Fußball

Zerfall nach CL-Knockout? Und wieder ist PSG nur der Milliarden-Depp

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Was für eine Show: Nur etwas mehr als eine Viertelstunde braucht Karim Benzema, um Paris St. Germain aus der Champions League zu befördern. Nach seinem Hattrick jubelt der Kapitän mit Real Madrid über den Viertelfinal-Einzug. PSG steht dagegen vor vielen Fragen.

Der Fußball-Abend im legendären Estadio Santiago Bernabéu kippte in der 61. Minute. Karim Benzema, der Kapitän von Real Madrid, hatte Gianluigi Donnarumma, den teuren Torwart von Paris St. Germain, angelaufen und ihn zu einem katastrophalen Fehlpass gezwungen. Der landete beim hellwachen Vinicius Junior, von dort wieder bei Benzema und schließlich im Tor. Der Franzose, der neben Robert Lewandowski und Erling Haaland das wohl größte Phänomen im Strafraum ist, traf zum 1:1 im Achtelfinal-Rückspiel dieser Champions-League-Giganten. Gewendet war damit für Real freilich noch nichts. In Addition beider Spiele lag PSG weiter vorne (2:1).

Aber dieser Moment hatte etwas verändert. Er hatte etwas losgetreten. Eine weiße Lawine nämlich. Die rollte in den folgenden Minuten unaufhaltsam über das Pariser Mega-Ensemble hinweg, das die Partie zuvor eigentlich recht souverän gestaltet hatte. "Das erste Tor hat das Spiel komplett verändert", urteile PSG-Trainer Mauricio Pochettino. "Eine Stunde lang waren wir besser als Real Madrid. Die Atmosphäre im Stadion hat sich verändert. Danach haben wir einige Fehler gemacht, das kann man nicht abstreiten. Das schlimmste Gefühl ist, dass wir die bessere Mannschaft waren, aber wir haben das Spiel innerhalb von zehn Minuten verloren."

Dieser K.o. könnte wilde Folgen haben

Benzema zum Zweiten (76.) und Benzema zum Dritten (78.) - zerstört war wieder einmal der Henkelpott-Traum des französischen Starteams. Bitter genug, wenn man es emotional mit dieser Mannschaft hält. Und womöglich fatal in seinen Auswirkungen. Denn ein Knockout im Achtelfinale, der war nun wirklich nicht vorgesehen. Der deckt sich weder mit den Ansprüchen noch mit den aberwitzigen Investitionen von Klub-Boss Nasser Al-Khelaifi.

Nun deutet sich nicht unbedingt an, dass der Geschäftsmann sein Engagement einfach versenken wird. Er wird aber sehr wahrscheinlich wieder viel Geld und Geduld brauchen, um sein sportliches Luxus-Spielzeug neu auf- beziehungsweise zusammenzustellen. Es ist kaum vorstellbar, dass Paris auch in der kommenden Saison auf seinen Sensationssturm um Kylian Mbappé, um Neymar und Lionel Messi bauen kann. Mbappé, der Mann mit dem Weltfußballer-Potenzial, hatte bereits zu Beginn dieser Spielzeit keine Lust mehr auf PSG, sein Fiebertraum heißt Real Madrid. Und die Königlichen sind auch ganz beseelt von der Vorstellung, dass dieser phänomenale Franzose demnächst (sogar ablösefrei) für sie auflaufen wird. Sein Tor am Mittwochabend im Estadio Santiago Bernabéu darf im Nachgang als kleiner Anschmecker für große, gemeinsame Visionen hingenommen werden.

Was macht Lionel Messi?

Wie es mit Messi weitergeht, der in Paris weder sportlich überragend auftritt noch sonderlich glücklich zu sein scheint, scheint ebenfalls völlig offen. Irgendwann, so hatte der Argentinier immer betont, möchte er gerne nach Barcelona zurückkehren. Zwar scheint eine Rückkehr zu seinem klammen Herzensklub nicht sehr wahrscheinlich, zumal der Futbol Club all seine monetären Anstrengungen auf einen Transfer von Erling Haaland verwenden soll. Aber womöglich geht der ewige Weltfußballer auch noch einen kleinen lukrativen Umweg über Katar, Dubai oder sonst einen Ort, wo Fußball eher höchstbezahlte Entwicklungsarbeit ist.

Bleibt noch Neymar. Auch der hatte immer mal damit kokettiert, fußballerisch etwas anderes machen zu wollen. Aber sowohl der Brasilianer als auch die Gerüchteküche sind in den vergangenen Monaten immer etwas leiser geworden. Vielleicht wird er (wieder einmal) der Anker des Neuaufbaus. Wer den anleiten soll? Unklar. Es ist kaum vorstellbar, dass Pochettino nach diesem frühen Knockout gehalten wird. Zumal sich die Mannschaft unter ihm nicht sonderlich weiterentwickelt und er etwa die Abwehrschwächen nicht unter Kontrolle bekommt. "Ich bin wirklich enttäuscht, verärgert - aber so etwas kann passieren. Die nächsten Wochen werden nicht einfach sein", ahnt der Argentinier. Für ihn ganz besonders nicht. Aber die Exit-Option winkt schon mit beiden Armen. Pochettino wird ja seit langem mit Manchester United in Verbindung gebracht.

Ahnen die Klubbosse jetzt was?

Paris St. Germain, das muss man in dieser Deutlichkeit sagen, ist gescheitert. Wieder bleibt der Mannschaft nur die Rolle des Milliarden-Deppen in der Königsklasse. Die Bosse aus Katar interessieren sich nämlich tatsächlich nur für eine Sache, sie wollen endlich den Henkelpott, die Sehnsuchts-Trophäe aus der Königsklasse, gewinnen. Einzig und allein diesem Ziel diente das nächste Mega-Investment im vergangenen Sommer. Dort zirkulierte das Geld. Die Macht der Zahlen drückte sich tatsächlich nicht in den Ablösen aus, sondern eher in den Gehältern. Das Financial Fairplay wurde dabei natürlich beachtet. Heißt es aus dem Klub. Es zeigt einfach nur, wie absurd diese Regel ist, die dem Wahnsinn am Markt doch eigentlich Einhalt gebieten sollte.

Ob den Kluboberen nun endlich klargeworden ist, dass nicht alleine massiv viele Euros Titel gewinnen, sondern dass es dafür auch ein gut funktionierendes Kollektiv und eine sinnvoll ausbalancierte Mannschaft braucht? Niemand weiß das so genau. Aber spätestens seit diesem Mittwochabend dürfte die katarische Feiergesellschaft im Wartestand ahnen, dass der Weg zur Sehnsuchtstrophäe keine Autobahn ohne Tempolimit ist (dann wäre der PSG-Bolide nicht aufzuhalten), sondern eher die A40 mit reichlich Stop-and-go und einigen unangenehmen Ausfahrten.

Quelle: ntv.de

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