Fußball

Später Ärger mit der Steuer Wenn sich Superstars für ein paar Millionen in Knastnähe dribbeln

Carlo Ancelotti hat Ärger mit dem Fiskus. Cristiano Ronaldo hat das schon hinter sich.

Carlo Ancelotti hat Ärger mit dem Fiskus. Cristiano Ronaldo hat das schon hinter sich.

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

Spanische Behörden wollen Carlo Ancelotti lange im Gefängnis sehen: Der Startrainer von Real Madrid soll Steuern hinterzogen haben. Damit stünde der Italiener in einer langen, sehr prominent besetzten Reihe. Die Masche ist immer ähnlich.

Aus den schwerreichen Profi-Fußballern, die wegen filigraner Steuertricksereien Ärger mit der spanischen Justiz hatten, könnte man eine veritable Weltauswahl bilden: Lionel Messi wurde einst zu einer 21-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt, Cristiano Ronaldo setzte da noch einen drauf und durfte viele Millionen Euro nachzahlen, Reals langjähriger Regisseur Luka Modrić musste zahlen, genauso wie sein einstiger Mannschaftskollege Marcelo oder Barça-Legende Piqué. Trainiert werden könnte das hochkarätige Ensemble künftig von Carlo Ancelotti, diesem Grandseigneur unter den Klubtrainern. Denn die Staatsanwaltschaft Madrid will den Italiener, der schon viermal die Champions League gewann, fast fünf Jahre im Gefängnis sehen.

Wie bei den verurteilten Spielern soll es auch bei Ancelotti um unsaubere Tricks im Umgang mit Einnahmen aus persönlichen Bildrechten gehen, die den Erfolgstrainer teuer zu stehen kommen könnten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 64-Jährigen vor, im Jahr 2014 erzielte Einnahmen aus Bildrechten nicht versteuert zu haben. Dafür habe der Trainer auf ein "komplexes" und "verwirrendes" Netzwerk von Treuhandgesellschaften und Unternehmen zurückgegriffen, um die Einnahmen aus diesen Bildrechten zu kanalisieren und die Besteuerung zu vermeiden.

Situation hat sich geändert

Mit Bildrechten lässt sich gutes Geld verdienen. Die Höhe der Einkünfte, die daran geknüpft sind - beispielsweise durch individuelle, vom Verein und dessen Zentralvermarktung unabhängige Werbeauftritte - lässt sich besser verschleiern als die Millionen, die bei Spielern oder Trainern in ihren hochdotierten Verträgen stehen.

"Es ist in Spanien sicherlich verbreiteter, neben einem Arbeitsvertrag einen Vertrag über die Einräumung von Persönlichkeitsrechten zu schließen und den dann über eine separate GmbH laufen zu lassen, was dann zumindest früher tatsächlich zu gewissen Steuerersparnissen geführt hat", sagte Joachim Rain aus der auf das Fußballgeschäft spezialisierten Kanzlei des Rechtsanwaltes Christoph Schickhardt schon 2017 dem Deutschlandfunk.

"Aber da hat sich die Praxis der Finanzbehörden in Spanien geändert, die derartige Einnahmen dem Spieler jetzt als Einkommen zurechnen, so er denn 100-prozentiger Inhaber der entsprechenden GmbH ist", erklärte er weiter. Fünfzehn Prozent ihres Gesamteinkommens durften über Gesellschaften abgewickelt werden. Es geht bei den laufenden und abgeschlossenen Verfahren gegen kickende Steuersünder tatsächlich in der Regel um Vorgänge von vor 2017, die bis dahin oft mindestens toleriert worden waren.

Real-Legende Sergio Ramos, der 2019 wegen der üblichen Bildrechte-Masche verurteilt worden war, ging gegen seine Bestrafung mit dem Hinweis vor, die Behörden hätten die für Steuervermeidung zugrunde liegenden Bewertungskriterien rückwirkend geändert, wodurch es zu der Nachzahlung gekommen war. "Ich stimme mit den veränderten Kriterien nicht überein und habe mein Recht auf Berufung wahrgenommen", teilte Spaniens Rekord-Nationalspieler mit.

