Wer ist der "Bart der Nation"? Der Beste spielt jetzt für Nagelsmanns DFB-Team
14.03.2024, 15:11 Uhr
Da geht's zur Nationalmannschaft, Jan-Niklas.
(Foto: dpa)
Julian Nagelsmann hat alle Freiheiten, um die Nationalmannschaft fit für die Heim-EM zu machen. Diese Freiheiten führen zu einem Radikalumbau des Teams. Zahlreiche neue Namen tauchen im ersten Kader des Jahres auf. Unter anderem Jan-Niklas Beste. Wer ist das?
Jan-Niklas Beste hatte am vergangenen Wochenende noch abgewinkt. Gerüchte, dass er ab Donnerstag zum Kader der deutschen Nationalmannschaft gehören würde, amüsierten ihn doch sehr. "Da kann ich immer noch drüber lachen, weil es in den letzten ein, zwei Wochen kein Gespräch mit dem Bundestrainer gab", sagte Beste im "Sportstudio" des ZDF. Ob es davor allerdings Kontakt mit Julian Nagelsmann gab, darüber weiß man nichts. Tatsächlich blieb bis zuletzt im Verborgenen, ob es der 25-Jährige ins Aufgebot schaffen würde. Erst bei der offiziellen Bekanntgabe für die Testspiele gegen Frankreich und die Niederlande wurde das Geheimnis gelüftet.
Darin stecken gleich zwei Besonderheiten. Zum einen war schon vorab nahezu alles durchgestochen worden, was Nagelsmann an Umbauarbeiten vornimmt, unter anderem der Verzicht auf die komplette BVB-Abwehr und der Verzicht auf Bayerns Spielmacher Leon Goretzka, und zum anderen ist die Nominierung von Beste eine der spannendsten Personalien im "neuen" DFB-Team. Denn er kommt vom kleinsten Verein der Bundesliga mit dem höchstgelegenen Stadion. Beste kommt von Aufsteiger 1. FC Heidenheim. Gemeinsam mit seiner Mannschaft, die vor dieser Spielzeit als sicherer Abstiegskandidat gehandelt worden war, mischt er das Oberhaus mächtig auf. Der 25-Jährige schoss mit einem spektakulären Freistoß das erste Bundesligator der Heidenheimer Geschichte, das mit der Auszeichnung zum "Tor des Monats" August gekrönt wurde.
Hochzeit rettet den Wikingerbart
Und Beste ist gleich in mehrfacher Hinsicht auffällig. Zum einen freilich wegen seines markanten Barts, der jetzt schon das Potenzial zum "Bart der Nation" hat, sollte er tatsächlich auch im Sommer ins Aufgebot für die Heim-EM berufen werden. Sein markantes Zeichen war dabei im vergangenen Sommer in Gefahr. Eigentlich sollte er bei der Aufstiegsfeier rasiert werden. Doch Beste konnte seinen Bart gerade noch verteidigen: "Vier Tage vor meiner Hochzeit wollten sie mir das dann doch nicht antun. Deshalb ist er noch dran."
Auffällig ist er zum anderen wegen seiner gefährlichen Standards. Eine Qualität, die der Nationalmannschaft in der jüngeren Vergangenheit abhandengekommen ist. Einen solchen Spezialisten im Kader zu haben, sei auch ein Gedanke mit Blick auf die-Heim, verriet der Bundestrainer bei der Nominierungs-Pressekonferenz. Mit dieser herausstechenden Gefahr erinnert Beste ein klein wenig an David Odonkor, der 2006 überraschend in den Heim-WM-Kader von Jürgen Klinsmann aufgenommen worden war und mit seinem mutigen Flankenlauf gegen Polen zum 1:0 durch Oliver Neuville zu einem Helden auf Zeit geworden war.
Aber eine Sache unterscheidet die beiden Überraschungsmänner dann doch. Beste hat mehr vorzuweisen, als diese eine herausragende Qualität, die bei Odonkor das Tempo war. Der 25-Jährige ist nicht nur bei Eckbällen und Freistößen gefährlich, sondern kann das Spiel mit scharfen Pässen auch gut und schnell eröffnen, ist sehr ballsicher, wendig, gut im Dribbling. Und mit seinen Flanken einen großen Mann in der Mitte füttern. Niclas Füllkrug vom BVB könnte das etwa sein.
Kleine Odyssee bis zum Glück
Für jenen Klub, für die Borussia aus Dortmund, hat Beste einst sein Profidebüt gegeben. Der gebürtige Hammer stand am 12. August 2017 beim DFB-Pokal-Erstrundenspiel beim Sechstligisten 1. FC Rielasingen-Arlen, das der BVB 4:0 gewann, in der Startelf, durfte durchspielen und bereitete das 1:0 durch Marc Bartra vor. Eine kleine Ewigkeit ist das her, abzulesen auch an den Namen der Kollegen, mit denen Beste unter anderem spielte: André Schürrle (mittlerweile freigeistiger Lebenskünstler), Nuri Şahin (mittlerweile Co-Trainer des BVB), Pierre-Emerick Aubameyang (noch aktiv bei Olympique Marseille) oder auch Lukasz Piszczek (Kultfußballer im Ruhestand).
Der Durchbruch war das Spiel für Beste nicht. Es blieb bei einem Profi-Einsatz im schwarz-gelben Trikot. Was folgte, war eine kleine Odyssee, die ihn über die Stationen Werder Bremen, FC Emmen und Jahn Regensburg im Sommer 2022 zum 1. FC Heidenheim führte. Unter Trainer Frank Schmidt wurde er zur unverzichtbaren Größe. Der gelernte Linksverteidiger rückte nach vorne, wurde zum Linksaußen und war maßgeblich beteiligt am Aufstiegsmärchen des kleinen Klubs. In allen Spielen stand er auf dem Platz, steuerte zwölf Tore und 13 Vorlagen bei. Und er hielt dieses Niveau auch im Oberhaus. In 22 Partien traf er siebenmal und legte zehnmal auf.
"Er hat außergewöhnliche Scorerpunkte"
In der Scorerliste der Bundesliga ist der fünftbeste Spieler mit deutschem Pass, vor ihm liegen Leroy Sané (20 Punkte), Füllkrug (19 Punkte) sowie Deniz Undav (19) und Maximilian Beier (18), die ebenfalls neu im DFB-Team sind. "Er macht das sehr gut, er hat außergewöhnliche Scorerpunkte. Bei Heidenheim solche Werte zu haben, da musst du ihn auch auf Nationalmannschaftsniveau testen", begründete Nagelsmann die Nominierung und lobte die Aggressivität des 25-Jährigen, gerade auch nach Ballverlusten, was ihn dann auch zu einer Alternative hinten links macht. In seiner Karriere hat er 105-mal den Außenverteidiger gegeben - aber noch nie in der Bundesliga.
Beste selbst ist von dem rasanten Tempo, das ihn von einem herausragenden Zweitligaspieler zum DFB-Mann machte, überrascht. Im "Sportstudio" sagte er am Tag, als er mit Heidenheim beim FC Augsburg mit 0:1 verloren hatte: "Ich glaube, nach heute sieht man auch, für die Nationalmannschaft fehlt auch noch ein gutes Stück. Ich habe noch nicht eine Saison Bundesliga gespielt, und dann wird man direkt mit der Nationalmannschaft in Verbindung gebracht. Ich glaube, das ist ein bisschen zu früh". Nagelsmann sieht das anders.
Quelle: ntv.de