um den gesamten Globus. Im Sommer 2024, immer noch Teenager, muss er jetzt seine Karriere retten. Kann er das?

Wer bekommt zu seinem 15. Geburtstag schon Schuhe von Lionel Messi höchstpersönlich geschenkt? Wer wird am Tag nach seinem 16. Geburtstag von Erling Haaland als "das größte Talent im Weltfußball" bezeichnet? Und wer spielt ein paar Tage nach seinem 18. Geburtstag schon bei einer WM? Niemand. Außer Youssoufa Moukoko. Die ganze Welt kennt seinen Namen. Er ist "Erster Alles" in allen Kategorien. Und viel zu lange jetzt schon auf der Reservebank. Die Karriere des immer noch 19-jährigen Angreifers geht schon jetzt in die entscheidende Phase.

Wird Moukoko, überzeichnet gesprochen, der deutsche Freddy Adu? Also einer, der, wie das ehemalige US-Wunderkind Adu, einer gesamten Generation als Monument des Scheiterns und Größenwahns in Erinnerung bleibt? Dessen Karriere als großes Versprechen beginnt und immer schneller in einem Desaster mündet? Oder kann er sich aus eigener Kraft befreien und einige seiner in der Jugend gegebenen Versprechen einlösen?

Dafür muss der Spieler von Borussia Dortmund seinen Verein und womöglich sogar die Liga verlassen. Sein Name aber eilt ihm voraus, bereits jetzt kämpft er um sein Erbe.

Vom Wunderkind zum Topverdiener

Der Aufstieg des Wunderkinds Youssoufa Moukoko in schwindelerregende Höhen faszinierte Ende der 2010er-Jahre die Menschen weltweit. Alles konnte passieren. Plötzlich war da dieser 12-Jährige, der in seiner ersten Saison in der U17 sämtliche Tor-Rekorde pulverisierte, der im Laufe seiner kurzen Jugendlaufbahn weit über 100 Tore erzielte. Der es mit 15 bereits auf das "Kicker"-Cover schaffte und der nichts weiter als die Lebensversicherung des deutschen Fußballs war. Youssoufa Moukoko war ein Jugendlicher, der die Welt des Fußballs verändern konnte.

So dachten die, die über ihn lasen. Allein dieser kollektive Gedanke aber brachte ihn in Gefahr. Vielleicht hatte er überhaupt keine Superkraft, sondern war nur ein ziemlich guter Jugendspieler, dem der Sprung zu den Profis erst noch gelingen musste.

Moukoko bejubelt seinen Siegtreffer gegen Schalke. Ein Feuerwehrmann schaut glücklich.

Moukoko bejubelt seinen Siegtreffer gegen Schalke. Ein Feuerwehrmann schaut glücklich.

(Foto: IMAGO/kolbert-press)

Intern war das den Verantwortlichen in Dortmund durchaus bewusst. Dem Wunderkind wurde der Sprung in die absolute Spitze nicht von allen zugetraut. Ein guter und ein mehr als solider Bundesliga-Spieler könnte er trotzdem werden. Da waren sich alle sicher. Vielleicht sogar mehr. Da waren sich nicht mehr alle sicher. Doch die Einschätzung hielt in Dortmund niemanden davon ab, dem Angreifer im Januar 2023 einen äußerst lukrativen Vertrag vorzulegen.

Es war ein Vertrag seiner Zeit. Moukoko hatte sich in eine gute Verhandlungsposition manövriert. Er war kurz vorher nach einer starken Bundesliga-Hinrunde mit sechs Toren und vier Assists für ansonsten strauchelnde Dortmunder recht überraschend von Bundestrainer Hansi Flick für die WM in Katar nominiert worden. Er hatte gezeigt, was er kann. Er hatte als Joker das Derby gegen Schalke 04 mit einem Kopfball spät entschieden und gegen den VfL Bochum einen genialen Heber über den vogelfreien Keeper Manuel Riemann im Netz versenkt.

Der stille Abschied aus der Startelf

Dass die deutschen Graugänse dort bei der WM auf der Arabischen Halbinsel bereits nach der Vorrunde im Wüstenstand verendeten, wurde ihm nicht angelastet. Wie auch? Er hatte nur ein paar Minuten gespielt. War mal wieder "Erster Alles" - war jetzt der jüngste Deutsche, der jemals bei einer WM aufgelaufen ist. Sein Vertrag in Dortmund sollte Ende der Saison 2022/2023 auslaufen. Der neue Sportdirektor Sebastian Kehl konnte es sich kaum erlauben, diesen beim Portal "Transfermarkt" mit 30 Millionen Euro Marktwert eingeschätzten Angreifer ablösefrei zu verlieren. Die Gelegenheit für einen dicken Vertrag war günstig. Den bekam er.

Haller traf gegen Atlético Madrid und brachte den BVB somit in die Spur.

Haller traf gegen Atlético Madrid und brachte den BVB somit in die Spur.

(Foto: picture alliance/dpa)

Rund fünf Millionen Euro pro Jahr soll dieser Vertrag ihm immer noch bringen, das Handgeld soll um die 10 Millionen Euro betragen. Haben. Viel Geld. Der BVB band den damals 18-Jährigen dafür bis 2026 an den Verein. Ein kurzer Vertrag. Kehl konnte sich als Gewinner präsentieren, die als Interessenten gespielten Klubs FC Barcelona, Chelsea oder Newcastle United gingen leer aus. Moukoko war auch ein Gewinner. Dann ging die Saison weiter. In der restlichen Spielzeit gelang ihm noch ein Treffer. Auch verletzungsbedingt machte er weniger Spiele.

