Fußball

6 Dinge, gelernt am 20. Spieltag Niveauloser Guardiola, planloser Klopp

"Natürlich müssen wir uns verbessern, um unser Niveau zu erreichen": Josep Guardiola.

"Natürlich müssen wir uns verbessern, um unser Niveau zu erreichen": Josep Guardiola.

(Foto: imago/Ulmer)

Während sich der FC Bayern weigert, seinen Vorsprung in der Fußball-Bundesliga zu verspielen, reichen die Dortmunder die Rote Laterne weiter. Aus dem Gröbsten raus sind sie aber nicht. Union Berlin setzt ein Zeichen.

1. Weniger ist für Guardiola mehr

Huub Stevens war frustriert. "Was willst du denn tun, wenn Robben so einen Ball reinschießt - und dann auch Alaba?", knurrte der Niederländer nach dem 0:2 seines VfB Stuttgart gegen den FC Bayern an diesem 20. Spieltag der Fußball-Bundesliga. Die ersten beiden ernsthaften Torschüsse der Münchner waren direkt im Stuttgarter Tor gelandet.

Er kann's einfach: Arjen Robben.

Er kann's einfach: Arjen Robben.

(Foto: imago/Ulmer)

Erst versenkte Arjen Robben den Ball kurz vor der Pause kunstvoll über VfB-Keeper Sven Ulreich zum 1:0. Dann hob David Alaba den Ball kurz nach der Pause aus 30 Metern kunstvoll über die VfB-Mauer zum 2:0. Das reichte, weil sich die Torphobie der Stuttgarter fortsetzte. Mehr als ein Schlenzer von Gotoku Sakai, den Welttorhüter Manuel Neuer in der 28. Minute souverän an den Pfosten guckte, sorgte nicht für Aufregung im Bayern-Strafraum. Auch im sechsten Heimspiel in Folge erzielte der VfB kein Tor. Damit befindet sich der neue Tabellenletzte auf Augenhöhe mit dem Vorletzten SC Freiburg. Dem war dieses Kunststück in der Saison 2009/10 gelungen, verbunden mit noch einem anderen Kunststück: Freiburg hielt trotzdem die Klasse. Vom Kunststück, einen Elf-Punkte-Vorsprung zur Winterpause noch zu verspielen, hat sich der FC Bayern mit dem Sieg in Stuttgart wieder entfernt. Schön war es, abgesehen von den Toren, immer noch nicht, was Josep Guardiolas Über-Bayern boten. Aber sie befolgten die Anweisung ihres Trainers. Die lautete: "Weniger laufen, mehr spielen." Allerdings sah auch Guardiola ein: "Natürlich müssen wir uns verbessern, um unser Niveau zu erreichen." Immerhin warten jetzt die Seriensieger vom Hamburger SV.

2. Viel hilft nicht viel

An der Laufbereitschaft liegt es nicht, dass sich Borussia Dortmund in dieser Saison von der aufregendsten Fußballmannschaft Europas zum Abstiegskandidaten gewandelt hat. Das Spiel gegen Freiburg eingerechnet kommen die BVB-Profis nun auf 2400 Laufkilometer in der Bundesliga. Das schafft ein Team sonst nur im Wintertrainingslager mit Felix Magath und entspricht in etwa der gefühlten Entfernung zwischen Dortmund und München in dieser Saison. Trotz des 3:0-Siegs bei einem erschreckend harmlosen SC Freiburg, trotz des Weiterreichens der Roten Laterne an Stuttgart, besteht weiter die Möglichkeit, dass der BVB mit seiner ganzen Lauferei nur einen großen Umweg macht - auf dem Weg in die 2. Liga.

Schwarze Serie: Jürgen Klopp.

Schwarze Serie: Jürgen Klopp.

