
Thomas Müller soll womöglich schon bald seinen neuen Vertrag unterzeichnen.
(Foto: IMAGO/Sportimage)
Der FC Bayern ist ein Phänomen. Seit 40 Spielen ist der Klub in der Gruppenphase der Champions League ungeschlagen. Mit dem Spiel in Manchester endet diese Serie. Nicht, weil sie verlieren, sondern weil das Format sich ändern wird. Doch vorher steht noch eine Heldenreise an. Natürlich auch mit Thomas Müller.
Gestern noch schien die Welt beim FC Bayern nicht in Ordnung. Jetzt gehört dem Rekordmeister wieder die strahlende Zukunft. Immerhin das ist eine Konstante. Eine andere: Die Mannschaft von Thomas Tuchel bietet weiter wenig wirkliche Angriffspunkte und kann sich nach dem 1:0 (0:0) bei Manchester United weiter berechtigte Hoffnungen auf die Rückkehr nach Wembley machen. Dort wird, wie bereits im Mai 2013, das Finale der Champions League ausgetragen. Wembley, das ist für den FC Bayern Erinnerungs- und Sehnsuchtsort zugleich.
Die auch in ihrem letzten Gruppenphasenspiel der Champions League aller Zeiten ungeschlagenen Bayern mussten sich- wie schon in den Vorjahren - in den sechs Spielen gegen Manchester United, Kopenhagen und Galatasaray keine Sorgen machen. Sie spielten in ihrer eigenen Liga, manchmal mit dem Gegner und sind nunmehr seit 40 Spielen in der Gruppenphase ungeschlagen. Die letzte Niederlage, ein 0:3 gegen Paris Saint-Germain, liegt bereits über sechs Jahre zurück. Eine weitere wird nicht hinzukommen. Das veränderte Format der Königsklasse denkt nicht mehr in Gruppen.
"Wir haben die Gruppenphase bravourös bestanden und gezeigt, dass wir einer der großen Klubs sind, die zu Recht Ambitionen auf den Sieg haben. Das wollen wir in der nächsten Runde auch beweisen", sagte der zufriedene Vorstandschef Jan-Christian Dreesen auf seiner Bankettrede nach dem Erfolg in Old Trafford: "Manchester war echt 'ne Reise wert, ein ganz großes Kompliment an die Mannschaft."
Was Dreesen wirklich glücklich macht
An der waren nach dem 1:5 in Frankfurt am vergangenen Wochenende mal wieder Zweifel laut geworden, die Kritiker hatten sich auf den Verein gestürzt wie ausgehungerte Hyänen, doch das Team um Trainer Thomas Tuchel ignorierte es. "Heute waren wir wieder da! Das ist das, was wir vom FC Bayern kennen", sagte Dreesen und rief den Spielern zu: "Ihr, liebe Mannschaft, habt es gezeigt: Wir sind immer da in der Champions League!"
Die Bayern waren auch wieder da, weil Thomas Müller da war. Der 34-Jährige kommt in der laufenden Saison zu immer weniger Spielzeit und kann, wenn er auf dem Platz steht, selten entscheidende Momenten herbeiführen. Alles anders jedoch im Old Trafford. Das machte Dreesen "umso glücklicher".
Denn in der 67. Minute betrat die Vereinsikone den Platz, in der 70. Minute bereitete sie den Treffer von Kingsley Coman mit vor. Müller machte das, was kaum jemand besser beherrscht. Er stocherte den Ball am Strafraum stehend zu Harry Kane und der spielte einen Traumpass. Müller blieb ohne direkte Torbeteiligung. Erst zwei Treffer sind ihm bei insgesamt 17 Pflichtspieleinsätzen in dieser Saison gelungen, dazu kommen vier Assists.
Doch statt der maximal möglichen 1530 Minuten in diesen 17 Spielen stand er auch nur 622 Minuten auf dem Platz. Dort mag sein Einfluss schwinden, als Stimme des FC Bayern ist er weiterhin der wichtigste Mann. Direkt nach der Pleite gegen die Eintracht hatte er gefordert, jetzt den "Wutmotor" anzuwerfen. Die Bayern machten das auf Sparflamme, weil die sich ihrem Schicksal fügenden Spieler von Manchester United den "Wutmotor" nicht erforderlich machten. Statt Wut übten die Bayern meistens einfach Kontrolle aus.
Neuer Vertrag noch dieses Jahr?
Rund um das Spiel war womöglich auch die Zukunft des Bayern-Idols Müller geklärt worden. "Es gibt keinen, der den FC Bayern so verinnerlicht hat. Wir wissen, was wir an ihm haben", sagte Sportdirektor Christoph Freund am Rande der Partie und ging auch auf die geschrumpfte Rolle des Weltmeisters von 2014 ein. "Es ist eine spezielle Situation für Thomas, aber wir sind in einem guten Austausch. Er verhält sich gegenüber der Mannschaft extrem professionell."
Diese Professionalität, aber noch viel mehr seine Persönlichkeit, die längst mit der des FC Bayern verschmolzen ist, dürfte nun schon bald zu einer Nachricht führen, die alle Anhänger des Rekordmeisters entzücken dürfte. Wie die "Sport Bild" berichtet, sollen sich Verein und Spieler über einen neuen Vertrag weitestgehend einig sein. Die Papiere sollen noch dieses Jahr unterzeichnet werden, heißt es.
Kein Abschied im Winter und auch kein ablösefreier Abschied im Sommer. Mindestens noch ein Jahr bis 2025, wenn das Finale der dann neuen Königsklasse zum ersten Mal seit 2012, seit der unrühmlichen Niederlage der Bayern gegen Chelsea, wieder in der Allianz Arena in München gastieren wird. Ein Sieg dort wäre die Krönung einer der größten Karrieren der deutschen Fußballgeschichte.
Harry Kane will erst mal nach Wembley
Deutsche Fußballgeschichte wird Harry Kane in der Form nicht schreiben. Doch Rekorde kann er brechen und Titel kann er holen - Zweiteres wäre mehr, als er jemals mit seinem alten Klub, den Tottenham Hotspur, erreicht hat. Kane liefert seit seinem Wechsel im Sommer immer.
Bei seiner ersten Rückkehr auf die Insel als Spieler des FC Bayern München wollte dem 100-Millionen-Euro-Mann, der sich immer wieder tief ins Mittelfeld zurückfallen ließ, zwar nicht der fünfte Treffer in der Königsklasse gelingen, doch einen Assist konnte er sammeln. Drei Spiele nun wartet Kane bereits auf sein insgesamt 23. Tor für die Bayern. Es wird fallen. Darum muss sich niemand sorgen. Auch, weil sich der Kapitän der englischen Nationalmannschaft in seiner neuen Heimat pudelwohl fühlt.
"Seit meiner Ankunft bei Bayern waren alle unglaublich", sagte Kane nach dem Spiel am Mikrofon des britischen Senders TNT: "Ich habe das Gefühl, dass da noch mehr kommen wird. Ich fühle, dass ich immer besser verstehe, was der Trainer will. Ich fühle mich hier wohl." Der 30-jährige Stürmer berichtete von seiner schönen Rückkehr nach England und gab die noch schönere Rückkehr nach Wembley, der ehemaligen Übergangsspielstätte seines Ex-Klubs Tottenham Hotspur, am 1. Juni 2024 als großes Ziel aus.
"Wir sind gut in die Saison gestartet, aber ich habe das Gefühl, dass wir noch ein paar Gänge höher schalten können", sagte er: "Wir haben genügend Qualität, um in diesem Wettbewerb weit zu kommen. Das ist das Ziel, die Champions League zu gewinnen. Das wird zwar schwer, aber wir müssen uns verbessern. Ich glaube, wir können noch ein höheres Niveau erreichen."
Über den Winter entscheidet der Sonntag
Dafür verantwortlich ist Trainer Thomas Tuchel, der, anders als noch nach dem DFB-Pokal-Aus gegen den 1. FC Saarbrücken, die vor dem Spiel schärfer werdende Kritik an sich abprallen ließ und nach dem Spiel doch befreit war. "Es hat Spaß gemacht", sagte er bei Prime Video: "Das war vom Team-Level auf dem höchsten Niveau. Es war unser bestes Spiel in der Gruppenphase."
Und dann richtete er den Blick in das nächste Jahr, nur nicht so weit vor wie Dreesen und Kane. "Klar, wir wollen auf jeden Fall ins Viertelfinale", sagte er und sprach davon, dass natürlich danach alles möglich sei. Es wäre der nächste Schritt für den Rekordmeister, der in den drei vergangenen Spielzeiten nicht über die Runde der letzten Acht hinausgekommen ist. Paris Saint-Germain, Villarreal und Manchester City waren dort die Endstation.
Diesmal soll es bis Wembley keine geben. Dann ist die Welt beim FC Bayern für einen Sommer in Ordnung. Was im Winter sein wird, darüber entscheidet jedoch ein anderes Spiel: Am Sonntag empfängt der Rekordmeister das Sensationsteam des VfB Stuttgart. Schon wieder muss ein Sieg her. Bei den Bayern gibt es immer was zu tun.
Quelle: ntv.de