"Ley Beckham" als Geschenk an die Stars

Bei den Stars der Branche war es gängige Praxis, Persönlichkeitsrechte an Gesellschaften zu verkaufen, die sie wiederum bei Werbepartnern zu Geld machten. Spieler oder Trainer erhielten oft niedrige Pauschalen, die in keinem Verhältnis zu den tatsächlich erzielten Einnahmen standen, die das Vermögen der Gesellschaft bildeten. Fällig wäre damit nur die Körperschaftssteuer, nicht aber die wesentlich höhere Einkommenssteuer. Superstars wie Cristiano Ronaldo bedienten sich bei der Umleitung der Gelder komplizierter Strukturen, um am Ende auf Teile ihres Einkommens in Steuerparadiesen wie den Britischen Jungferninseln gar keine Steuern mehr bezahlen zu müssen.

Dabei meinte es Spanien viele, viele Jahre ohnehin schon sehr gut mit den schwerreichen Fußballern aus aller Welt, die LaLiga mit ihrer Kickkunst veredeln sollten. So wurden 2003 Profifußballer mit hochkarätigen Wissenschaftlern und Wirtschaftsbossen gleichgestellt, die von spanischen Unternehmen angeworben wurden - und hatten einen Spitzensteuersatz von 25 Prozent. Freilich nur auf in Spanien erwirtschaftete Einkünfte. Erster Nutznießer war der englische Superstar David Beckham, der seinerzeit für Real Madrid aufdribbelte. Das "Ley Beckham" wurde erst 2010 wieder kassiert.

Ancelotti habe nun - so heißt es seitens der Staatsanwaltschaft - die Übertragung seiner Bildrechte an Unternehmen "simuliert", die ihren Sitz außerhalb Spaniens hatten. Damit habe er den wahren Empfänger der Einnahmen aus seinen Bildrechten verschleiern wollen, "so dass weder er noch eines dieser Unternehmen Steuern auf die hohen Beträge zahlen musste, die er in Spanien oder außerhalb unseres Landes erhielt."

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft unterzeichnete Ancelotti am 1. Juli 2013 einen privaten Vertrag, in dem er seine Bildrechte für einen Zeitraum von zehn Jahren und einen Preis von 25.000.000 Euro an das Unternehmen Vapia Limited übertrug. Einen Tag später ernannte das Unternehmen den Trainer von Real Madrid zu seinem Bevollmächtigten, "der ihm die maximalen Handlungsbefugnisse zur Verwaltung seiner Bildrechte einräumt". Später, zu einem nicht näher bezeichneten Zeitpunkt, wurde ein Nachtrag zu der Vereinbarung formalisiert, in dem die Laufzeit der Vereinbarung auf drei Jahre und der Kaufpreis für die Bildrechte auf eine Million Euro reduziert wurde.

Jammernde Superstars

Die übliche Praxis: Die Steuersünder machen einen Deal mit der Justiz, in Haft musste noch keiner der Fußballpromis. Superstar Lionel Messi wurde 2016 zu einer langen Bewährungsstrafe verurteilt und zahlte zwölf Millionen Euro an Steuern nach - die dem Vernehmen nach von seinem damaligen Klub FC Barcelona übernommen wurden. Die spanische Justiz habe an ihm ein Exempel statuieren wollen, jammerte der hochbezahlte Messi 2019. "Ich war der erste Topspieler. Sie haben mit mir angefangen und sind dann allen anderen nachgegangen."

Messis ewiger Rivale Cristiano Ronaldo hatte sogar noch etwas tiefer in die Taschen des Staates gelangt: Der Portugiese überwies 2019 satte 19 Millionen Euro an Nachzahlungen und Strafe, bekannte sich der Steuerhinterziehung schuldig - und wurde dafür zu einer Haftstrafe von 23 Monaten und 30 Tagen verurteilt. In Spanien ist es üblich, dass Haftstrafen unter zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden. Auch Ronaldo wunderte sich schwer über das Vorgehen gegen ihn: "Ich werde wie ein Verbrecher behandelt", klagte der schwerreiche Steuersünder.

