Tigermücken in Frankreich Experten befürchten Dengue-Ausbrüche bei Olympia
08.07.2024, 19:13 Uhr Artikel anhören
Die Tigermücke wird nicht größer als 0,9 Zentimeter.
(Foto: picture alliance / imageBROKER)
In den meisten Regionen Frankreichs ist die Tigermücke längst zu Hause. Das Insekt kann gefährliche Viren wie Dengue oder Zika übertragen - die sind in Europa aber noch selten, weshalb es bisher wenig zu übertragen gibt. Olympia könnte das nun ändern.
Das Dengue-Fieber findet immer öfter seinen Weg nach Frankreich. Mitte April hatte die französische Gesundheitsbehörde schon knapp 2000 Fälle erfasst. Keine monströsen Zahlen, aber ein deutlicher Anstieg, 13 Mal mehr Erkrankungen als im Vorjahreszeitraum. Fast alle Fälle sind importiert, noch hat sich das Virus nicht eingenistet. Ganz anders die Tigermücken, die das Virus übertragen - in der überwiegenden Mehrheit der französischen Departments gelten sie als etabliert.
260 Exemplare haben Forschende des Pariser Institut Pasteur und der französischen Landesmückenbekämpfungsstelle im Großraum Paris für eine Studie eingefangen. Sie wollten wissen, wie gefährlich die französischen Tigermücken sind, unter welchen Bedingungen sie Viren weitergeben. Denn nach wie vor sind die Fälle selten, in denen genau das geschieht: In denen das Virus sich innerhalb Frankreichs verbreitet.
Die Befürchtung ist jedoch, dass die Olympischen Spiele in Paris genau das in Gang setzen. Dass mit dem Publikum aus aller Welt auch das Dengue-Virus nach Frankreich kommt und dort auf eine Tigermückenpopulation trifft, die die Seuche in Umlauf bringt. Dass Infizierte nach Frankreich reisen, dort von Tigermücken gestochen werden, die so das Virus in sich aufnehmen, und dass diese infizierten Mücken wiederum Menschen infizieren. Das Infektionskarussell wäre in Gang gesetzt. So weit aber wollen es die französischen Behörden nicht kommen lassen, das Virus soll nicht ins Zirkulieren geraten.
"Frühzeitige Erkennung importierter Fälle entscheidend"
Vor dem Hintergrund dieser Gefahr unternahmen die Forschenden einen Versuch: Sie fütterten die gefangenen Tigermücken mit Mäuseblut, das verschiedene Viren enthielt, darunter Dengue. Sie untersuchten anschließend, wie sich das Virus durch die Mücken arbeitete - bis in den Speichel, mit dem es wieder in Menschen geraten kann, wenn dieser gestochen wird.
Das Experiment zeigte: Auch die französischen Tigermücken können das Virus übertragen. Allerdings werde sich die Krankheit nur mithilfe eingeschleppter Infektionen in Frankreich festsetzen, heißt es in der Studie: "Daher ist die frühzeitige Erkennung importierter Fälle entscheidend". Sobald ein solcher Import erkannt sei, müsse die Übertragungsgefahr schnell gebannt werden, fordern die Forschenden.
Wie aber lässt sich eine Gefahr einfangen, die weniger als einen Zentimeter misst und fliegen kann? Frankreich hat schon 2006 begonnen, Menschen aufmerksam zu machen auf die getigerte Mücke und die Krankheit, die mit ihr reist. Die Franzosen und Französinnen sollen die klassischen Symptome erkennen: hohes Fieber, das plötzlich über einen kommt, Schüttelfrost, Übelkeit, Gelenk- und Muskelschmerzen. Und sie sollen der Tigermücke ihre Brutstätten nehmen: Eimer, Gießkannen, Vogeltränken oder alte Autoreifen, in denen sich Regenwasser sammeln kann. Sie sollen Fliegengitter verwenden und sich vor Stichen schützen.
Temperatur spielt große Rolle
Wenn in einer französischen Arztpraxis oder Klinik eine Dengue-Erkrankung erkannt wird, müssen die regionalen Gesundheitsbehörden informiert werden. Als vergangenes Jahr etwa der erste, nicht eingeschleppte Dengue-Fall im Großraum Paris bekannt wurde, griff die Behörde direkt ein: Im Umkreis von 150 Metern um das Haus des Erkrankten ließ sie mögliche Schlafplätze der Tigermücke mit einem Insektizid behandeln: Büsche, Hecken und Gehölz. Die Straße wurde abgesperrt, Anwohner und Anwohnerinnen gebeten, ihre Zimmerpflanzen vor die Häuser zu stellen und die Fenster zu schließen. Die Behörde suchte zudem in der Nachbarschaft des Erkrankten nach weiteren Dengue-Fällen, klärte auf, mahnte zu verstärkter Wachsamkeit und informierte auch das medizinische Personal vor Ort.
Was solche Maßnahmen der Behörde erleichtert: der Bewegungsradius der Tigermücke. Sie gilt als schlechte Fliegerin, kommt selten über 200 Meter hinaus. Der Mensch legt da deutlich größere Distanzen zurück. Das Problem dabei: Wer mit Dengue infiziert ist, merkt das oft gar nicht, in bis zu 90 Prozent der Fälle verlaufe eine Erkrankung asymptomatisch, schreibt die französische Gesundheitsbehörde. So kann das Virus sich aus dem Radius der infizierten Mücke herausbewegen und zu einer anderen gelangen - die Insekten stechen vor allem tagsüber zu, wenn die Menschen nicht unbedingt zu Hause sind.
Ausschlaggebend dafür, wie gefährlich Olympia wird, dürfte auch das Wetter werden: Laut der französischen Studie überleben bei höheren Temperaturen mehr Mücken. Das Virus entwickelt sich demnach etwa bei 28 Grad Celsius wesentlich schneller als bei 20 Grad. Es infiziert Mücken rascher, überwindet eher deren biologische Barrieren. Kurzum: Wird es während der Olympiade warm, ist das Dengue-Virus ansteckender.
Quelle: ntv.de, lwe