"Waschmaschine für Artefakte" DNA einer Frau an Steinzeit-Schmuck identifiziert
03.05.2023, 17:27 Uhr Artikel anhören
Der Steinzeit-Schmuck, ein durchbohrter Hirschzahn, wurde in der Denisova-Höhle in Südsibirien gefunden.
(Foto: Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie)
Forscher untersuchen ein Schmuckstück aus der Steinzeit und entdecken menschliche DNA. Durch eine spezielle Vorgehensweise können sie das vorliegende Erbgut isolieren, ohne das Schmuckstück zu beschädigen. Es ist womöglich der Beginn einer neuen Ära der DNA-Forschung.
Forscher haben Erbgut einer Frau analysiert, das an einem Hirschzahn-Anhänger aus der Steinzeit haftete. Demnach gelang es, menschliche DNA von der Oberfläche des Anhängers zu isolieren, der vor 19.000 bis 25.000 Jahren hergestellt wurde, wie das federführende Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig mitteilte
Es handle es sich um einen durchbohrten Hirschzahn aus der Denisova-Höhle in Südsibirien, berichtet die Forschungsgruppe im Fachjournal "Nature". Den Angaben nach konnten die Wissenschaftler zum einen das genetische Profil des Hirschs rekonstruieren, von dem der Zahn stammt, und zum anderen das einer Frau, die den Anhänger herstellte, trug oder benutzte. Aufgrund der DNA-Analyse schlossen sie nicht nur auf eine Frau, sondern fanden auch heraus, dass diese genetisch eng verwandt war mit Menschen, die zeitgleich in weiter östlich gelegenen Gebieten Sibiriens lebten.
Besondere Methode zur DNA-Analyse
Trotz der DNA-Analyse sei der Anhänger noch völlig intakt, teilte das Institut mit. Das Team hatte demnach die Wirkung verschiedener Chemikalien auf die Oberflächenstruktur archäologischer Knochen- und Zahnfragmente getestet und so eine zerstörungsfreie Methode zur DNA-Extraktion entwickelt.
"Man könnte sagen, wir haben in unserem Reinraumlabor eine Waschmaschine für uralte Artefakte aufgebaut", erklärt Erstautorin Elena Essel vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, die die Methode entwickelt hat, laut einer Mitteilung. "Wenn wir die Artefakte bei Temperaturen von bis zu 90 Grad Celsius waschen, sind wir in der Lage, DNA aus dem Waschwasser zu extrahieren, während die Artefakte völlig intakt bleiben."
Höchste Priorität sei es gewesen, die Objekte in Gänze zu erhalten, einschließlich der Mikrostrukturen auf ihrer Oberfläche, sagte die Archäologin Marie Soressi von der Universität Leiden. Sie leitete das Projekt zusammen mit dem Genetiker Matthias Meyer vom Max-Planck-Institut. Dem Institut zufolge läutet die Studie "eine neue Ära in der Erforschung alter DNA" ein, in der es möglich werden könnte, die Benutzer von Schmuck und Werkzeug aus ferner Vergangenheit zu identifizieren.
Quelle: ntv.de, loe/dpa