Allerdings muss man sich Ronaldo als zufriedenen Mann vorstellen: Trotz der Nachzahlungen ist der Portugiese ein Großmeister der Steuervermeidung. "Es geht mir blendend", rief er Journalisten zu, als er - mit der Verurteilung in der Tasche - vom Gerichtsgelände brauste. Die 19 Millionen Euro sind in der Welt des Großverdieners ein akzeptabler Kollateralschaden. Die Konstruktion, mit der Ronaldos Millionen Euro steuerarm durch Europa und die Karibik verschoben wurden und die von der Rechercheplattform "Football Leaks" aufgedeckt wurde, würden eigene BWL-Seminare füllen.

Real Madrids Luka Modrić wurde zu einer achtmonatigen Haftstrafe verurteilt, die er nach einer Zahlung von 60.000 Euro nicht antreten musste. Marcelo, seinerzeit Teamkollege Modrics, zahlte 750.000 Euro zusätzlich zu einer viermonatigen Bewährungsstrafe. Startrainer José Mourinho bezahlte seine Verfehlungen aus seiner Zeit bei Real Madrid (2010 bis 2013) mit einer einjährigen Haftstrafe und 4,6 Millionen Euro Straf- und Nachzahlungen. Die Liste prominenter Steuersünder aus dem spanischen Fußball ist länger. Viel, viel länger.

Die "Jagd" auf Xabi Alonso

Eine Ausnahme bildet Xabi Alonso, einst Spieler bei Real Madrid und dem FC Bayern München, heute auf dem besten Wege, als Trainer Bayer Leverkusen zur Meisterschaft zu führen. Auch dem einst genialen Strategen drohte eine lange Haftstrafe, weil er zwischen 2010 und 2012 als Spieler von Real Madrid fünf Millionen Euro aus der Vermarktung seiner Bildrechte am spanischen Fiskus vorbeigeschleust haben soll. Doch Alonso machte keinen Deal, er focht die Angelegenheit vor Gericht aus - durch alle Instanzen. Im Oktober 2023 wurde er schließlich letztinstanzlich freigesprochen.

Die Behörden hatten eine Nachzahlung von drei Millionen Euro, eine Strafe von 2,25 Millionen sowie 400.000 Euro Zinsen gefordert, wie Alonso berichtete, ging es in dem Prozess jedoch auch um eine Haftstrafe für den Welt- und Europameister. "Mit diesem Antrag wollten sie mich noch stärker unter Druck setzen, damit wir ein Agreement eingehen, obwohl ich nichts Unrechtmäßiges getan habe", schilderte der 41-Jährige damals, "aber da ich die Überzeugung hatte, alles richtig gemacht zu haben, habe ich bis zum Ende gekämpft." Am Ende eines mehr als zehn Jahre währenden "Jagd" (Alonso) stand der finale Freispruch für den Fußballstar - und die Überzeugung: "Sie wussten, dass sie nicht das Richtige tun, sondern sie nur Druck auf mich ausüben wollten, um dieses Agreement zu erreichen."

Ancelotti, das neueste Mitglied in der Riege der prominenten Fußball-Unternehmer, die Stress mit den Steuerbehörden haben, gibt sich gelassen: "Ich bin überzeugt, dass ich unschuldig bin, dass ich 2015 kein Einwohner Spaniens war", sagte er nach dem Einzug von Real Madrid ins Viertelfinale der Champions League. "Das ist eine alte Geschichte, die vor acht Jahren mit einer (Steuer-) Erklärung zu 2015 begann, bei der das Finanzamt meint, ich sei in Spanien ansässig gewesen. Ich hoffe, dass das bald geklärt ist. Ich kann ruhig schlafen."

Quelle: ntv.de

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