In der letzten Saison nun verschwand er fast vollkommen in der Versenkung. Dabei trainierten ihn auch da seine Förderer Edin Terzić und Sebastian Geppert. Sein ehemaliger Jugendtrainer war Assistent beim Profiteam. In der Champions League aber spielte Moukoko insgesamt 17 Minuten, die entscheidenden Tore erzielten Niclas Füllkrug und Sébastien Haller, dessen später Anschlusstreffer im Viertelfinalhinspiel bei Atlético Madrid ein Finale in London wert war.

Tore nur noch gegen Augsburg

In der Bundesliga durfte Moukoko immerhin in zwei unbedeutenden Spielen zum Saisonenende 90 Minuten auf dem Platz stehen. In einer Partie, gegen den FC Augsburg, gelangen ihm dabei sogar zwei Treffer. Es war jedoch die Zeit, in der Terzić seine Stammelf für das große CL-Finale in London schonte. In insgesamt 27 Pflichtspielen stand der Angreifer nur 758 Minuten auf dem Platz, weniger als 30 Minuten dauerten seine Einsätze im Schnitt also an.

Wenn er spielte, wirkte er wenig in die Abläufe integriert. Wenn der "Kicker", der Einsätze mit mindestens 30 Minuten Spielzeit benotet, für ihn mal eine Note vergab, hagelte es in drei von sieben Spielen eine glatte 5. In der Nationalmannschaft spielte sein Name nach der WM keine Rolle mehr. Immerhin in der U21 war er präsent und traf noch. Von dort meldete er sich manchmal zu Wort. Sonst war es ruhig, er geriet in Vergessenheit. Auch, wenn er es am Ende der Saison auf sechs Pflichtspieltore brachte.

Der im Januar 2023 unterzeichnete Vertrag wiegt jetzt im August 2024 schwer für beide Seiten. Zu viel Geld ist im Spiel. Zu wenig Hoffnung ist da, dass er jemals seine Versprechen im Westfalenstadion einlöst. Zu wenig Platz ist da in der neuen BVB-Offensive um Maximilian Beier und Serhou Guirassy.

Die Champions League wollte er gewinnen, den Ballon d'Or holen, sagte er noch vor seinem ersten Profispiele. Der Champions League kam er als Ersatzspieler Anfang Juni im Endspiel gegen Real Madrid tatsächlich nahe, vom Ballon d'Or aber ist er aktuell so weit entfernt wie die Kanzlerpartei SPD von der absoluten Mehrheit bei der Bundestagswahl 2025.

Berater forciert Wechsel

Für Moukoko gibt es nicht einmal die Möglichkeit, bei einem Klub der Mittelklasse Spielpraxis zu sammeln, Selbstvertrauen aufzubauen und endlich in aller Ruhe im Profifußball anzukommen. Sein Gehalt ist schlichtweg zu hoch. Aber die Mittelklasse soll es ohnehin nicht sein, glaubt man Berater Patrick Williams. Der schimpfte neulich über nicht eingehalten Versprechen des BVBs, die Medien ("stellen ihn immer als Verlierer da") und den Fußball allgemein ("wir wollten anders sein, aber so ist das Fußball-Geschäft!").

Und protzte dann, dass es "genügend Vereine" gebe, die Moukoko in ihrem Team haben wollen. Aus "England, Spanien und Frankreich". Die Verlockungen des Auslands. Es blieb bislang bei diesen leeren, beim Transfer-Influencer Fabrizio Romano gesprochene Worte. Die Vereine, die kamen, boten Leih-Summen, die niemand ernst nehmen konnte. Teilweise wollten sie keine Leihgebühr zahlen - oder ein paar Euro, wie Olympique Marseille, die 500.000 Euro boten und eine Kaufoption über 10 Millionen Euro aushandeln wollten, wie die "Ruhr Nachrichten" berichten. Einen Wechsel in den Süden Frankreichs wird es wohl nicht geben.

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"Ich bin jetzt 20. Ich werde alt, so ist das!", sagte Erling Haaland an dem Tag, als der 16-jährige Moukoko ihn bei einem 5:2 im pandemieleeren Berliner Olympiastadion ersetzte. Der Norweger hatte gerade vier Tore für Borussia Dortmund erzielt und sich danach nur halb im Spaß mit Trainer Lucien Favre angelegt.

Der Wind wehte an diesem 21. November 2020, am Tag nach Moukokos 16. Geburtstag, einen Aufsteller mit einem "Die Zukunft gehört Berlin"-Schriftzug um. Der Aufsteller flog in Zeitlupe über die Laufbahn. Moukoko hatte alle Zeit der Welt. Die Zukunft gehörte ihm. Doch am 20. November 2024 wird er auch 20 und dann so alt sein wie einst Haaland damals. Wo wird Moukoko feiern? Wie wird man sich irgendwann an ihn erinnern? Und was kann er wirklich? Die Zukunft entscheidet sich jetzt.

Quelle: ntv.de

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