(Foto: imago/Eibner)

Einen klaren taktischen Plan lässt Jürgen Klopp immer noch vermissen, schreiben Leute, die sich damit auskennen. Auffällig war im Spiel gegen den SC weniger die Dortmunder Spielkunst, die nur vor dem 3:0 aufblitzte, sondern die taktische Naivität der Freiburger. Nicht nur, dass sie gegen die demoralisierten Dortmunder mitspielen wollten und damit ins offene Messer liefen. Sie schenkten den Dortmunder Chancenverschwendern auch noch Torchancen und das Ende einer schwarzen Serie: Sieben Mal in Folge hatte der BVB zuletzt gegen Teams aus der unteren Tabellenhälfte verloren und sich das harte Leben im Abstiegskampf noch härter gemacht. Mit Mainz und Stuttgart warten jetzt zwei weitere Abstiegskonkurrenten auf den BVB, in denen Dortmund den Aufwärtstrend bestätigen muss. Bis dahin gilt das Wort von Bezahlfernsehexperte Dietmar Hamann: "Ich traue dem Braten noch nicht, weil die zwei Leistungen gegen Leverkusen und Augsburg spielerisch nicht gut genug waren. Ich denke, sie sind aus dem Gröbsten noch nicht draußen."

3. Die Skripniker setzen auf Viktory

Werders Trainer Viktor Skripnik hat sich ja, seit er Ende Oktober die Nachfolge Robin Dutts antrat, schnell seinen Spitznamen erarbeitet: "Viktory" nennen sie ihn in Bremen. Und das zu Recht. Das 2:1 gegen Leverkusen war der vierte Sieg in Serie, was sich in der Tabelle derart niederschlägt, dass die Skripniker nun auf Platz acht stehen - sechs Punkte hinter Bayer. Kein Grund allerdings, nach 22 Punkten aus elf Spielen euphorisch zu werden. "Ich lasse mich nicht provozieren. Wir schauen nur nach unten, nicht nach oben." Was nichts daran ändert, dass er als Paradebeispiel dafür gilt, dass es nicht die schlechteste Wahl ist, wenn einer aus dem Verein das Kommando übernimmt. Auch wenn diese Lösung immer den Ruch hat, der Not gefolgt zu sein. Skripnik war halt schon da, trainierte die U23 in der Regionalliga. Und übernahm das Ligaschlusslicht. Wie erklärt er den Erfolg? Er spricht viel mit seinen Schützlingen, oft "unter vier Augen. Vielleicht nehmen die Spieler die Kritik dann lieber an". Und er setzt auf die Jugend, zum Beispiel auf Janek Sternberg, Levent Aycicek und Davie Selke, der gegen Leverkusen das erste Tor schoss. Zlatko Junuzovic, der das zweite mit einem wieder wunderbaren Freistoß erzielte und den Skripnik "unsere Cinderella" nennt, sagt dazu: "Das neue Trainerteam hat uns neues Selbstvertrauen und Mut zum Fußballspielen gegeben." Viktory halt.

4. Die Augsburger meckern sich nach Europa

Auf einer Welle des Erfolges schwimmt auch der FC Augsburg. Das ärgerliche Remis gegen die Frankfurter Eintracht war da allenfalls ein kleiner Rückschlag, Tabellenrang vier lässt die Hoffnung auf den Europapokal keimen. Mittelfeldchef Daniel Baier hat dennoch etwas zu meckern und sprach nicht ganz zu Unrecht von einer "gefühlten Niederlage".

"Hätte mir ein volles Stadion gewünscht": Daniel Baier.

"Hätte mir ein volles Stadion gewünscht": Daniel Baier.

(Foto: dpa)

Zudem hat es ihn geärgert, dass das Augsburger Stadion trotz des sensationellen Erfolges der Mannschaft nicht ausverkauft war. "Dann spielen wir lieber nicht in Europa, wenn nur 27.000 Zuschauer ins Stadion kommen. Das kann ich nicht verstehen." Und: "Wenn man auf der Tribüne sitzt und sieht, dass man auf Platz drei rücken kann, hätte ich mir mehr Unterstützung gewünscht", grantelte Baier. Erstmals gab es Kritik am sonst so leidenschaftlichen Publikum. "Wenn wir alle erfolgreich sein wollen und so eine geile Situation haben, hätte ich mir ein volles Stadion gewünscht. Das hätte den letzten Kick gegeben." Was lernen wir daraus? Erfolg macht anspruchsvoll, auch in Augsburg. Andernorts jedenfalls registrieren sie ganz genau, was die Mannschaft von Trainer Markus Weinzierl da veranstaltet. "Augsburg ist sicherlich die große Überraschung der ganzen Liga. Wenn sie so weitermachen, haben sie eine echte Chance, sich für die Champions League zu qualifizieren oder zumindest für die Europa League. Da liegen sie sehr aussichtsreich im Rennen." Sagt Karl-Heinz Rummenigge, Chef des FC Bayern.

5. Schalke belebt den Catenaccio neu

Der FC Schalke und der Hamburger SV kopierten an diesem 20. Spieltag den FC Bayern und siegten mit Fußball auf Sparflamme. Während der Hamburger Sieg gegen Hannover primär dem Pech und Unvermögen des Gegners geschuldet war (verschossener Elfer, anderthalb Eigentore), scheiterte Borussia Mönchengladbach an einem Spielkonzept. Die Elf von Lucien Favre staunte nicht schlecht über den königsblauen Catenaccio, den S04-Coach Roberto di Matteo zelebrieren ließ. Eine Fünferabwehrkette, gesichert durch eine Dreierkette - da war für die Borussen kein Durchkommen. "Die Abläufe sind alle einstudiert. Unsere Abwehrlinie steht 20, 30 Meter hinter den Stürmern, so halten wir den Gegner aus der Gefahrenzone fern", sagte Abwehrspieler Jan Kirchhoff nach dem Spiel. Und er tat es, darf man den Kollegen vom Sport-Informations-Dienst glauben, "mit glühenden Wangen". Neben der Gelsenkirchener Mauer begeistert man sich auf Schalke derzeit auch für einen Spieler, der schon als gescheitert galt. Tranquillo Barnetta erzielte gegen Gladbach in seinem 250. Bundesligaspiel sein drittes Saisontor. Eine Ausbeute, die er den vergangenen vier Spielzeiten insgesamt erreicht hatte. Zum ersten Mal in dieser Saison steht Schalke damit unter den besten Drei der Bundesliga. Allerdings sind die Abstände nach oben riesig: Der Zweite VfL Wolfsburg liegt bereits acht Punkte vor den Schalkern - und acht hinter dem FC Bayern.

6. Unioner lassen Köhler nicht alleine

Zum Abschluss etwas Bemerkenswertes aus der zweiten Liga. Dort spielte und siegte der 1. FC Union gegen den VfL Bochum. Aber das ist nicht die Geschichte. Der Sieg war an diesem Samstagnachmittag im Stadion an der Alten Försterei nur Nebensache. Benjamin Köhler, 34 Jahre alt und Mittelfeldspieler der Köpenicker, ist an Lymphdrüsenkrebs erkrankt. Ob der Mann mit der Nummer 7 auf dem Trikot jemals wieder Fußball spielen kann, weiß niemand. Für ihn geht es einzig und allein darum, die Krankheit zu besiegen. Bei der Partie gegen Bochum saß er mit seiner Frau Marina und seinem Sohn Dian auf der Tribüne - und weinte. Schon vor dem Anpfiff hatten sie an ihn gedacht, wie immer las Pressesprecher Christian Arbeit die Mannschaftsaufstellung der Unioner vor. Und doch war alles ganz anders. Er nannte die Vornamen, den Rest besorgten die Anhänger. Sie riefen stets nur einen Namen: "Köhler, Fußballgott."

Als wäre das nicht schon emotional genug gewesen, hatten sich Benjamin Köhlers Teamkollegen noch etwas ganz Besonderes ausgedacht. Sieben Minuten waren gespielt, da erklang ein Gongschlag. Alle Berliner inklusive Torhüter Daniel Haas rannten an die Seitenauslinie vor die Haupttribüne, zogen ihre Trikots aus, warfen sie auf den Rasen und standen dann dort in weißen T-Shirts mit der Nummer 7 darauf. Daneben stand: "Gemeinsam kämpfen!" Die Bochumer Kollegen standen im Halbkreis dahinter und applaudierten. Schiedsrichter Michael Weiner ließ sie gewähren. Die Union-Fans auf der Waldseite entrollten ein Banner: "7 - eine Zahl für Zuversicht und Glück. Kämpfe Benny und komm zurück!" Ein großer, ein bemerkenswerter Moment.

Quelle: ntv.de

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