Wissen

Auch Urlaubsorte betroffen Italien kämpft mit doppelter Dengue-Belastung

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Tigermücken verbreiten die Tropenkrankheit immer mehr auch in Europa.

Tigermücken verbreiten die Tropenkrankheit immer mehr auch in Europa.

(Foto: picture alliance/KEYSTONE)

Die Urlaubssaison steht an. Doch gerade jetzt nehmen in Italien die Infektionen mit dem Dengue-Fieber zu. Viele infizieren sich im Ausland und schleppen die Krankheit ein. Allerdings steigen auch die Fälle, die durch Tigermücken in Italien verursacht werden. Ob es noch sicher ist, nach Italien zu reisen, erklärt Virologe Pregliasco.

Fünfmal mussten in diesem Jahr schon unterschiedliche Stadtviertel von Triest in Italien wegen des Dengue-Fiebers desinfiziert werden. Das letzte Mal bis jetzt in der Nacht zwischen dem 9. und 10. Juni. Den Bewohnern der etwas außerhalb gelegenen Straßen Vicolo Salvia und Via Savi wurde mitgeteilt, dass in ihren Straßen und im Radius von 200 Metern zwischen 4 Uhr und 10 Uhr morgens die Desinfizierung stattfinden werde. Während dieser Zeit müssten Fenster und Türen geschlossen bleiben, die Klimaanlagen ausgeschaltet werden und auch die Haustiere dürften nicht im Freien sein.

Die Sorge in Italien ist groß: Wird die Tropenkrankheit bald keine Ausnahme mehr sein? Bereits im vergangenen Jahr erregten mehrere Dengue-Fälle um den Gardasee Aufmerksamkeit. Und auch Touristen fragen sich, ob im Moment ein Urlaub in Italien riskanter ist als anderswo in Europa.

"Absolut nicht", sagt Fabrizio Enrico Pregliasco zu ntv.de. Er ist Virologe und Professor an der Universität Mailand. "Fälle von Dengue-Fieber werden überall in Europa gemeldet, auch in Deutschland, Österreich und Frankreich, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Dabei handelt es sich zum Großteil um Reisende, die sich auf anderen Kontinenten infiziert haben." Außerdem verbreitet sich die Infektion nicht direkt von Mensch zu Mensch, "sie benötigt hierfür einen sogenannten Vektor. In diesem Fall handelt es sich um verschiedene Mückenarten." Es ist nicht nur die Tigermücke, die in den 1990er-Jahren nach Europa "importiert" wurde.

Klimawandel bedeutet auch neue Krankheiten

Eine Infektion mit Dengue-Fieber kann je nach Verlauf einer mehr oder weniger starken Grippe ähneln. Das eigentliche Problem ist aber ein anderes. "Bis zu 85 Prozent der Infektionen sind asymptomatisch", erklärt Pregliasco. Das hört sich positiv an, ist es aber nicht unbedingt. Denn auch wenn man sich bereits einmal infiziert hatte, ist man nicht immun. Im Gegenteil: Die zweite Infektion kann einen weitaus problematischeren Verlauf nehmen. Bei der schwersten Form, auch hämorrhagisches Dengue-Fieber genannt, kann es zu starken Blutungen kommen und im Extremfall sogar zum Tod.

Neben den permanent wachsenden Reisetätigkeiten und dem globalen Warenhandel, die zur Verbreitung der Infektion führen, spielt auch der Klimawandel eine wichtige Rolle. Dieser bedeutet heutzutage nicht mehr nur anhaltende Dürreperioden, gefolgt von heftigen Regenfällen und verheerenden Unwettern, sondern auch neue Krankheiten, wie eben der Tropenkrankheit Dengue-Fieber.

Momentan sind es drei Probleme, mit denen sich Italien in der Causa Dengue-Infektion konfrontiert sieht. Da der Großteil der Infektionen Menschen betrifft, die sich im Ausland angesteckt haben "sind es die rasant steigende Zahl von Infektionen in Brasilien und Argentinien, die unseren Gesundheitsbehörden Sorgen bereiten", sagt Pregliasco. Das brasilianische Gesundheitsministerium meldete vor Kurzem, dass die Zahl der Infizierten dieses Jahr schon bei mehr als fünf Millionen liege. Im Vergleich zu 2023 sind das fünfmal so viele Fälle. "Den dortigen Behörden scheint es nicht gelungen zu sein, die Vermehrung der Vektorenmücken unter Kontrolle zu bringen beziehungsweise sie zu bekämpfen", sagt der Virologe.

Verriegelte Stadtviertel und Warnstufen

Dem letzten Report des italienischen Gesundheitsinstituts zufolge wurden 2023 in Italien insgesamt 362 Dengue-Fälle gemeldet. Seit Anfang dieses Jahres bis zum 13. Juni sind es bereits 259 Infektionen. Die italienische Tageszeitung "Quotidiano Nazionale" veröffentlichte Anfang April eine Karte mit der geografischen Verteilung der damals 117 Infektionsfälle. Die Region Veneto stand mit 24 an erster Stelle, gefolgt von der Region Latium, zu der auch die Hauptstadt Rom gehört, mit 23, der Lombardei mit 21, der Toskana mit 13 und der Emilia Romagna mit 12.

Das zweite Problem stellen die einheimischen Dengue-Infektionen für Italien dar. Obwohl sich die meisten Menschen im Ausland anstecken, steigt auch die Zahl derer, die durch den Stich einer Tigermücke im eigenen Land erkrankt sind. Von den insgesamt 362 Fällen im vergangenen Jahr waren es 82. Wie viele es dieses Jahr schon sind, ist bisher nicht bekannt.

Vor allem um Verbreitungen im Land zu vermeiden, werden gründliche Desinfektionen durchgeführt und dafür, wie in Triest, ganze Stadtviertel für ein paar Stunden abgeriegelt. "Die Inkubationszeit der Infektion liegt bei 14 Tagen", erklärt Pregliasco. "Und das bedeutet, dass sich ein Kranker erinnern muss, wo er in den letzten 14 Tagen überall war. Danach wird im Umkreis von 200 Metern desinfiziert."

Das dritte Problem beziehungsweise die dritte Herausforderung, mit der sich die italienischen Gesundheitsbehörden konfrontiert sehen, betrifft einen der Infektionsvektoren. Die Rede ist von der ägyptischen Tigermücke (Aedes aegypti), "die weitaus effektiver ist als unsere Tigermücke", sagt der Virologe. Man will verhindern, dass sie nach Europa gelangt. Italien hat daher eine Warnstufe für Flugzeuge und Schiffe ausgerufen, die aus den Endemie-Gebieten kommen. Außerdem müssen gründliche Desinfektionen an Bord vorgenommen werden.

Zwar dürfe man die Ausbreitung des Dengue-Fiebers nicht unterschätzen und auch die Entwicklung der einheimischen Infektionen besonders engmaschig kontrollieren, "ein Urlaub in Italien ist aber genauso sicher wie anderswo", versichert Pregliasco. Wer sich vor einer Reise informieren will, findet genaue Daten auf der Website des European Centre for Desease Prevention and Control (ECDC).

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen