Fußball

"Wenn ich das Problem bin ..." Nuri Sahin sieht vor Entlassung beim BVB keinen Ausweg mehr

Selbst Nuri Sahin hat die Hoffnung verloren.

Selbst Nuri Sahin hat die Hoffnung verloren.

(Foto: dpa)

Das Aus ist nur noch eine Flugreise entfernt. Borussia Dortmund wird sich am heutigen Mittwoch aller Wahrscheinlichkeit nach von Trainer Nuri Sahin trennen. Das berichten mehrere Medien übereinstimmend. Der Sauerländer Sahin wird sich nicht wehren. Er glaubt aber nicht, dass er das Problem ist.

Keine sechs Monate nach dem ersten großen öffentlichen Auftritt von Nuri Sahin als Cheftrainer von Borussia Dortmund bei der Saisoneröffnung am 10. August 2024 ist die Zeit des 36-jährigen Sauerländers an der Seitenlinie wohl schon wieder vorbei. Der wankende Ruhrgebiets-Riese wird durch den kommenden Trainerwechsel keine Blitzheilung erfahren, doch er ist zwangsläufig. Die Probleme in Dortmund sind gravierender und vielfach analysiert.

"Wenn ich das Problem bin oder wenn ein Trainerwechsel all die Nebenkriegsschauplätze löst, dann ist das überhaupt kein Problem", erklärte Noch-Trainer Sahin nach der neuerlichen Bankrott-Erklärung des BVB beim 1:2 (1:0) in der Königsklasse beim italienischen Erstligisten Bologna. Der Tross der Dortmunder wird nun am heutigen Mittwoch ins Ruhrgebiet zurückfliegen und den Übungsleiter wechseln. Das erscheint unausweichlich und es ist unausweichlich.

"Es geht darum, dass dieser Verein endlich wieder zur Ruhe findet, dass dieser Verein wieder erfolgreich wird", sagte Sahin: "Es geht nicht um meine Person. Ich bin verantwortlich, natürlich weiß ich, wie das Geschäft läuft. Aber für mich ist nur wichtig, dass Borussia Dortmund wieder erfolgreich wird."

Seit Tagen: Mediales Dauerfeuer

Borussia Dortmund, Beinahe-Meister 2022/2023 und Finalist der Champions League in der Saison 2023/2024, befindet sich in einer monumentalen Krise. Jahre verfehlter Personalpolitik auf allen Ebenen stellen den Klub auf die Probe. Die hohen Personalkosten des Klubs, die im vergangenen Jahr für den Gesamtkonzern mit 256 Millionen ausgewiesen wurden, spiegeln sich kaum noch auf dem Platz wider.

In der Führungsetage steht mit dem Abgang des Vorstandsvorsitzenden Hans-Joachim Watzke eine Zeitenwende an. Der gerade erst mit einem neuen Vertrag ausgestattete Sportdirektor Sebastian Kehl wird intern angezweifelt, während ihm extern seit Tagen in einem medialen Dauerfeuer seine Verfehlungen vorgehalten werden. Die Transferpolitik des BVB darf gesichert als vorläufig gescheitert betrachtet werden. Genau diese aber hatte im vergangenen Jahrzehnt immer wieder Werte geschaffen und mit Rekordtransfers wie denen von Ousmane Dembélé zu Barcelona oder Jude Bellingham zu Real Madrid für eine Stabilisierung der Finanzen auf dem Drahtseil Königsklasse gesorgt.

All das steht jetzt mit dem drohenden Verpassen der Champions League auf dem Prüfstand. Die Geduld des Klubs ist endlich. Es geht nur noch darum, sauber aus der Sache zu kommen. "Sie werden jetzt nicht von mir in Italien aus der Emotion heraus und aus der Hüfte eine Entscheidung mitgeteilt bekommen", erklärte der erst im vergangenen Frühling installierte BVB-Geschäftsführer Lars Ricken, nachdem er, von den TV-Kameras gut dokumentiert, mit gesenktem Kopf zum Interview geschritten war.

Matthias Sammer löst Erdbeben aus

Ricken hatte Sahin im Vorfeld auch öffentlich klargemacht, dass in Bologna endlich etwas passieren müsse. Doch auch der konsequente, aber auch verzweifelt wirkende Verzicht auf die vermeintlichen Führungsspieler des Kaders, Emre Can und Julian Brandt, hatte dem BVB die Nichtleistung nicht erspart. Das Endspiel war verloren. "Ich habe ein sehr vertrauensvolles und gutes Verhältnis zu Nuri, und er bekommt auch immer meine Rückendeckung. Aber meine Aussagen stehen natürlich", sagte Ricken nun. "Wir wollen alle nur das Beste für Borussia Dortmund."

Lange hatten die Dortmunder in Bologna dabei mit allerlei Glück die frühe Führung nach 15. Minuten durch einen glücklichen, von Serhou Guirassy ausgeführten Elfmeter verteidigt. Doch nur 21 Sekunden nach dem auf das 1:1 durch Thijs Dallinga (71.) führten die nächsten Klamaukfehler im BVB-Spiel zum 1:2 durch Samuel Illing-Junior. Der vom VfB Stuttgart in den Ruhrpott gewechselte Waldemar Anton hatte entscheidend gepatzt, der Rest der Abwehr hatte den Italienern auch nichts entgegenzusetzen.

Wie auch, denn der BVB lag über die Dauer der 90 Minuten in Bologna am Boden und wurde nach der vierten Niederlage im vierten Spiel des Jahres 2025 von Matthias Sammer ganz tief hineingestampft. "Diese Mannschaft ist körperlich und geistig in einer Nichtverfassung", sagte Sammer, der Berater von BVB-Boss Aki Watzke und TV-Experte auf Prime zugleich ist. "Sie kann leider nicht verteidigen, und angreifen kann sie auch nicht." Damit hatte er recht.

Nachfolger noch unbekannt

Das gesamte Spiel über hatte es der BVB noch einmal mit Terzic-Ball probiert. Die Ausrichtung erinnerte an den Heldenfußball des ehemaligen Trainers Edin Terzić, der oft mit langen Bällen die Stars in den Offensivreihen suchen ließ. Doch in Abwesenheit von Form und wohl auch Stars blieb der BVB nach dem frühen Tor ideen- und chancenlos.

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Die Statistiken sprachen eine vernichtende Sprache. Dortmund hatte weniger Pässe gespielt, dabei gerade einmal 74 Prozent an den Mann gebracht. Sie waren im gesamten Spiel auf nur drei Torschüsse gekommen, keine der sechs Flanken in den Strafraum hatte ihr Ziel erreicht und die Partie hatten sie natürlich auch noch verloren. Jetzt werden sie auch den Trainer verlieren.

Wer auf Sahin folgen wird, ist noch völlig unklar. Mit Erik ten Hag, Christian Streich, Roger Schmidt, Joachim Löw oder auch dem U19-Trainer der Dortmunder, Mike Tullberg, ist die öffentlich diskutierte Liste bereits sehr lang. Zu welchem Entschluss die Trainerfindungskommission des BVB kommt und ob dieser Auserwählte es dann überhaupt werden wird, ist so unklar wie die Zukunft des Ruhrpott-Giganten. "Trust the process", vertraut der Entwicklung, hatte Sahin bei der Saisoneröffnung 2024/2025 im August gesagt und um Zeit gebeten. Diese ist nun wohl abgelaufen. Die Probleme dürften bleiben.

Quelle: ntv.de

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