Fußball

Hoffen auf den FC Bayern Löw setzt zur Charme-Offensive an

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Die WM missglückt komplett, in der Nationenliga droht der Abstieg - also lädt der DFB erstmals seit vier Jahren Zuschauer zum Training ein. Das ist eine gute Idee, die aufgeht. Das Problem sind eher die vielen Spieler des FC Bayern.

Als es vorbei war, hatte Thomas Müller immer noch gute Laune. Er stand am Zaun und schrieb Autogramme, als einer sagte: "Beim FC Bayern läuft's ja nicht so gut!" Müller lachte. "Im Moment nicht. Aber wir kommen wieder. Die Berliner überholen wir schon noch." Das war keine Kampfansage, das war einfach ein Flachs und passte gut zur Charme-Offensive des DFB nach dem Debakel bei der Weltmeisterschaft in Russland: stets schön freundlich und ganz nah am Zuschauer. Gut 75 Minuten hatten Müller und seine Kollegen von der Fußball-Nationalmannschaft zuvor an diesem frühen Dienstagabend im Amateurstadion der Berliner Hertha trainiert, quasi im Schatten des Olympiastadions.

Julian Brandt & Co. waren noch lange nach dem Training begehrt.

Julian Brandt & Co. waren noch lange nach dem Training begehrt.

(Foto: imago/Matthias Koch)

Dort hatten die Bayern vor knapp zwei Wochen mit 0:2 verloren, am vergangenen Samstag gab's ein 0:3 gegen Mönchengladbach, und die Meister aus München stehen nur noch auf Platz sechs der Bundesligatabelle. Ein kleines Problem für Bundestrainer Joachim Löw könnte nun sein, dass sieben Spieler dieses angeschlagenen FC Bayern das Gerüst seiner Mannschaft bilden, die in der Nationenliga so viele Punkte sammeln sollte, dass sie zumindest nicht in Gefahr gerät, aus der Gruppe A abzusteigen. Das sind, neben Müller, Torhüter und Kapitän Manuel Neuer, die Innenverteidiger Mats Hummels, Jérôme Boateng und Niklas Süle, der neuerdings im Mittelfeld eingesetzte Joshua Kimmich sowie Serge Gnabry, den Löw für den angeschlagenen Leon Goretzka einlud, der auch in München spielt.

In Amsterdam geht es am Samstag (ab 20.45 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) gegen die Niederlande, am Dienstag drauf (gleiche Zeit, gleicher Ticker) in Paris gegen Weltmeister Frankreich. Und auch Löw, der zu Beginn des Trainings den Ball im Mittelkreis ebenso gekonnt wie selbstverliebt mit dem Fuß hochhielt und von den meist sehr jungen Fans mit "Jooogiiii"-Rufen gefeiert wurde, weiß, dass er es sich bei allem Charme nicht leisten kann, diese beiden Spiele zu verlieren. Also sagte er, was er sagen musste, da viele der Besten nun einmal beim FC Bayern spielen: "Ich weiß schon, welche Qualitäten diese Spieler haben. Es war immer wieder mal so, dass Spieler im Verein nicht in der Topverfassung waren, bei der Nationalmannschaft dann trotzdem eine tolle Leistung gezeigt haben."

"Den Fans auch wieder öffnen"

Zumindest dürfen er und seine Mannschaft sich der Unterstützung der etwa 5000 Menschen sicher sein, die ihnen in Berlin beim Training zuschauen durften und nachher nicht nur von Müller ihre Unterschriften und Selfies bekamen. "Das war Teil unserer Selbstkritik nach der WM, dass wir gesagt haben: Wir müssen uns den Fans auch wieder öffnen", hatte Löw vor der Übungseinheit gesagt. Und Manager Oliver Bierhoff konstatierte hinterher: "Es ist schön, mal wieder die Tore zu öffnen."

Als ob jemand die Tore gegen seinen Willen zugesperrt hätte. Vor mehr als vier Jahren hatten die deutschen Fußballer zum bisher letzten Mal zu einem öffentlichen Training eingeladen. Das ist lange her, die Zeiten im September 2014 waren andere. Die DFB-Elf hatte just in Brasilien die WM gewonnen und vor dem Testspiel gegen Argentinien, dem Endspielgegner von Rio de Janeiro, kamen knapp 45.000 Zuschauer nach Düsseldorf ins Stadion, um die Weltmeister üben zu sehen. Beim Spiel selbst waren dann noch 7000 Menschen mehr da. Dass die Deutschen das Spiel völlig verdient mit 2:4 verloren, spielte keine Rolle. Und über zu wenig Nähe klagte auch niemand.

"Wir sind selbstgefällig aufgetreten"

Seitdem ist viel passiert. Die WM im Sommer in Russland war desaströs. Der Umgang des Verbandes mit Mesut Özil, seinen Fotos mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, mit den rassistisch motivierten Anfeindungen gegen den Mittelfeldspieler und mit seinem Rücktritt war es auch. Das Image des DFB ist beschädigt, die Strahlkraft seiner Vorzeigemannschaft hat nachgelassen. Bierhoff hatte in seiner sogenannten WM-Analyse konstatiert: "Uns hat die richtige Einstellung gefehlt. Wir sind selbstgefällig aufgetreten. Wir haben die Unterstützung der Fans für selbstverständlich gehalten."

Schon bevor die Deutschen in Russland in der Vorrunde ausschieden, regte sich Kritik. Im Trainingslager in Südtirol hatte sich die Mannschaft verbarrikadiert, das Gelände war blickdicht abgeriegelt, die Zufahrtsstraßen in Eppan zeitweise auch für die Einwohner gesperrt. Das DFB-Raumschiff war gelandet, #zsmmn, versteht sich. Nur hätte darüber hinterher kaum jemand geredet, wäre die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw in Russland erfolgreich gewesen. War sie aber nicht.

Da war das mit dem Training eine gute Idee. 2500 der 5000 Freikarten waren an Kinder- und Jugendteams gegangen, die zweite Hälfte war über die DFB-Tickethotline in wenigen Stunden vergeben. Die, die im Amateurstadion waren, machten durchaus den Eindruck, als habe es ihnen gefallen. Und es soll nun nicht wieder vier Jahre dauern. Bierhoff versprach, das Training der Nationalmannschaft "in regelmäßigen Abständen" zu öffnen. Das war hoffentlich kein Flachs. Die nächste Gelegenheit jedenfalls bietet sich schon bald: Am 15. November spielt die DFB-Elf in Leipzig und in aller Freundschaft gegen Russland, vier Tage später dann steht in Gelsenkirchen das Rückspiel gegen die Niederlande an. Wo dann wohl der FC Bayern steht?

Quelle: ntv.de

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