Hilfe gegen Fachkräftemangel? Bagger ohne Baggerfahrer baut Mauer - selbstständig
27.11.2023, 19:15 Uhr Artikel anhören
Der Bagger erfasst einen Felsblock vor dem Digitalisieren mit dem in der Kabine montierten LiDAR-Sensor.
(Foto: Marc Schneider/dpa)
An Fachpersonal fehlt es in vielen Branchen, auch auf dem Bau. Könnte da vielleicht dieser neu entwickelte Bagger helfen, der selbstständig Mauern errichten kann? Noch sind die Anwendungs-Möglichkeiten des Roboters zwar begrenzt, doch die Entwickler denken schon weit über den Einsatz auf der Erde hinaus.
Ein aufwendig programmierter Bagger kann selbstständig Mauern aus Natursteinen bauen. Der Roboter verschafft sich einen Überblick über die vorhandenen Brocken, vermisst jeden einzelnen und berechnet, wo welcher Stein am besten platziert wird, schreiben Schweizer Forschende von der ETH Zürich im Fachmagazin "Science Robotics". Anschließend setzt der zwölf Tonnen schwere Bagger mit einer Art Greifarm Stein auf Stein.
Im Feldversuch entstand dadurch eine 10 Meter lange und 4 Meter hohe freistehende Trockenmauer aus 109 Brocken. Dabei verwendete der Bagger sowohl zerbrochene Betonstücke aus abgerissenen Bauwerken als auch natürliche Felsen. Zusätzlich setzte das Roboter-Gefährt eine rund 65 Meter lange Mauer zusammen, die sich einen kleinen Hang entlangzieht.
"Die Arbeit zeigt das Potenzial, das in autonomen schweren Baufahrzeugen steckt, um mit sehr unregelmäßigen, reichlich vorhandenen und nachhaltigen Materialien zu bauen, die wenig bis gar keinen Transport und keine vorherige Bearbeitung erfordern", schreibt das Team um Ryan Luke Johns.
Stein für Stein an der richtigen Stelle
Der Bagger erstellt einer Uni-Mitteilung zufolge zunächst mithilfe von Sensoren eine 3D-Karte der Baustelle und identifiziert die dort vorhandene Steine. Diese hebt er einzeln hoch und scannt sie, um das ungefähre Gewicht und ihren Schwerpunkt zu bestimmen. Anschließend bestimmt ein Algorithmus die beste Position für jeden einzelnen Brocken. Der Bagger platziert dann Stein für Stein an der richtigen Stelle. Pro Arbeitsgang kann der Bagger-Roboter die Mauer demnach um 20 bis 30 Steine erweitern.
Noch ist der autonome Bagger relativ langsam. Um einen Steinbrocken zu platzieren, braucht er mit 12,2 Minuten rund 1,2 Minuten länger als erfahrene Baggerfahrer und Baggerfahrerinnen, schreibt das Team um Johns.
Die Forschenden heben hervor, dass das Bauen mit Natursteinen und Abbruchresten eine klimafreundlichere Alternative zum Bauen mit Beton sein kann: "Konservativ geschätzt könnte der Bau einer solchen Mauer rund 41 Prozent Kohlenstoffäquivalente im Vergleich zu einer ähnlich leistungsfähigen Stahlbetonwand einsparen", schreibt das Team. Zudem könnte die vom Roboter-Bagger errichtete Mauer wieder in ihre Einzelteile zerlegt und diese wiederverwendet werden.
Ideen für verschiedene Anwendungen
Die Forschenden haben schon verschiedene Anwendungen im Kopf, bei denen der Roboter-Bagger zum Einsatz kommen könnte. Dazu gehören beispielsweise Bauwerke zum Küstenschutz.
Doch die Gruppe geht sogar noch einen Schritt weiter und bringt die Möglichkeit ins Spiel, einen solchen Bagger in einem "extraterrestrischen Kontext" wie beispielsweise auf dem Mond einzusetzen. "Im Weltraum sind die Ressourcen knapp, der Transport ist teuer und energieintensiv, und es gibt einen extremen Mangel an qualifizierten Handwerkern", heißt es in der Studie. Daher sei es klug, automatische Systeme zu entwickeln, die die vorhandenen Ressourcen nutzen können.
Quelle: ntv.de, Valentin Frimmer, dpa