Redelings Nachspielzeit

Fabelrekord für die Ewigkeit Als der VfB Stuttgart sein Tor wundersam vernagelte

Timo Hildebrand hatte lange gut lachen.

Timo Hildebrand hatte lange gut lachen.

(Foto: imago sportfotodienst)

Vor 20 Jahren startete der VfB Stuttgart genauso furios in die Saison wie in dieser Spielzeit. Doch anders als damals stach nicht der Sturm hervor, sondern die komplett fehlerlose Abwehr. Am Ende sprang für den Keeper Timo Hildebrand sogar ein Rekord für die Ewigkeit dabei heraus.

Die Fans des VfB Stuttgart hatten in diesen Tagen vor 20 Jahren einen absoluten Liebling. Immer wenn sie ihren Torwart Timo Hildebrand sahen, riefen sie schon von Weitem nur "Null". Denn der VfB-Keeper und seine Abwehrleute erlebten im Spätsommer 2003 eine unvergessliche Sternstunde ihrer Karriere. Erstens, weil sie früh die Tabellenführung in der ersten Fußball-Bundesliga übernahmen und zweitens, weil sie bis zum 9. Spieltag am 18. Oktober keinen einzigen Treffer kassierten.

Dann, nach unglaublichen 884 Minuten ohne Gegentor, sollte Angelos Charisteas vom späteren Meister Werder Bremen in der 60. Minute der Partie im Weserstadion den 1:2-Anschlusstreffer erzielen. Ein neuer Rekord war geschafft - doch eigentlich hätte auch dieses Tor nicht zählen dürfen. Denn bei der Flanke von Fabian Ernst auf den Griechen hatte der Ball bereits die Torauslinie überschritten.

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Die alte Bestmarke hatte DFB-Nationalkeeper Oliver Kahn mit 802 Minuten ohne Gegentreffer gehalten, nun war der Bundesliga-Rekord an den 24-jährigen Timo Hildebrand übergegangen. Und der junge Stuttgarter Keeper wollte mehr: "Ich will mal Meister werden und nach der WM 2006 Oliver Kahn als Nationaltorhüter ablösen."

Deshalb trainierte Hildebrand damals wie besessen. Denn er wusste: Wegen der exzellenten VfB-Abwehr um die Innenverteidiger Fernando Meira und Marcelo Bordon und die Außenverteidiger Andreas Hinkel und die Bayern-Leihgabe Philipp Lahm würde er auch in den restlichen Spielen der Saison nur wenige Momente zum Auszeichnen kriegen: "Das ist das Gefährliche. Du musst den einen Schuss halten, der doch aufs Tor kommt. Das ist meine Motivation: Sofort da sein, wenn es brennt!"

"Vorne haben wir bis jetzt ein Manko"

Tatsächlich kassierten die Stuttgarter in dieser Spielzeit 2003/04 die mit weitem Abstand wenigsten Treffer der Bundesliga. Ganze 24 Mal musste Timo Hildebrand hinter sich greifen. Dass es am Ende nicht zu mehr als Platz 4 reichte, lag auch daran, dass der VfB in dieser Saison selbst auch nur 52 Treffer erzielen konnte. Viel zu wenig für den Traum von der Meisterschaft. Dass es damals nicht mehr Tore wurden, hatte auch mit der Ladehemmung des neuen Überfliegers der Liga, Kevin Kuranyi, zu tun.

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Nach seinen 15 Toren in der Spielzeit zuvor hatten nicht wenige Experten - und insbesondere natürlich auch Kuranyi selbst - damit gerechnet, dass der in Brasilien geborene Shootingstar des VfB in der neuen Saison noch eine Schippe drauflegen würde. Doch das Gegenteil war der Fall, wie der Jung-Nationalspieler kritisch zugab: "Anfangs lief es nicht, weil ich mich unter Druck setzte, die gute vorige Saison bestätigen zu müssen."

Doch das war nur die halbe Wahrheit. Denn mit seinen guten Leistungen und seinen Erfolgen im Verein und in der DFB-Nationalelf hatte Kuranyi natürlich Begehrlichkeiten geweckt. Bei sich - und selbstverständlich auch bei anderen Vereinen. Und so war der Traumstart des VfB auch für Kevin Kuranyi ein Karriere-Sprungbrett, denn Trainer Felix Magath ("Vorne haben wir bis jetzt ein Manko") setzte trotz der bemerkenswerten Stuttgarter Torlosigkeit voll auf den VfB-Jungstar.

Magath sieht Fußball wie Schach

Kuranyi selbst hatte auch bemerkt, dass der ganze Wirbel um seine Person und das viele Geld, das ihm nun winkte, seine Leistung negativ beeinflusst hatte. Und so sagte er einen typischen Kuranyi-Satz: "Ich habe meinen Kopf abgekühlt und erkannt, dass ich besser spiele, wenn ich nicht zu viel nachdenke."

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Damals offenbarte Trainer Felix Magath auch erstmals seine große Leidenschaft für eine andere Sportart ("Schach ist für mich neben Fußball der schönste Sport, weil es aufgrund der Figuren auch ein Mannschaftssport ist") und so erklärte er den verwunderten Journalisten sein unkonventionelles Erfolgsrezept: "Im Fußball kommt es genau wie beim Schach darauf an, die Spieler so einzusetzen, dass sie ihre speziellen Fähigkeiten optimal nutzen können."

Das gelang ihm in dieser Saison schließlich über weite Phasen sehr gut. Dennoch lasteten die nur 52 geschossenen Tore (11 alleine von Kuranyi) als Hypothek zu stark auf der Erfolgsbilanz, Meister wurde Werder Bremen vor dem FC Bayern und Bayer Leverkusen, das am letzten Spieltag durch einen 2:0-Sieg im direkten Duell noch am VfB vorbeizog. Und so bedeutete der vierte Tabellenplatz auch das langsame Auseinanderbrechen der legendären Mannschaft, die ihrem Torwart Timo Hildebrand einen Rekord für die Ewigkeit ermöglicht hatte, in den Folgejahren.

Quelle: ntv.de

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