Redelings Nachspielzeit

"Lebenswerk zerstört!" Als Rudi Assauer zum meistgehassten Manager der Liga wurde

Unverwechselbar: Rudi Assauer.

Unverwechselbar: Rudi Assauer.

Vor 20 Jahren schnappte der Schalker Manager Rudi Assauer dem SV Werder Bremen mit Ailton und Krstajic zwei Spieler weg. Die Werder-Offiziellen reagierten geschockt. Doch nicht nur Werder brachte Assauer in diesen Tagen gegen sich auf.

"Was Toni sagt, geht da rein und da raus. Das kannst du sofort in die Mülltonne kloppen." Es hatte damals nicht lange gedauert, bis Schalke-Manager Rudi Assauer von seiner brasilianischen Starverpflichtung Ailton ebenfalls genervt war. Noch nicht einmal eine komplette Spielzeit lang hatte das (gute) Verhältnis zwischen den beiden gehalten. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie das bei Werder alles schon lange hinter sich. Denn in Bremen hatten sie damals vor 20 Jahren schon so ihre Erfahrungen mit dem eigenwilligen "Kugelblitz" gemacht.

Doch auf Schalke musste der legendäre Manager Assauer nun erst einmal selbst erkennen, dass sein "Königstransfer", der für so viel Ärger gesorgt hatte, möglicherweise in die Hose gegangen war. Und tatsächlich, als Ailton öffentlich zugab - "Schalke versteht mich nicht" - war allen klar, dass das Ganze ein großes Missverständnis mit einem tragischen Kollateralschaden gewesen war.

Besiegelt wurde dieser Irrtum am 12. Oktober 2003 zu später Stunde in einem Hotel in Bremen. Damals stießen Assauer, Ailton und sein Manager in einer Suite mit Champagner gemeinsam auf den Wechsel des Brasilianers zur Spielzeit 2004/05 vom SV Werder zum FC Schalke 04 an. Doch weil Ailton unzufrieden mit seinem damaligen Klub war ("Sie haben sich nicht hundertprozentig Mühe gegeben"), schloss er auch einen vorzeitigen Wechsel in der Winterpause nicht gänzlich aus: "Es ist ja noch nicht klar, dass ich bis zum Sommer bleibe. Vielleicht wechsele ich auch schon im Winter. Das ist aber Sache der Klubs."

"Was Rudi gemacht hat, ist unfassbar"

Tatsächlich hatte der Brasilianer nicht ganz unrecht damit, als er darauf hinwies, dass Werder ihn hatte zappeln lassen. Denn im Sommer hatte Allofs, nachdem Ailton zum wiederholten Male zu spät aus seiner Heimat ins Trainingslager der Mannschaft nachgereist war, erst öffentlich gesagt: "Jetzt ist nicht die Zeit, den Vertrag zu verlängern."

Aus Bremer Sicht war dieses Verhalten nachvollziehbar, aber Rudi Assauer erkannte für sich die Chance, den treffsicheren Brasilianer ins Ruhrgebiet zu locken. Und das klappte. Mehr noch. Gleichzeitig schnappte sich der Schalker Manager auch den begehrten Verteidiger Mladen Krstajic - und das, obwohl Assauer aus seiner Bremer Zeit ein besonderes Verhältnis zu den Werder-Offiziellen pflegte. Bis zu diesen dramatischen Tagen im Oktober 2003.

Denn Werder reagierte kollektiv geschockt ob des dreisten Verhaltens Assauers. Jürgen L. Born, Vorsitzender der Geschäftsführung von Werder Bremen, meinte wütend: "Assauer und unser Aufsichtsrat Dr. Böhmert sind seit fast 30 Jahren befreundet. Und dann kommt der hierher ins Stadion, trinkt kostenlos Bier und pflügt nebenbei noch die besten Spieler ab." Und Böhmert selbst war ebenfalls völlig konsterniert: "Was Rudi mit mir bei den Transfers von Ailton und Krstajic gemacht hat, ist für mich unfassbar. Rudi hat mich so beschädigt, wie es noch kein anderer Mensch getan hat. Ich konnte nicht glauben, dass sich ein Freund so verhält. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Freundschaft unter diesen Umständen weiter bestehen kann."

Assauer kommentiert Vorwürfe gelassen

Für Böhmert war eine Welt untergegangen, weil er die flapsigen Sprüche seines Freundes Assauer ("Den einen Spieler habe ich schon, den anderen hole ich euch auch noch weg") nicht richtig gedeutet hatte. Und weil auch die Mannschaft komplett geschockt reagiert hatte. "Bei der Nachricht von Ailtons Wechsel sind wir aus allen Wolken geflogen. Zwei solche Leistungsträger zu verlieren, ist eine bittere Pille", sagte etwa Fabian Ernst.

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Und so formulierte Böhmert seine Gefühle gegenüber Assauer auf drastische Art und Weise: "Du hast mein Lebenswerk zerstört!" Mit seiner Wut war der langjährige Präsident damals nicht alleine. Als man Born fragte, was er denn machen werde, wenn er Assauer das nächste Mal treffe, antwortete dieser nur: "Erst mal abwarten, wohin ich ihn treffe." Auch Werder-Manager Klaus Allofs machte aus seinem Herzen keine Mördergrube: "Das Verhalten von Rudi Assauer war unredlich. In der Vergangenheit hat es bei Verhandlungen zwischen Assauer und Werder Bremen andere Regeln gegeben."

Und was meinte Rudi Assauer zu all den Vorwürfen aus Bremen? Er sagte nur eins: "Schalke hat sich an den Ehrenkodex gehalten." Was er damit genau meinte, ist im Rückblick schwer zu sagen, denn gleichzeitig baggerte der Schalker Manager bereits an Spielern von anderen Vereinen. Aus Stuttgart sollten Kevin Kuranyi und Marcelo Bordon kommen, aus Leverkusen Bernd Schneider und Oliver Neuville und auch beim Nachbarn aus Bochum hatte sich Assauer mit Paul Freier bereits jemanden ausgeguckt. Nicht alle Wechsel klappten später, doch Assauer handelte sich damals den Ruf des "meistgehassten Managers der Liga" ein. Ob sich das irritierende Verhalten Assauers in diesen Tagen im Herbst vor 20 Jahren tatsächlich gelohnt hat? Im Fall des Brasilianers Ailton war es eher fraglich.

Schalke-Fans laden Ailton zur Meisterfeier ein

Denn auf Schalke wurde der Torjäger damals nicht unbedingt mit offenen Armen von den königsblauen Anhängern empfangen, schließlich hatte er noch vor seinem Wechsel im Frühjahr über seine neue Heimatstadt geäußert: "Alles, was ich bisher über Gelsenkirchen gehört habe, ist ein Desaster." Als er dann auch noch mit einem Leihwagen mit Dortmunder Kennzeichen vorfuhr, musste er ganz schnell versprechen, sich ein Auto mit Gelsenkirchener Nummer anzuschaffen.

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In diesem Zuge sicherte er den Fans auch zu, die Grünfläche vor seinem Haus ebenfalls an seinen neuen Arbeitgeber anpassen zu wollen: "Den Rasen in meinem Garten färbe ich noch blau. Grün ist die Werder-Farbe, aber jetzt bin ich ein echter Schalker." Die Schalker Fan-Initiative e.V. schrieb ihm dennoch einen offenen Brief: "Sehr geehrter Herr Goncalves da Silva. Wir haben uns Gelsenkirchen nicht ausgesucht und Schalke auch nicht. Wir sind es! Komm ma lecker bei uns bei - und nach der ersten Meisterfeier mit uns wirst du am nächsten Morgen gar nicht mehr wissen, wo Bremen überhaupt liegt."

Dazu ist es bekanntlich nicht gekommen. Und in Bremen hatten sie sich nach dem ersten Schock auch schnell wieder gefangen. Klaus Allofs sagte damals zu den Fans: "Ich verspreche, dass wir für Abwehr und Angriff neue gute Spieler finden werden. Das war in der Vergangenheit immer so. Es hat ja mittlerweile schon Tradition, dass wir einen neuen Spieler groß rausbringen." Und seinen vollmundigen Worten ließ Allofs schließlich auch Taten folgen - und verpflichtete mit Miroslav Klose einen mindestens gleichwertigen Ersatz für den Brasilianer Ailton, der schon recht bald Rudi Assauer so viel Kopfschmerzen bereiten sollte.

Quelle: ntv.de

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