Redelings Nachspielzeit

Beim FC Bayern und in DFB-Elf Was hinter dem Müller-Neuer-Kimmich-Dilemma steckt

Zentral für den Erfolg in München und bei der Nationalelf: Manuel Neuer, Joshua Kimmich und Thomas Müller.

Zentral für den Erfolg in München und bei der Nationalelf: Manuel Neuer, Joshua Kimmich und Thomas Müller.

(Foto: IMAGO/Jan Huebner)

Die Parallelen sind erschreckend. Bei den Bayern und der DFB-Elf hat man seit Jahren den Eindruck, dass man sich von einer Krise zur anderen hangelt. Wenn man sich nicht schnellstmöglich eingesteht, dass sich Fundamentales ändern muss, wird es im Sommer zur radikalen Zäsur kommen.

Der FC Bayern München und der deutsche Fußball stecken in einer Sackgasse fest. Die Situation ist mittlerweile dermaßen verfahren, dass aktuell wohl nur noch eine radikale Zäsur als einzige realistische Lösung übrigbleibt. Im Sommer 2024 entscheidet sich endgültig, ob es noch das Wunder des Neuanfangs in den bestehenden Verhältnissen gibt - oder ob zu diesem Zeitpunkt die niederschmetternde Bilanz der letzten Jahre sowohl den FC Bayern München als auch die deutsche Nationalmannschaft zu einem beherzten Umbruch zwingen wird.

Die Parallelen sind erschreckend. Bei den Bayern und der DFB-Elf hat man seit Jahren den Eindruck, dass man sich von einer Krise zur anderen hangelt. Wo in früheren Zeiten Spieler als feste Größen galten und den entsprechenden Respekt im Verein und in der Öffentlichkeit bekamen, stehen mittlerweile Profis, die von Woche zu Woche beurteilt und nicht selten hart kritisiert werden. Und das leider vollkommen zu Recht.

Man hat schon seit Längerem nicht mehr den Eindruck, dass unangefochtene Leitfiguren sowohl beim FC Bayern München wie in der Nationalmannschaft existieren. Das Dilemma, das sich daraus ergibt: Niemand geht mehr voran! Oder wie Lothar Matthäus es über Joshua Kimmich kurz und knapp sagte: "Er versteckt sich."

Wie kann so eine Lösung aussehen?

Doch man kann den Spielern im Grunde gar keinen so großen Vorwurf machen. Wer nicht die hundertprozentige Bestätigung erfährt, der hat im Umkehrschluss genug mit sich selbst zu tun. Und tatsächlich ist es so, dass die allermeisten Profis entweder beim FC Bayern München oder in der Nationalmannschaft oder bei beiden ständig in ihrer Rolle hinterfragt werden. Und das hat Konsequenzen.

Denn wer beim eigenen Trainer nicht gesetzt ist oder immer wieder auf dem Platz hin- und hergeschoben wird, der kann nicht erwarten, dass die Mitspieler, geschweige denn die Öffentlichkeit Vertrauen in einen entwickeln. Und genau das ist das Problem im Moment. Und wenn man ehrlich ist: Es scheint verdammt schwierig, sowohl für Thomas Tuchel als auch für Julian Nagelsmann, mit dieser verfahrenen Situation umzugehen. Denn wie genau könnte aktuell eine Lösung aussehen?

Das ganze Dilemma - das natürlich aufseiten des FC Bayern wie bei der Nationalmannschaft jeweils noch andere individuelle Ausprägungen hat - kann man an drei Personen festmachen: Manuel Neuer, Joshua Kimmich und Thomas Müller. Alle drei sind auf ihre Art Weltklassespieler, die normalerweise ohne Zweifel auf ihren Positionen auf dem Platz stehen sollten. Doch bei allen dreien ist genau das nicht der Fall. Zwar wird mittlerweile erwartet, dass Manuel Neuer auch in den Kasten der DFB-Elf zurückkehren wird - geräuschlos wird das allerdings ganz sicher nicht passieren. Auch, weil man nicht vergessen darf, dass auch mit Neuer die Ergebnisse der Nationalmannschaft in den letzten Jahren überwiegend nicht stimmten.

So kann es nicht mehr weitergehen

Bei Joshua Kimmich liegt der Fall anders. Erstens war das Leistungsniveau des 28-Jährigen zuletzt nicht mehr so hoch wie zuvor und zweitens steht immer wieder seine Position auf dem Rasen zur Diskussion. Darunter hat in der jüngeren Vergangenheit dann auch sichtlich seine zuvor beanspruchte und häufig auch ausgefüllte Leaderrolle gelitten. In der Tat ist es so wie von Matthäus gesagt: Man hat das Gefühl, Kimmich würde sich mehr und mehr verstecken.

Und dann ist da noch Thomas Müller. Im Länderspiel unter Rudi Völler riss er die Nationalmannschaft nicht nur wegen seines Tores mit. Er ging tatsächlich voran. Seitdem ist er wieder einer der Hoffnungsträger der DFB-Elf für die Europameisterschaft im kommenden Jahr. Doch bei den Bayern reicht es mittlerweile nur noch für Kurzeinsätze oder Spiele ohne großen Wert. Besonders tragisch war seine späte Einwechslung beim Debakel am Samstag bei Eintracht Frankfurt. Naturgemäß wird es Julian Nagelsmann schwerfallen, bei den Länderspielen im Frühjahr auf einen Mann zu setzen, der in seinem eigenen Verein nur noch sporadisch zum Einsatz kommt - und offensichtlich nicht mehr das Vertrauen seines (Vereins-)Trainers genießt.

Diese drei Fälle zeigen eins ganz deutlich: So wie jetzt kann es einfach nicht mehr weitergehen. Doch das Problem, und die Frage, ist: wie denn dann? Und da gibt es wohl leider keine schonende Lösung mehr - sondern nur noch eine mit dem ganz großen Besteck. Im Augenblick sieht es allerdings so aus, dass man die Dinge bis zum Sommer erst einmal weitgehend so weiterlaufen lässt. Doch spätestens dann wird eine radikale Zäsur wohl unumgänglich. Aktuell verdichten sich auch bereits die Anzeichen, dass die Bayern die dramatische Lage erkannt und akzeptiert haben. Jetzt stellt sich nur noch die Frage, ob auch Julian Nagelsmann verstanden hat, dass sich dringend und umfassend etwas ändern muss - bevor es im Sommer so oder so passieren wird.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen